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Unicef Foto des Jahres

Bettina Marx16. Dezember 2014

Seit 15 Jahren vergibt UNICEF Deutschland den Preis "Unicef-Foto des Jahres". Preisträger dieses Jahres sind zwei junge Deutsche, die auf den Philippinen unterwegs waren. Ihr Thema: vaterlose Kinder von Sextouristen.

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EINSCHRÄNKUNG UNICEF-Foto des Jahres 2014
Bild: Insa Hagemann/Stefan Finger, Agentur laif

Divine gehört nicht dazu. Das kleine Mädchen steht abseits und schaut mit sehnsüchtigen Blicken auf die anderen Kinder, die im Vordergrund des Bildes spielen. Divine gehört nicht dazu, denn sie ist hellhäutig und blond und hebt sich damit deutlich ab von ihren Altersgenossen in Angeles City auf den Philippinen. Ihr Vater ist Australier. Er hatte die Mutter im Internet kennen gelernt, bevor er als Sextourist auf die Philippinen kam. Von dem Kind, das er hinterlassen hat, will er nichts wissen. Das Bild des kleinen Mädchens ist das Siegerfoto des diesjährigen Foto-Wettbewerbs des UN-Kinderhilfswerks UNICEF.

Ausgegrenzte Kinder ohne Väter

Aufgenommen wurde es von dem jungen Fotografenduo Insa Hagemann und Stefan Finger im April 2014. Vier Wochen waren die beiden Fotografen unterwegs, um die vaterlosen Kinder der Sextouristen für ihre Reportage unter dem Titel "Wanna have love" zu fotografieren. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass Divine in ihrer Familie ausgegrenzt wird", berichtet Insa Hagemann. Aber auf der Straße und in der Nachbarschaft sei das kleine Mädchen durch sein andersartiges Aussehen stigmatisiert gewesen. "Die Nachbarn beobachten zum Beispiel gern, wie sie gebadet wird, um zu schauen, wie sie aussieht." Außerdem gelten hellhäutige und blau-äugige Mädchen und Jungen auf den Philippinen automatisch als Kinder von Prostituierten und werden auch deswegen diskriminiert. Dabei seien die Mütter oft keine Prostituierten, sondern Frauen, die hofften, durch die Beziehung mit einem wohlhabenden Ausländer ihrer Not und ihrer Armut entfliehen zu können.

Unicef-Foto des Jahres 2014
Preisträger Insa Hagemann und Stefan FingerBild: picture-alliance/dpa/B.v. Jutrczenka

Um das Vertrauen der Kinder zu erlangen, haben die beiden Fotografen viele Stunden mit ihnen verbracht, haben mit ihnen gespielt und ihnen zugehört. "Wir wollten die Fotos nicht klauen und dann wieder abreisen", erläutert Stefan Finger. "Es war uns sehr wichtig, dass die Kinder das auch wollen und mitmachen." Ein großer Erfolg und eine Freude sei es für ihn gewesen, als eine Achtjährige ihn gebeten habe, am nächsten Tag wieder zu kommen. Auch in Zukunft wollen die beiden Preisträger den Kontakt zu den Kindern und ihren Familien nicht abreißen lassen. "Die Geschichten dieser Kinder tragen wir in unserem Herzen mit uns herum", sagt Finger. Er wünsche sich, in zehn Jahren wieder zu kommen, um zu sehen, was aus den Kindern geworden ist. Doch zunächst planen die beiden Fotografen ein Buch über die philippinischen Kinder ausländischer Väter, das im kommenden Jahr erscheinen soll.

Kommissare für Kinder in Not

"Die Fotos haben mich sehr berührt", sagt der prominente Schauspieler Dietmar Bär bei der Preisverleihung in Berlin. Er wurde von Unicef als Laudator für die Preisträger gewonnen, gemeinsam mit seinem Kollegen Klaus J. Behrendt. "Es geht um das, was vergleichsweise reiche Touristen Tausenden von Mädchen und Frauen auf den Philippinen antun, wenn sie dort anreisen, um für wenig Geld Sex zu kaufen", so Bär. Der Darsteller des Kommissars Freddy Schenk im Kölner "Tatort" weiß, wovon er spricht. Zusammen mit Behrendt, dem Kommissar Max Ballauf in der populären Krimiserie, hat er im Jahr 1997 die Tatortfolge "Manila" gedreht. In dem Film geht es um Kindersex und Menschenhandel. Erschüttert von dem, was sie beim Drehen in der philippinischen Hauptstadt erlebten, gründeten die beiden Schauspieler mit Kollegen den Verein "Tatort – Straßen der Welt", der sich für die Rechte und das Wohlergehen von Kindern einsetzt. Der kleine Verein kümmert sich nicht nur um die Opfer von Sextourismus auf den Philippinen, sondern auch um AIDS-Waisen in Swasiland in Südafrika. "Wir haben auch ein Projekt in Deutschland", ergänzt Behrendt, der selbst Vater von drei Kindern ist. "Wir kümmern uns um sozial schwache Familien, die nicht mal in der Lage sind, ihren Kindern zur Einschulung einen Schulranzen zu finanzieren." Mehr als 1000 Schultaschen für Kinder in Köln, Dortmund und Osnabrück hat der Verein gespendet, "damit die Kinder wenigstens am ersten Schultag die gleichen Chancen haben wie ihre Mitschüler", so Behrendt.

Auszeichnung UNICEF Foto des Jahres in Berlin 2014
Schauspieler Klaus J. Behrendt und sein Kollege Dietmar Bär bei der PreisverleihungBild: DW/B. Marx

Prominente Helfer

Schwerpunkt aber bleiben für die Kölner "Tatort"-Kommissare die Philippinen. Dort unterstützen die Schauspieler ein Tetanus-Impfprogramm für Kinder, die auf Müllhalden leben und ein Hilfsprojekt für Jugendliche, die wegen meist geringfügiger Vergehen in Gefängnissen sitzen. "Kindern muss man helfen", sagt Bär. "Man muss sich um sie kümmern." In einem Land wie den Philippinen seien Kinder besonderen Gefahren ausgesetzt. Auf der ganzen Welt seien sie die schwächsten und hilflosesten Mitglieder der Gesellschaft. Bär engagiert sich nicht nur für den Verein "Tatort - Straßen der Welt". Mit dem Berliner Verein "Pro Futura" setzt er sich außerdem für Zukunftsperspektiven von Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen ein und engagiert sich außerdem für fairen Handel.

Auszeichnung UNICEF Foto des Jahres in Berlin 2014
Dietmar Bär alias Freddy Schenk engagiert sich für KinderBild: DW/B. Marx

Wird es nun, nach fast 18 Jahren, einen weiteren Tatort geben, der sich wieder mit dem Thema Sextourismus und vaterlose Kinder befasst? Das Thema ist ja nach wie vor aktuell. Dietmar Bär schaut nachdenklich aus. Dann lächelt er verschmitzt und sagt: "Ich werde diese Idee gerne weitergeben."