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Polen stemmt sich gegen die Krise

1. März 2012

Polen wächst, seine Banken aber sind eng mit den europäischen verflochten. Droht die Krise auf Polen überzuschwappen? Antworten von Marek Belka, Direktor der Polnischen Nationalbank, im DW-Interview.

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Marek Belka Direktor der Polnischen Zentralbank
Bild: AP

Polen geht es im Vergleich zu Resteuropa recht gut. Die polnische Wirtschaft war die einzige in Europa, die seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 nicht in eine Rezession rutschte. Im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaft um über vier Prozent für dieses Jahr werden rund drei Prozent prognostiziert. Allerdings ist die polnische Wirtschaft eng mit der EU und dem westlichen Bankensektor verzahnt und so macht sich die Krise in Westeuropa auch in Polen bemerkbar. Da die Europäische Bankenaufsicht die Banken dazu treibt, ihr Kapital auszuweiten und Risiken abzubauen, besteht beispielsweise die Gefahr, dass ausländische Banken ihr Kapital "nach Hause" holen und es nicht mehr im Ausland also auch in Polen verleihen. Das könnte auch in Polen zu einer Kreditklemme führen. Wie kritisch ist die Situation in Polen? Dazu der Direktor der Polnischen Nationalbank (NBP) Marek Belka im Exklusivinterview mit der DW:

DW: Ratingagenturen haben den polnischen Bankensektor herabgestuft. Was sind die Gründe dafür?

Marek Belka: Der polnische Bankensektor ist hervorragend kapitalisiert. Er ist stabil und frei von toxischen Vermögenswerten. Als Schwäche der polnischen Bankenlandschaft gilt jedoch die Tatsache, dass fast 70 Prozent unserer Banken internationalen Investoren gehört.

Wie beurteilen Sie die Beteiligung internationaler Investoren an polnischen Banken?

Vor Jahren haben ausländische Investoren zur Entwicklung des polnischen Bankensektors einen erheblichen Beitrag geleistet. Man kann ihnen nichts vorwerfen. Ihr Verhalten ist beispielhaft. Derzeit können wir keinen Rückzug aus dem Anlagenvermögen, keine Probleme mit der Liquidität und auch keine ungerechtfertigte Zinsminderung beobachten. Im Grunde genommen sind wir sehr zufrieden mit diesen Investoren. Der Wermutstropfen ist allerdings, dass viele der ausländischen Banken vom Bankrott bedroht zu sein scheinen.

Wieviel Einfluss hat die polnische Regierung auf die Banken in Polen?

In jedem Land unterliegen Banken vielen strengen Regulierungs- und Kontrollmaßnahmen. So wird auch jede Bank in Polen von der Bankenaufsicht unter Beteiligung der Polnischen Nationalbank streng kontrolliert.

Wieso gibt es eine so große Nachfrage bei den europäischen Banken wenn es um polnischen Bankensektor geht?

Die polnische Wirtschaft ist in guter Form und unsere Bankenmitarbeiter sind in Polen aufgewachsen. Der große Teil polnischer Manager ist von Natur aus sehr vorsichtig. In den letzten Jahren haben sie risikobehaftete Transaktionen und Einkäufe toxischer Anleihen gemieden. Solche Investitionen müssen erstmal von allen Vorstandsmitgliedern abgesegnet werden. Wenn sie keine Mehrheit bekommen, heiß es, sie könnten „faul“ sein. In der internationalen Bankenwelt gab es bis jetzt zu viele solcher „faulen“ Transaktionen, die derzeit sehr negative Früchte tragen. Die Folgen kann man weltweit beobachte, aber nicht in Polen.

Die Kreditwürdigkeit der drittgrößten polnischen Bank, der BRE Bank wurde herabgestuft, weil die Kreditwürdigkeit der deutschen Muttergesellschaft Commerzbank schlecht ist. Fürchten Sie, dass die Commerzbank die BRE Bank bald verkaufen könnte?

Ich habe mich mit dem Chef der Commerzbank getroffen und er mir versichert, dass die BRE Bank einer der wichtigsten Aushängeschilder der Commerzbank sei und dass es keine Pläne gäbe, die BRE Bank zu verkaufen. Solche positive Äußerungen hören wir oft in Bezug auch auf andere Banken in Polen. Ich möchte betonen, dass das keine leeren Phrasen sind. Wenn die ausländischen Banken, denen die polnischen angehören, kurz vor Pleite stehen würden, nur dann, in letzter Instanz würden sie die polnischen „Tochterbanken” verkaufen. Bis jetzt gab es keinen solchen Verkaufsversuch. Außerdem, selbst wenn es in der Vergangenheit ähnliche Verkäufe gab, fanden diese Banken immer hervorragende Investoren. Zudem darf laut polnischer Rechtslage die NBP an solchen Transaktionen teilnehmen. Wenn es zu so einer Situation kommen sollte, könnte die NBP im Rahmen einer Rettungsaktion gewisse finanzielle Liquidität gewährleisten.

Wann wird Polen der Eurozone beitreten?

Die Tatsache, dass Polen nicht zur Eurozone gehört, ist mit gewissen finanziellen Folgen verbunden. Der polnische Zloty ist instabil. Unsere Währung funktioniert sehr gut am Rand des Euroraumes, aber sie ist auch ein schmackhaftes Häppchen für alle möglichen Spekulanten. Das wirkt sich negativ auf die polnische Wirtschaft aus. Aus der Sicht der NBP sind solche Währungsschwankungen gefährlich für die Stabilität der Preise. Aber wenn der Wert des Zloty zum Beispiel aufgrund einer schwächeren Wirtschaftskonjunktur in Europa sinkt, ist das gut für den polnischen Export. Das ist ein Vorteil, den wir sehr wertschätzen. Derzeit ist der Zloty ziemlich schwach und dem polnischen Export tut das gut.

Das Interview führte: Martha Grudzinska

Übersetzung: Magdalena Jagla

Redaktion: Insa Wrede