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Pack die Sonne in den Tank: In Sachsen wird Biomasse zu Diesel

Sabine Kinkartz16. Mai 2006

Der steigende Ölpreis ist und bleibt ein Dauerthema. Alternativen zum Benzin sind rar, Biodiesel aus Raps beispielsweise hat sich nicht durchsetzen können. Doch es gibt Hoffnung: In Sachsen wird aus Biomasse Kraftstoff.

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Anlage zur Herstellung von Biodiesel in FreibergBild: picture-alliance / dpa/dpaweb
Biodiesel
Biodiesel aus Raps konnte sich bislang nicht durchsetzenBild: AP

Was ist Kraftstoff? Die Antwort: Chemisch gebundene Sonnenenergie. Gebunden über die Photosynthese in Pflanzen, die zu fossilen Energien wie Kohle und Öl wurden. Ein Prinzip, das man, so dachte sich ein findiger Tüftler in Sachsen, einfach nur nachahmen müsste. 1990 war es noch eine Vision, heute produziert die Firma Choren im sächsischen Freiberg aus Biomasse, also Pflanzen jeder Art, tatsächlich einen synthetischen Treibstoff, wie Geschäftsführer Carlhans Uhle erklärt: "Die Biomasse geht in ein mehrstufiges Vergasungsverfahren, dass die verschiedenen chemischen Prozesse durchmacht, bis es ein hochreines Synthese-Gas ist, und dieses Gas wird wiederum über mehrere Prozesse umgewandelt in Diesel."

Geschlossener Energiekreislauf

SunDiesel nennt Choren sein Produkt, der Fachausdruck lautet Biomass to Liquids, kurz BTL. Aus vier Kilogramm Biomasse, beispielsweise Holz, wird ein Liter Diesel. Doch während die fossilen Brennstoffe im Verlauf von rund 400 Millionen Jahren entstanden, geht das in Freiberg in nur 400 Minuten. "Wenn Sie das Pflanzenwachstum dazu rechnen, dann sind Sie etwa bei einem Jahr, also bei rund 400 Tagen", sagt Uhle.

Die Rohstoffe für die Produktion bezieht Choren von örtlichen Landwirten, vom sächsischen Staatsforst und von Sägewerken. Da man nicht nur die Pflanzenfrucht nimmt, sondern die gesamte Pflanze verwenden kann, ist der Ertrag pro Hektar Anbaufläche beim BTL im Gegensatz zum normalen Biodiesel drei- bis viermal so hoch. "Wir können jede Biomasse nehmen, was wir wollen", erklärt Uhle. "Übrig bleibt nichts Negatives außer ein bisschen Schlacke, die zum Teeren des Bodens verwendet werden kann. Wir sind faktisch ein geschlossener Energiekreislauf."

Auto- und Energiekonzerne beteiligen sich

Und das findet Geschäftsführer Uhle angesichts der Klimadiskussion besonders wichtig. Bei der Verbrennung des Kraftstoffes wird nämlich nur so viel CO2 freigesetzt, wie die zur Produktion angebauten Pflanzen zuvor aufgenommen haben. Außerdem enthält der Kraftstoff keine Rußpartikel und kann ohne Nachrüstung in jeden Dieselmotor eingefüllt werden. Noch befindet sich SunDiesel in der Erprobungsphase, es werden nur ein paar hundert Liter am Tag produziert. Doch große Automobilbauer wie DaimlerChrysler und Volkswagen, aber auch der Energieriese Shell sind bereits mit im Boot. Gemeinsam mit Choren bauen sie an einer kommerziellen Anlage, die im kommenden Jahr in Betrieb gehen und jährlich 250 Millionen Liter produzieren soll. Vier weitere Anlagen sind in Planung.

"Die Prognoserechnungen unserer Techniker sagen, dass wir mit den Großanlagen bereits so weit sind, dass wir konkurrenzfähig sind", sagt Uhle. "Es kommt natürlich immer auf den Ölpreis und auf den Dollarpreis an." Aber bei den derzeitigen - sehr hohen - Ölpreisen würde der Treibstoff mit dem Bau der dritten Anlage im Jahr 2012 oder 2013 definitiv konkurrenzfähig- und dies ohne weitere Subventionen.

Noch kostet ein Liter SunDiesel nämlich doppelt so viel wie Diesel aus Mineralöl. Die Produktionskosten sind hoch, und für jede neue Anlage müssen 400 Millionen Euro investiert werden. Trotzdem stößt BTL weltweit auf großes Interesse, konkrete Anfragen hat Choren aus ganz Europa, den USA und China vorliegen.