1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Aufwind für Offshore-Energie

Gero Rueter22. Juni 2014

Die Offshore-Windindustrie kämpft seit Jahren mit vielen Hürden. Nun steht die Infrastruktur und Windparks werden schneller gebaut. Auf der Offshore Windmesse Windforce zeigte sich die Branche optimistisch.

https://p.dw.com/p/1CKF5
Bau eines Offshore-Windparks (Foto: A2SEA)
Bild: A2SEA

"Die Stimmung in der Offshore-Windbranche ist zweigeteilt", beschreibt Ronny Meyer die Situation. Die Zulieferer und Hersteller von großen Flügeln, Fundamenten, Türmen oder auch Windkraftanlagen hätten seit zwei Jahren keine Aufträge mehr, "die Stimmung dort ist deshalb schlecht".

Bei den Schiffsfirmen und Installateuren sind die Auftragsbücher jedoch voll und die Stimmung sei "sehr gut, weil wir derzeit sieben Offshore-Windparks parallel bauen", sagt Meyer. Er ist Geschäftsführer der Windagentur WAB, die die Interessen der Offshore-Windbranche vertritt und die Windmesse WINDFORCE organisiert. Vom 17. bis 19. Juni 2014 diskutierten in Bremerhaven rund 5000 internationale Offshore-Experten beim Branchentreffen über die Perspektiven.

Europa führt beim Offshore-Boom

Windparks im Meer gibt es bislang vor allem in Europa. Nach Angaben des World Wind Energy Report wurden bis Ende 2013 Offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von 7,4 Gigawatt (GW) weltweit aufgebaut: 6,9 GW davon in Europa und die verbleibenden 0,4 GW in China.

Die Hälfte der weltweit installierten Offshore-Anlagen stehen in GB (3,7 GW), Dänemark folgt mit 1,3 GW und in Deutschland wurden 0,9 GW bis 2013 installiert.

WAB-Chef Ronny Meyer (Foto: dpa)
WAB-Chef Meyer: Offshore-Wind hat PerspektivenBild: picture-alliance/dpa

Im Vergleich zur Windkraft an Land steckt die Windkraft auf dem Meer jedoch noch in den Kinderschuhen. Bis Ende 2013 wurden weltweit Onshore-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 312 GW installiert, im Meer waren es mit knapp sieben GW im Vergleich nur zwei Prozent.

Die Branche ist jedoch optimistisch, dass die Meeresenergie beim Zubau immer wichtiger wird. 2013 lag der Anteil der Offshore-Windkraft am globalen Windzubau bei fünf Prozent, in den Pionierländern GB, Dänemark und Deutschland waren es schon 28 Prozent.

Start in die Industriephase

Die Pionier- und Aufbauarbeit dauerte rund ein Jahrzehnt, erste Windparks wurden erfolgreich in der Nord- und Ostsee installiert. Die Offshore-Industrie sieht sich nun am Start der Industriephase. "Wir haben sehr viel gelernt - haben jetzt die Installationsschiffe, die Technik und qualifizierte Menschen und sind in der Lage, Offshore-Windparks viel schneller, und damit auch günstiger, zu bauen", sagt Meyer.

In Deutschland gehen nach Angaben des WAB-Chefs in diesem und im nächsten Jahr Offshore-Windparks mit einer Leistung von 2,6 GW neu ans Netz, Windparks mit einer Leistung von drei GW befinden sich in Bauvorbereitungen, weitere in der Planungsphase. Ein starkes Wachstum von Offshore-Wind sieht Meyer inzwischen weltweit, vorerst vor allem in Europa, China und den USA.

Infografik: Prognose von Stromkosten aus neuen Großkraftwerken (Grafik: DW).
Offshore-Wind ist im Vergleich zu Atomkraft und Kohle mit CO2-Abscheidung noch eine günstige Alternative.

Offshore-Wind rentabel im Gesamtsystem

Die Kosten für Strom aus Offshore-Wind liegen derzeit zwischen 13 und 15 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Meyer zeigt sich zuversichtlich, dass "wir in den nächsten zehn Jahren die Kosten um fast 30 Prozent reduzieren können, sodass wir dann bei unter zehn Cent pro Kilowattstunde liegen werden". Das Wirtschaftinstitut Prognos kommt in einer aktuellen Studie zu einem ähnlichen Ergebnis und errechnet in der langfristigen Betrachtung Durchschnittskosten von 9,5 Cent pro kWh für Strom aus Offshore-Wind.

Damit ist Offshore-Wind zwar im Vergleich zu neuen Atomkraftwerken und Kohlekraft mit CO2-Abscheidung günstiger, im Vergleich zu Windstrom an Land und auch der Photovoltaik jedoch um 30 bis 70 Prozent teurer.

Ein Offshore-Windpark in Dänemark (Foto: Getty Images).
Von Planung bis Fertigstellung vergehen sieben JahreBild: Jorgen True/AFP/Getty Images

Meyer kennt diese Zahlen, sieht für den Windausbau auf dem Meer aber trotzdem eine Zukunft und Berechtigung. "Da Wind auf der Nordsee rund um die Uhr weht, werden mit Offshore-Windenergie weniger Speicher, weniger Netzausbau und weniger fossile Reservekraftwerke als Backup gebraucht."

Das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Systemtechnik (IWES) empfiehlt in einer Studie ebenfalls den Offshore-Windausbau, um im Jahr 2050 den deutschen Energiebedarf für Strom, Wärme und Transport zu decken und schlägt einen vorläufigen Offshore-Zubau von rund zwei GW pro Jahr vor.

Unterstützung von der Politik

Mit der Politik ist die Offshore-Branche inzwischen zufrieden. "Wir sehen in einigen Ländern eine starke Unterstützung für das Thema Offshore-Wind. Die Regierungen haben erkannt, dass es auch ein industriepolitisches Thema ist und das Arbeitsplätze schafft", so Meyer. In Deutschland arbeiten rund 18.000 Menschen in der Offshore-Windindustrie.

Zufrieden zeigt sich der WAB-Geschäftsführer auch mit dem deutschen Gesetzentwurf für den Ausbau der Erneuerbaren Energien (EEG). "Bis 2020 können wir damit leben und Offshore-Windparks bauen." Kritisch äußert er sich jedoch über das "Hin und Her in der deutschen Energiepolitik. Das ist Gift für Investitionen der Milliarden mit langen Planungen und verschreckt internationale Investoren."

Die geplante Bremse für den Windausbau an Land kann Meyer ebenso wenig gefallen: "Deutschland hat sich die Energiewende zum Ziel gesetzt und dafür brauchen wir die Windenergie auf See, aber auch auf dem Land."