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Orban facht Debatte über Todesstrafe an

20. Mai 2015

Der ungarische Ministerpräsident ist auf Stimmenfang am rechten Rand. Mehrfach hat er die Wiedereinführung der Todesstrafe angeregt - jetzt sogar vor dem EU-Parlament. Die harsche Antwort kam sofort.

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Frankreich Viktor Orban Rede vor dem EU-Parlament
Bild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

Der rechtsnationale Regierungschef nutzte seinen Auftritt in Straßburg, um sich ins Abseits zu stellen: Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (Artikelbild) hat vor dem EU-Parlament Überlegungen zur Wiedereinführung der Todesstrafe in seinem Land verteidigt. Dies dürfe "kein Tabuthema" sein, erklärte er.

Die Reaktion war eindeutig. Der Vizechef der EU-Kommission, Frans Timmermans, warnte drastisch vor einem solchen Schritt - dieser hätte unweigerlich Sanktionen zur Folge, bis hin zum Entzug der Stimmrechte für ungarische Regierungsvertreter im Rat der EU.

Bei einer "schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung" der Werte der Europäischen Union kann einem Mitgliedstaat laut EU-Vertrag das Stimmrecht im Ministerrat entzogen werden. Bisher wurde der entsprechende Artikel allerdings nie angewendet.

"Wir werden nicht zögern"

Die Grundrechte-Charta der Union verbiete explizit die Todesstrafe, ebenso die Europäische Menschenrechtskonvention, erklärte Timmermans. Sollte die ungarische Regierung die Wiedereinführung dieser Strafe planen, werde die Kommission ihre Konsequenzen ziehen. "Wir werden keine Sekunde zögern."

Orban wies die Kritik der EU zurück, die bereits auf seinen ersten Vorstoß im April gefolgt war: "Wir entscheiden selbst, worüber wir sprechen dürfen", betonte er im Plenum. Die EU-Verträge seien "kein göttliches Recht".

Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) erklärte, es handele sich bei den EU-Verträgen in der Tat nicht um "göttliches Recht". Es gebe allerdings das göttliche Gebot "Du sollst nicht töten", fügte Schulz unter lautem Beifall der Abgeordneten hinzu.

"Zivilisatorische Leistung"

Der Vorsitzende der Fraktion der konservativen Volkspartei (EVP), welcher auch Orbans Partei Fidesz angehört, der Abgeordnete Manfred Weber (CSU), erklärte, die Abschaffung der Todesstrafe sei eine "zivilisatorische Leistung". "Daran halten wir fest."

Im vergangenen Monat hatte Orban in der Stadt Pecs verlangt, das Thema auf die Agenda zu setzen. Eine Strafe wie lebenslange Haft ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung sei bei Mord "als Abschreckung nicht genug ". Der Ministerpräsident reagierte damit auf die Ermordung einer jungen Verkäuferin bei einem Raubüberfall, der landesweit Schlagzeilen gemacht hatte.

Vor den Parlamentariern in Straßburg erneuerte Orban auch seine Kritik an der Flüchtlingspolitik der Union. Ein Quotensystem für die Verteilung von Migranten innerhalb der EU schaffe nur neue Anreize für Schleuser. "Was die EU-Kommission vorschlägt, grenzt an Wahnsinn", so Orban. Ungarn fordere das Recht, seine Grenzen zu schützen.

jj/gmf (dpa, afp, rtr)