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Piratenpartei stellt sich breiter auf

Kay-Alexander Scholz11. Mai 2013

Am zweiten Tag des Piratenparteitags wurde überraschend schnell ein Wahlprogramm beschlossen. Darin finden sich nun viele Aussagen zu Themen, die bisher nicht mit den Piraten in Zusammenhang gebracht wurden.

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Zahlreiche Delegierte nehmen beim Bundesparteitag der Piraten (Foto: dpa)
Parteitag der Piratenpartei in NeumarktBild: picture-alliance/dpa

Die Piratenpartei hat in einer für Deutschland einmaligen Mischung aus Online- und Offline-Diskussionen am Samstag in Neumarkt wichtige Bausteine eines Wahlprogramms für die Bundestagswahl verabschiedet. In ihrem parteiinternen Schwarzen Brett im Internet, Liquid Feedback genannt, hatten sich die Piraten bereits vor dem Parteitag über hunderte Anträge zum Programm ausgetauscht. Die Parteiführung filterte die Anträge mit Zweidrittel-Mehrheit heraus und fasste sie zu Modulen wie "Demokratie wagen", "Freiheit und Grundrechte" sowie "Familie und Gesellschaft" zusammen. Diese Module wurden dem Parteitag zur Abstimmung gestellt. Die meisten von ihnen wurden bereits im ersten Durchlauf schon vor der Mittagspause angenommen.

Doch dieses Tempo passte nicht allen. Piraten erzählten, sie hätten doch lieber einzeln und nacheinander über die Anträge zum Wahlprogramms gesprochen, ihre Meinung gesagt oder einfach nur nachgefragt. Genau dafür sei ein Parteitag doch eigentlich gedacht, sagte eine junge Piratin. Doch die Verlagerung demokratischer Prozesse ins Internet ist gewollt und soll als ein Alleinstellungsmerkmal der Piratenpartei noch zu einer ständigen und beschlussfähigen Mitgliederversammlung im Internet ausgebaut werden. Die Piraten wollen so die "strukturellen Probleme der Basisdemokratie" lösen, sagten die Befürworter dieses Wegs auf dem Parteitag.

Parteitag: Piraten blasen zum Angriff

Auf dem Weg zum Vollprogramm

Im Wahlprogramm finden sich nun Forderungen zu Internet-Themen der Piratenpartei neben Aussagen zu klassischen Themen. Die Piraten fordern eine Ergänzung des Grundgesetz-Artikels Paragraf 5 zu Meinungs- und Pressefreiheit auch in digitalen Netzwerken. Verdeckte Eingriffe über sogenannte Staatstrojaner sollen deshalb verboten werden. Bürgerbeteiligungen wollen sie ausbauen - zum Beispiel sollen wichtige EU-Reformen mit einer obligatorischen Volksabstimmung verbunden werden. Die Piraten wollen mehr Schutz vor Verkehrslärm. Sie sind für die Energiewende und plädieren für einen schrittweisen Umbau des Steuer- und Sozialsystems hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. Sie befürworten einen allgemeinen Mindestlohn und fordern mehr Betriebsräte, weniger Leiharbeit und Schutz vor Mobbing in der Arbeitswelt.

Die neue Geschäftsführerin der Piratenpartei: Katharina Nocun (Foto: dpa)
Die neue Geschäftsführerin der Piratenpartei: Katharina NocunBild: picture-alliance/dpa

Image-Wechsel

Es gibt nun auch ein kurzes Modul zur Außen- und Sicherheitspolitik - zu einem Thema also, bei dem die Piraten lange Zeit keine Meinung hatten und dafür viel Kritik einstecken mussten. Unter anderem sollen Menschenrechte durch eine starke UN und durch mehr Transparenz in der Außenpolitik gestärkt werden.

In der Familienpolitik schließen sich die Piraten den aktuellen Diskussionen in den anderen Parteien an. So heißt es im Programm: "Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen ... verdienen einen besonderen Schutz und Unterstützung durch den Staat und die Gesellschaft." Das klingt fast wie der Vorschlag für ein Familiensplitting, den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jüngst in die Diskussion brachte.

Insgesamt zeigt das Wahlprogramm der Piraten, dass sie nicht länger als eine Ein-Themen-Partei - also als Internetpartei - wahrgenommen werden möchten und sich bereit zeigen, bei bundesweiten politischen Debatten mitzumischen. Das Programm passt zur Maxime, die auf dem Parteitag ausgerufen wurde: Die Piraten wollen in den Bundestag.

Piratenrechte im Internet

Auch am Nachmittag ging es auf dem Parteitag ziemlich zügig weiter. Über rund 30 Programmanträge wurde abgestimmt. Dabei kamen auch einige Kernthemen der Piraten noch einmal auf die Tagesordnung. Dazu zählt eine Reform des Urheberrechts - die "heilige Kuh der Piraten", wie es in der Diskussion hieß. Diese wichtige Reform wolle man nicht den anderen Parteien überlassen, hieß es.

Die Urheberrechtsfristen sollen von 70 auf 10 Jahre verkürzt werden. Die Piraten wollen die Konsumenten dafür stärken - deshalb sollen zum Beispiel Tauschbörsen im Internet legalisiert werden. Zum Schutz der Privatsphäre im Internet lehnen es die Piraten ab, dass Serviceprovider als "Privatpolizei" auftreten, um angenommene Urheberrechtsverstöße zu verfolgen. Das Löschen von beanstandeten Inhalten soll nur nach richterlichem Beschluss möglich sein. Und Netzneutralität soll gesetzlich festgeschrieben werden.