1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Perković ausgeliefert

Nenad Kreizer/Siniša Bogdanić24. Januar 2014

Der ehemalige kroatische Geheimdienstchef Josip Perković ist an Deutschland ausgeliefert worden. Hier steht er unter Mordverdacht. Zuvor stimmte das kroatische Verfassungsgericht der Auslieferung zu.

https://p.dw.com/p/1AwrG
Josip Perkovic steigt in ein Flugzeug in Zagreb (Foto: picture-alliance/dpa)
Josip Perković steigt in ein Flugzeug in ZagrebBild: picture-alliance/dpa

Nun geht ein langes Tauziehen zu Ende. Der frühere jugoslawische und danach kroatische Geheimdienstler Josip Perković ist an Deutschland ausgeliefert worden. Die Bundesrepublik wirft Perković eine Mittäterschaft bei der Ermordung des kroatischen Dissidenten und früheren Managers eines großen Erdöl-Unternehmens Stjepan Đureković 1983 im bayerischen Wolfratshausen vor. Zu dieser Zeit war Perković ein hochrangiger Offizier des jugoslawischen Dienstes für staatliche Sicherheit (Uprava državne sigurnosti, kurz UDBA). Die Geheimpolizei der kommunistischen Machthaber war ständig auf der Jagd nach sogenannten inneren Feinden Jugoslawiens und politisch aktiven Emigranten.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe verlangte seit 2009 die Auslieferung des ehemaligen Geheimdienstlers. Lange Zeit war das aber nicht passiert, da verschiedene kroatische Regierungen ihre schützende Hand über ihn hielten. Jahrelang lebte er ganz unbehelligt in einem Zagreber Nobel-Viertel. Viele Beobachter im Ausland fragten sich, warum Kroatien mutmaßliche Kriminelle schützt. Nun aber wurde Josip Perković doch an die deutsche Justiz ausgeliefert - mit einem Lufthansa-Linienflug kam er von Zagreb nach München. Von dort fährt er weiter nach Karlsruhe, wo er am Samstag (25.01.2014) um 12 Uhr der Ermittlungsrichterin des Bundesgerichtshofs vorgeführt wird. Sie soll dann entscheiden, wie es mit ihm weiter geht.

Kroatien: späte Festnahme

Möglicherweise viele "Leichen im Keller"

Warum wurde Perković erst jetzt ausgeliefert? Eine mögliche Erklärung gibt der Zagreber Enthüllungsjournalist Željko Peratović. Er glaubt, dass Perković nach einer Auslieferung unbequeme Geheimnisse über kroatische Politiker und verdeckte Aktionen der kroatischen und jugoslawischen Geheimdienste verraten könnte. Er soll angeblich in den 90er Jahren sehr enge Beziehungen zum früheren Präsidenten Franjo Tuđman gepflegt haben. Nachdem Kroatien 1991 seine Unabhängigkeit erklärt hatte, war ausgerechnet Perković dafür zuständig, den Geheimdienst des jungen Staates aufzubauen und zu führen. Heute sei er immer noch gut vernetzt mit ranghohen Politikern, gibt Enthüllungsjournalist Peratović zu bedenken.

Perković selbst äußerte sich vor seiner Auslieferung im TV-Interview der Deutschen Welle: "Zu Morden habe ich keinerlei Verbindung. Ich habe schon vor langer Zeit gesagt, dass ich absolut keine Berührungspunkte zu dem Mord an Djurekovic habe, und auch keine zu dem Tod eines anderen. Ich habe klassische nachrichtendienstliche Arbeiten verrichtet, das heißt der Schutz des kroatischen Territoriums und natürlich der kroatischen Bürger."

Josip Perković ist mit zwei Begleitern auf dem Weg zum Flughafen (Foto: picture-alliance/dpa)
Josip Perković (mitte) auf dem Weg zum Flughafen in ZagrebBild: picture-alliance/dpa

Perkovićs Anwalt Anto Nobilo hat lange versucht, die Auslieferung zu verhindern. Nobilo, in Kroatien einer der bekanntesten Strafverteidiger, behauptete, dass sein Mandant gar nicht an Deutschland ausgeliefert werden dürfe. Seine Argumentation: Für die Tat, die ihm in Deutschland vorgeworfen wird, ist in Kroatien die Verjährungsfrist schon abgelaufen. Gleichzeitig behauptete Nobilo, dass seinen Mandanten in Deutschland kein fairer Prozess erwarte.

Wer hat wen angelogen?

Im Gespräch mit der Deutschen Welle erläutert Nobilo seine Zweifel an der deutschen Justiz. "Ich persönlich schätze die deutsche Justiz sehr. Aber was im Prozess gegen Krunoslav Prates passierte, kann man nicht als fair bezeichnen." Der Jurist spielt auf das Verfahren an, das zwischen 2006 und 2008 in München geführt wurde. Vor dem Oberlandesgericht wurde der kroatische Emigrant Krunoslav Prats wegen Mittäterschaft am Mord an Stjepan Đureković zu lebenslanger Haft verurteilt. Josip Perković wurde in der Urteilsbegründung als Organisator bezeichnet.

Nobilo begründet seine Zweifel mit dem Hauptzeugen in diesem Prozess: Auch Vinko Sindičić war ein UDBA-Agent. Er wurde bereits wegen versuchten Mordes an einem anderen kroatischen Exilpolitiker in Großbritannien verurteilt, wo er dafür sieben Jahre lang im Gefängnis saß. Der Richter in dem Prozess gegen Prates, Bernd von Heintschel-Heinegg, verteidigte neulich im Gespräch mit der DW seine Entscheidung: Sindičić sei ein wichtiger Zeuge gewesen, von der Wahrhaftigkeit seiner Aussage sei er überzeugt gewesen.

Perkovic: "Mit Mord habe ich nichts zu tun"

Dass es um mehr als nur um ihn selbst und den Mordfall gehe, behauptete laut kroatischen Medien auch Perković vor Gericht: Die deutschen Behörden seien eigentlich an den Vorgängen im jugoslawischen Bürgerkrieg interessiert - und hier besonders an den illegalen Waffentransporten nach Kroatien während des UN-Embargos.