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Paul Ryan - Vize für den rechten Flügel

Eva Wutke/Arnd Riekmann12. August 2012

Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney zieht mit Paul Ryan in den Wahlkampf. Der Finanzexperte steht für marktradikale Wirtschaftspolitik und ist bei den Konservativen äußerst populär.

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Paul Ryan, Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner im US-Wahlkampf. (Foto: REUTERS)
Paul Ryan, Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner im US-WahlkampfBild: Reuters

Am Samstag (11.08.2012) nominierte der designierte Obama-Herausfoderer Mitt Romney den 42-jährigen Paul Ryan als Vizepräsidentschaftskandidat. Der Kongressabgeordnete aus Wisconsin hat sich durch seine Standpunkte und sein Auftreten zu einem der prägendsten Politiker der Republikaner entwickelt.

Seine Nominierung könnte das Thema Wirtschaft im Wahlkampf stärker in den Vordergrund rücken. Denn Ryan spielte eine Schlüsselrolle bei der Ausarbeitung der Sparpläne seiner Partei für den US-Haushalt. Seine konservativen wirtschaftlichen Vorstellungen stehen im Kontrast zu den eher gemäßigten Ansichten von Romney. Für einige Experten kam Ryans Nominierung deshalb überraschend, sie bewerten sie als "gewagten Schachzug".

Radikaler als Romney

Christian Lammert, Experte für US-Politik am John-F.-Kennedy-Institut für Nordamerikastudien an der Freien Universität Berlin, zeigt sich ebenfalls überrascht über die Wahl Romneys. "Ryans Ansichten zur Wirtschafts- und Steuerpolitik sind sehr radikal. Ich bin daher nicht sicher, ob er der geeignete Kandidat ist, um die Wechselwähler zu gewinnen, deren Anteil bei etwa 40 Prozent liegt", sagte Lammert der Deutschen Welle. "Auf der anderen Seite könnte Ryan jedoch dazu beitragen, den rechten Flügel der republikanischen Wähler zu mobilisieren."

Viele hatten erwartet, dass Romney einen gemäßigteren Parteifreund für das Amt des Vizepräsidenten nominieren würde. Auf der Kandidatenliste standen etwa der frühere Gouverneur von Minnesota, Tim Pawlenty, oder Senator Rob Portman aus Ohio. Allerdings hatten sich zuletzt viele Republikaner für die Nominierung von Ryan stark gemacht. Ihr Argument: Romney solle das Risiko eingehen, auf einen jüngeren Politiker zu setzen, um so frischen Wind in seine Kampagne zu bringen.

Befürworter von Kürzungen im Sozialbereich

Durch Ryans Nominierung rücken dessen umstrittene Vorschläge zum Haushaltsplan stärker in den Fokus. Als Vorsitzender des Haushaltsausschusses hatte er sich unter anderem für Kürzungen im Gesundheitsprogramm der Regierung für Rentner und sozial Benachteiligte ausgesprochen - was US-Präsident Barack Obama und andere Demokraten scharf kritisierten.

US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney (l.) stellt Paul Ryan als seinen Vizepräsidentschaftskandidaten vor. (Foto:M. Spencer Green, File/AP/dapd)
Die Nominierung von Paul Ryan rückt dessen umstrittene Vorschläge zum Haushaltsplan stärker in den Fokus.Bild: AP

Ryans Forderungen könnten viele Wähler abschrecken, meint Lammert, denn: "Meinungsumfragen zufolge wird die Idee einer umfassenden Gesundheitsreform in den USA immer beliebter." Allerdings dürfte Ryan Unterstützung aus anderen Teilen der Gesellschaft erhalten. "Er ist vor allem populär bei den Anhängern der Tea Party, so wie er generell am rechten Flügel und bei finanzpolitisch Konservativen Beliebtheit genießt", erklärt Lammert. Zudem kritisierte Ryan offen das europäische Krisenmanagement und Europas Sparkurs in der Schuldenkrise. "Das spiegelt die Mehrheitsmeinung in den USA wider und dürfte bei den Wählern generell gut ankommen", glaubt Lammert.

Kritik an mangelnder Erfahrung

Kommentatoren wie beispielsweise Ryan Lizza vom "New Yorker" haben deutlich gemacht, dass Ryan zwar ein Insider in Washington sei, er aber keine nennenswerte Erfahrung in der Privatwirtschaft habe. Doch gerade das hat sein "Chef" Romney in seiner bisherigen Kampagne wiederholt als Grundlage für gutes Regierungshandeln herausgestellt. Für das "republikanische Ticket", so der Politikexperte Lammert, dürfte das aber kein entscheidender Nachteil sein. Der wirtschaftserfahrene Romney gleiche dies mehr als aus. Wenn sie als "Tandem" auftreten und sich dabei auf ihre individuellen Stärken konzentrieren, "können die beiden erfolgreich sein", glaubt Lammert.

Zumal Romney sich mit Ryan an seiner Seite nun auf die unentschiedenen und gemäßigteren Wähler fokussieren könne. "Ryan kann sich dagegen stärker um die rechte Wählerbasis kümmern", so Lammert.

Außenpolitisch unerfahren

Allerdings verfügt Ryan nur über wenig außenpolitische Erfahrung. Aus exakt diesem Grund geriet bei der vergangenen Wahl die Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin ins Kreuzfeuer der Kritik. Auch Palin galt im Vergleich zum damaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain als politisch radikaler, mehr Gemeinsamkeit haben Ryan und Palin jedoch nicht.

Sarah Palin, Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner im vergangenen US-Wahlkampf. (AP Photo/Alex Brandon)
Paul Ryan ist ein seriöserer Kandidat als Sarah Palin, meint Politikwissenschaftler Christian Lammert.Bild: AP

"Ryan ist professioneller und weniger radikal als Palin", erläutert Lammert. "Zudem ist er viel stärker in die politischen Debatten involviert als Palin. Es sieht so aus, als hätten die Republikaner aus ihren Erfahrungen vor vier Jahren gelernt."

In mehreren Interviews mit US-Medien hat sich Ryan gegen einen amerikanischen Isolationismus und ausdrücklich für ein Engagement in der Weltpolitik ausgesprochen. "Eine Welt ohne US-Führerschaft wird noch chaotischer sein", betonte er in einem Vortrag vor der Alexander Hamilton Society.

Auf die Beziehungen der USA zu Europa dürften die außenpolitischen Vorstellungen Ryans keinen entscheidenden Einfluss haben, so die Einschätzung von Lammert. In der Vergangenheit hätten selbst größere Veränderungen in der US-amerikanischen Außenpolitik nur geringe Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen gehabt.

Da die Nominierung des Vizepräsidenten keine so große Rolle im US-amerikanischen Wahlkampf spiele, sollten Ryans außenpolitische Defizite keinen spürbar negativen Effekt auf die Wahlkampagne der Republikaner haben, glaubt Politik-Experte Lammert: "Sie werden sie aber auch kaum beflügeln."