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Osteuropa: Wie Ackerland zum Renditeobjekt wird

13. August 2009

Das Geschäft mit Agrarland blüht in Osteuropa. Der Grund: Ackerland ist günstig – zum Beispiel in Rumänien. Eine deutsche Aktiengesellschaft mischt dort kräftig mit.

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Rumänien bietet Agrarland zu günstigen PreisenBild: Thomas Kruchen

Das zugrunde liegende Kalkül ist denkbar einfach: Die globale Bevölkerung wächst stetig, Agrarflächen hingegen nicht. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach Lebensmitteln. Das macht das Geschäft mit Agrarland attraktiv für börsennotierte Firmen. Für ausländische Investoren ist der Landkauf in den ehemals kommunistischen Ländern durch deren EU-Beitritt erleichtert. Und: Dort sind die Preise für Agrarland häufig noch niedrig. Die Bad Homburger Aktiengesellschaft Agrarius beispielsweise hat Rumänien für sich als interessantes Investitionsgebiet entdeckt.

Es gibt kaum ein Land der EU, in dem Agrarland so günstig ist wie in Rumänien: Schon für zwei- bis dreitausend Euro ist ein Hektar Ackerland guter Qualität zu haben. In Westdeutschland dagegen kostet gleichwertiger Boden das Fünf- bis Zehnfache. Doch mittel- und langfristig werden auch in Rumänien die Preise deutlich steigen. Das zumindest glauben die Manager der Bad Homburger Aktiengesellschaft. Gegründet vor anderthalb Jahren, erwirbt das Unternehmen Agrarland als Renditeobjekt.

Wertsteigerung durch EU-Beitritt erwartet

Der Agrarwissenschaftler Gerald Krämer, bei Agrarius Gebiets-Manager für Rumänien, sieht gleich mehrere Gründe, warum es sich lohnt, dort Ackerland zu kaufen. „Wir haben die Verfügbarkeit von Ackerland, und wenn ein Land ein Potential hat, und Rumänien war in den 1950er, 1960er Jahren Nettoagrarexporteur, dann ist es auf jeden Fall richtig, in diesen Ländern präsent zu sein und als Landeigentümer auch ein Stück weit von diesem steigenden Agrarpreisniveau zu profitieren“, so Krämer. Vor allem aber der EU-Beitritt, so Krämer, werde Agrarland in Rumänien teurer machen. Die Landwirtschaft modernisiere sich langsam, Agrar-Fördergelder aus Brüssel flössen und auch Agrar-Investoren aus alten EU-Ländern kämen verstärkt ins Land. „Dieses Ost-West-Konvergenz-Kriterium ist natürlich die maßgebliche Größe, warum wir in Rumänien Ackerland kaufen, weil wir davon ausgehen, dass es eine Wertentwicklung nach oben geben wird“, meint Krämer.

Mit einem ähnlichen, wenngleich nicht ganz so lukrativen Trend rechnet Agrarius auch in Ostdeutschland. Deshalb führt die Firma Landkaufverhandlungen mit der Bodenverwertungs- und Verwaltungs GmbH, die im Auftrag des Bundes in Ostdeutschland ehemals staatliche land- und forstwirtschaftliche Flächen privatisiert. Auch in Litauen sondiere Agrarius Landkaufmöglichkeiten, so Krämer. Konkrete Geschäfte habe Agrarius aber bisher weder in Ostdeutschland noch in Litauen abgeschlossen.

Know-how statt „land banking“

Was die Firma vorhat, klingt nach „land banking“ mit Agrarland, wie es in den letzten Jahren beispielsweise in Südamerika praktiziert wird. Dort kaufen Geschäftsleute günstig Wald oder Weide- und Ackerland und warten darauf, die Flächen später an Agrarbetriebe teuer zu verkaufen. So wolle Agrarius jedoch keine Geschäfte machen, sagt Gerald Krämer: „Das geht natürlich nicht, dass wir nur eine Fläche haben und die liegen lassen und land banking machen. Das ist auch nicht unsere Intention, denn wir haben ja ackerbauliches Know-how im Unternehmen und wissen natürlich, dass, wenn wir Flächen einfach liegen lassen und nichts machen, wir eine zunehmende Verunkrautung, Versteppung von Flächen haben. Und wir möchten natürlich nur dort gerne Flächen kaufen, wo sie auch gepachtet werden.“

Erstes Rumänien-Geschäft abgeschlossen

Hochwertiges Agrarland zu kaufen und es möglichst langfristig zu verpachten, das sei das Geschäftsmodell von Agrarius, so Krämer. Das Unternehmen verspricht Investoren dabei mindestens zehn Prozent jährlichen Gewinn, aufgeteilt in eine fünfprozentige Pachtrendite und eine fünf- bis sechsprozentige Wertsteigerung des Agrarlandes. Man habe Agrarius, so Gerald Krämer, bisher insgesamt 8000 Hektar Land angeboten, vor allem im westrumänischen Banat. Dort, in einer Gegend zwischen den Städten Temeswar und Arad, habe man kürzlich auch das erste Rumänien-Geschäft abgeschlossen. „Wir haben dort etwa 135 Hektar Land gekauft, und zum anderen haben wir betriebliche Flächen übernommen, innerhalb deren Pachtverträge wir weiter kaufen werden. Und im Moment ist es so, dass wir auf der Sondierung sind nach Partnern, und wir haben doch einige Interessenten, die jetzt gerne auch anfangen möchten zu pachten“, sagt Krämer.

Vorteil für Rumänien

Es gibt bereits eine Reihe westeuropäischer Unternehmen, die in Rumänien Ackerland gekauft haben und es selbst bewirtschaften. Doch Agrarius ist bisher die einzige Firma, die Agrarland über Aktien gewissermaßen als börsenfähige Ware anbietet. Im rumänischen Landwirtschaftsministerium stört man sich daran nicht. Ackerland brachliegen zu lassen, ist in Rumänien verboten und wird mit Geldstrafen belegt. So beuge man Spekulationen vor, sagt Valentin Apostol, der im Bukarester Landwirtschaftsministerium als Jurist und Experte für Liegenschaftsfragen arbeitet. Seriöse Investoren dagegen, so Apostol, seien in jedem Fall hochwillkommen, schließlich sei die rumänische Landwirtschaft sehr rückständig. „Die Investoren schaffen Arbeitsplätze, sie schaffen völlig andere Arbeitsbedingungen als bei den rumänischen Bauern, und sie kommen mit moderner Technologie. Die Präsenz ausländischer Agrarinvestoren kann nur dazu beitragen, dass unser konzeptionelles und technologisches Niveau in der Landwirtschaft steigt, und das hilft Rumänien insgesamt“, meint Apostol.

Autor: Keno Verseck

Redaktion: Birgit Görtz