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Perfides Spiel mit dem Leid der Menschen

Bernd Johann12. August 2014

Die Ukraine hat gute Gründe, warum sie einen russischen Hilfskonvoi nicht ins Land lassen will. Sogar bei der humanitären Hilfe scheint Russland die Zusammenarbeit zu verweigern, kritisiert Bernd Johann.

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Ostukraine: Krise in Donezk 10.08.2014 (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Dimitar Dilkoff/AFP/Getty Images

Die Menschen in den umkämpften Gebieten der Ukraine brauchen Hilfe. Brot, Wasser und Medikamente werden knapp. Wie es aussieht, will keine der Konfliktparteien derzeit den Krieg beenden. Um so dringender ist eine koordinierte internationale Hilfsaktion, an der sich möglichst viele Staaten beteiligen sollten.

Doch Russland prescht vor. Im Alleingang hat der Kreml einen Hilfskonvoi in Marsch gesetzt. Andere Länder, ebenso wie das Internationale Rote Kreuz, das für die Koordinierung von Hilfsaktionen zuständig wäre, lässt Moskau im Unklaren über die Details seines Vorhabens. Die Ukraine und der Westen befürchten eine mögliche russische Intervention in der Ukraine unter dem Deckmantel einer humanitären Hilfe - ihre Sorge ist berechtigt.

Moskau verspielt Glaubwürdigkeit

Deutsche Welle, Ukrainische Redaktion, Bernd Johann (Foto: Foto: DW/Per Henriksen)
Bernd Johann, Leiter der Ukrainischen Redaktion der DWBild: DW/P. Henriksen

Leider zeigt die bisherige Erfahrung, wie sehr Misstrauen gegenüber Moskau angebracht ist. Russland hat in diesem Konflikt schon viel zu oft nicht nur die Ukraine, sondern die gesamte internationale Staatengemeinschaft an der Nase herumgeführt. Zu Beginn der Krise im März dieses Jahres hatte Russland noch behauptet, es gebe kein russisches Militär auf der Krim. Nur wenig später hat es die Halbinsel annektiert. Sogar Präsident Wladimir Putin selbst hat zugegeben, dass er die Macht auf der Krim mit Hilfe des russischen Militärs übernommen hat.

Auch in der Ostukraine spricht der Kreml stets von einheimischen Aufständischen, die sich gegen die Regierung in Kiew erhoben hätten. Doch viele Kämpfer und sogar Anführer der gewaltbereiten Gruppen kommen aus Russland. Sie machen daraus auch keinen Hehl. Ihre Waffen und Munition stammen ebenfalls aus dem großen Nachbarland. Sogar Panzer, Artillerie und Raketen ließ Russland die ukrainische Grenze passieren, obwohl dort Tausende russische Soldaten stehen, die es verhindern könnten.

Hilfsgüter wären willkommen

Kein Wunder also, dass das russische Vorgehen Befürchtungen weckt. Die Ukraine will deshalb den Konvoi nicht über ihre Grenze lassen. Sie fordert eine internationale Kontrolle der Hilfe unter dem Dach einer Hilfsorganisation. Auch die Europäische Union und andere westliche Länder warnen vor einem russischen Alleingang. Hilfsgüter sind in der Ukraine willkommen, nicht aber eine Kolonne von 300 Lastwagen aus Russland. Denn sie könnten nicht nur Lebensmittel, sondern auch Nachschub für die separatistischen Gruppen in das Kriegsgebiet schmuggeln.

In den Augen der Ukrainer ist Russland der Brandstifter des Krieges im Osten des Landes. Sicher ist: Ohne die russische Einmischung in der Ukraine wäre den Menschen in der Region Leid erspart geblieben. Wollte Russland wirklich helfen, dann könnte es aufhören, die bewaffneten Gruppen in der Ostukraine zu unterstützen.

Vernebelung statt Kooperation

Doch stattdessen treibt Russland womöglich ein perfides Spiel mit der Hilfe. Die wahren Absichten des Manövers sind unklar. Die Aktion sei mit der Ukraine abgestimmt, hatte der Kreml behauptet. Kiew dementierte wenig später. Mit dem Internationalen Roten Kreuz habe es eine Absprache gegeben, hieß es. Auch Sprecher der Hilfsorganisation dementierten. So muss der Eindruck entstehen, dass es Moskau nicht um rasche Hilfe für Menschen in der Not sondern um eine politische Inszenierung geht.

Deutschland und andere Länder setzen sich für ein Ende der Gewalt in der Ostukraine ein. Sie wollen den Menschen in der Region helfen. Wenn Russland das auch will, dann sollte es seine Ziele gegenüber der Ukraine offenlegen und sich mit Kiew und der EU an einen Tisch setzen. Doch stattdessen verweigert Russland bislang jede internationale Zusammenarbeit in der Ukraine-Frage - jetzt möglicherweise sogar bei der humanitären Hilfe.