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Deutsche Filme auf Brasilientour

Susanne Lenz-Gleißner26. November 2013

Wie kommt deutsches Kino eigentlich in Brasilien an? Die Filmreihe "Panorama Alemão" tourt gerade mit zehn aktuellen Produktionen durch das größte Land Südamerikas. Das Ziel: Lust auf deutsche Filme machen.

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Panorama Rio de Janeiro
Bild: picture alliance/dpa

Ein Multiplex-Kino mitten in einem riesigen Einkaufszentrum in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia. Ausgerechnet hier präsentiert man die Crème de la Crème der deutschen Filmproduktionen. Die bitterböse Deutschland-Satire "Finsterworld" ist ebenso dabei wie das Coming Out-Drama "Freier Fall". Die Filmreihe "Panorama Alemão" war bereits in Salvador zu sehen, weitere Stationen sind die Städte Fortaleza und Porto Alegre. Organisiert hat die Tour "German Films", die Auslandsvertretung des deutschen Films. Das Ganze ist eine internationale Werbetour für Kino made in Germany.

"Freier Fall"
"Freier Fall" - eine Liebesgeschichte aus DeutschlandBild: Salzgeber & Co. Medien GmbH

Immerhin ist Brasilien ein gigantischer Filmmarkt und nach Argentinien der zweitgrößte Filmproduzent Lateinamerikas. Doch nicht die heimischen Filme dominieren die Kinoleinwände, sondern US-Blockbuster. Als eine Art "Monopol des Blicks" beschreibt Cláudio Marques die Situation. Er ist der brasilianische Kurator von "Panorama Alemão". "Mit dieser deutschen Filmreihe wollen wir zeigen, wie vielfältig Kino sein kann."

Komödien im Einkaufszentrum

Es sind vor allem deutsche Arthouse-Produktionen, die ausgewählt wurden. Ein Kontrastprogramm in diesem kommerziellen Kino, das umzingelt ist von Fastfood-Ketten und Fashionshops. Doch der Veranstaltungsort für die Filmreihe ist klug gewählt. Kino bedeutet in Brasilien vor allem Unterhaltung. Filmbegeisterte im Land strömen besonders am Wochenende in diese Multiplex-Giganten – Popcorn-Tüten und Cola-Becher inklusive.

Einkaufszentrum in Brasilien.
Deutsche Arthouse-Filme in brasilianischen ShoppingmallsBild: picture-alliance/RiKa

Unabhängige Programmkinos findet man in Brasilien seltener als in Deutschland. Komödien sind seit Jahren das erfolgreichste Genre. Doch das riesige Land öffnet sich immer mehr - vor allem im Zuge des rasanten Wirtschaftswachstums und der kommenden Fußballweltmeisterschaft in Brasilien. Internationale Themen rücken zunehmend in das Blickfeld der Brasilianer. Und genau darin liegt auch eine Chance für den deutschen Film.

Persönliche Geschichten

"Mein Eindruck ist, dass die brasilianische Mittelklasse ein wachsendes Interesse für europäisches Kino entwickelt", sagt Mariette Rissenbeek, die Geschäftsführerin von "German Films". Dafür nehmen Cineasten in Brasilien auch Filmuntertitel in Kauf. Denn fremdsprachige Filme werden in dem Land selten synchronisiert.

Mariette Rissenbeek, die Geschäftsführerin von "German Films"
Mariette Rissenbeek, die Geschäftsführerin von "German Films"Bild: DW/R. Manhaes Reis

So auch "Exit Marrakech", das Vater-Sohn-Drama der deutschen Oscar-Preisträgerin Caroline Link. Der Film stieß in Brasilia auf großes Interesse. "Die psychologische Herangehensweise an die Figuren fand ich sehr spannend", erklärt eine brasilianische Kinobesucherin.

So sind es auch überwiegend Filme über zwischenmenschliche Konflikte, die in der deutschen Reihe "Panorama Alemão" gezeigt werden. Familiendramen und Geschichten über Außenseiter dominieren. Filme wie "Zwei Leben", die sich explizit mit der deutschen Historie auseinandersetzen, sind die Ausnahme.

Realität im Fokus

Was viele deutsche Produktionen hier verbindet, ist ihre realistische Erzählperspektive. In "Houston" von Bastian Günther geht es z.B. um einen Headhunter, dem sein Leben mehr und mehr entgleitet. Während der Vorbereitung des Films, traf sich der Regisseur mit einigen dieser Spezialisten, die gezielt Topmanager für die wirtschaftliche Konkurrenz abwerben. Bastian Günther gab ihnen sogar Passagen seines Drehbuchs zu lesen.

Film "Exit Marrakech"
Weniger deutsche Historie, dafür starke persönliche Geschichten wie in "Exit Marrakech"Bild: Studiocanal

"Ich wollte die Geschichte so realistisch wie möglich erzählen", meint der 39-Jährige. Es war ihm wichtig, eine glaubwürdige Dramaturgie zu entwickeln. Sein Film ist eine weitsichtige Reflexion über die Mechanismen der Macht in einer globalisierten Welt.

Übermacht Hollywood

Für sein Spielfilm-Projekt bekam der deutsche Regisseur Bastian Günther auch eine staatliche Förderung. Dadurch konnte er die jahrelangen Recherchen und die Produktionskosten stemmen. Seit Mitte der Neunziger Jahre wird auch in Brasilien die Filmbranche wieder systematisch vom Staat subventioniert. Davon profitiert auch die brasilianische Filmemacherin Renata Pinheiro. Nach international preisgekrönten Kurzfilmen hat sie jetzt in ihrer Heimatstadt Recife ihren ersten Spielfilm produziert.

Brasilianische Regisseurin Renata Pinheiro
Von der brasilianischen Filmförderung profitiert auch die Regisseurin Renata PinheiroBild: DW/R. Manhaes Reis

Die Küstenstadt im Nordosten des Landes gilt als Talentschmiede für die brasilianische Filmbranche. "Es gibt einen jährlichen Fond, mit dem Newcomer und Regisseure bei der Realisierung ihres ersten Projekts unterstützt werden", berichtet sie. Diese finanziellen Produktionshilfen sollen den Weg für eine größere cineastische Vielfalt im Land ebnen und der Traumfabrik Hollywood eine eigene Filmsprache entgegensetzen.

Große Hürde

Genau das sei eine große Herausforderung, meint der brasilianische Regisseur Andrucha Waddington. Er dreht sowohl ambitionierte Arthouse-Filme als auch kommerziell erfolgreiche Komödien. Der 43-Jährige schätzt den deutschen Film sehr. "Ich liebe Werner Herzog. Er ist für mich ein großer Regisseur", schwärmt er.

Doch die aktuellen Filmproduktionen aus Deutschland kennt Andrucha Waddington kaum. Kein Wunder, denn deutsche Filme laufen selten in brasilianischen Kinos. Die Medien berichten fast nie darüber. "Deutsche Filmproduktionen müssen hier eine große Hürde überwinden", konstatiert der brasilianische Regisseur. Und genau das will "German Films" schaffen – mit ihrer ambitionierten Filmtour durch Brasilien.