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Kuba kein Terroristenstaat mehr

Jan D. Walter15. April 2015

1982 erklärte Ronald Reagan Kuba zum Terrorismussponsor. Nun will Amtsinhaber Barack Obama die kommunistische Diktatur rehabilitieren. Argumente hat er genug, doch die Konsequenzen für Kuba sind überschaubar.

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Die Flaggen der USA und Kubas (Foto: Joe Raedle/Getty Images)
Bild: Joe Raedle/Getty Images

Nachdem das US-Außenministerium Kuba 33 Jahre lang als staatlichen Unterstützer von Terrorismus führte, will US-Präsident Obama das Regime nun von der Liste streichen.

Lautester Kritiker ist - wie eigentlich immer, wenn es um Obamas Annäherung an die "Despoten der Karibikinsel" geht - der republikanische Präsidentschaftskandidat Marco Rubio. In einer Erklärung nannte er die Ankündigung "schrecklich, aber leider nicht überraschend". Kuba sei sehr wohl ein staatlicher Unterstützer des Terrorismus."

Doch Rubios Kritik wirkt eher trotzig als fundiert - nicht weil er Sohn kubanischer Einwanderer ist, sondern weil Obama in diesem Fall wohl die besseren Argumente zu haben scheint.

Terrorismus-Förderer Kuba

Bereits in den 1960er-Jahren knüpfte Fidel Castro Verbindungen zu diversen Rebellengruppen - insbesondere in Lateinamerika und Afrika. Unter anderem belieferte er während der 1960er-Jahre die Nationale Befreiungsfront in Algerien mit Waffen und entsandte Truppen, um die Unabhängigkeitsbewegung in Angola zu unterstützen.

Auf der Liste der staatlichen Unterstützer von Terrorismus landete das Castro-Regime allerdings erst 1982, als Ronald Reagan den Kampf gegen marxistische Guerilla-Gruppen in Mittelamerika in den Fokus seiner Außenpolitik nahm. Die Rebellen setzten US-gestützte Regierungen unter Druck und Kuba soll sie materiell unterstützt und ihre Kämpfer ausgebildet haben.

Der Republikanische US-Senator und Präsidentschaftskandidat Marco Rubio (Foto: D. Angerer/Getty Images)
Erklärter Gegner der Annäherung an Kuba: US-Senator Marco RubioBild: D. Angerer/Getty Images

Aktive Unterstützung terroristischer Gruppen hält Washington Havanna schon lange nicht mehr vor. Was das US-Außenministerium dem Castro-Regime in seinen jährlichen Terrorberichten vorhält, sind die engen Kontakte zu anderen vermeintlichen Terrorismus-Förderern wie dem Iran. Kritisiert wird auch Kubas Unwillen, sich gegen den internationalen Terrorismus zu engagieren sowie Castros Forderungen, Gruppen als Befreiungsbewegungen anzuerkennen, die die Vereinten Nationen als terroristisch einstuft.

Kuba auf dem Wege der Besserung

Im letzten Terrorbericht über das Jahr 2013 ist das Kapitel über Kuba auf wenige Zeilen zusammengeschrumpft: Das Land gewähre Menschen, die von der US-Justiz gesucht werden, Unterschlupf und beherberge internationale Terroristen - insbesondere von der spanischen ETA und der kolumbianischen FARC.

Doch gerade in Bezug auf den Bürgerkrieg in Kolumbien, meint Bert Hoffmann vom Hamburger GIGA-Institut für Lateinamerikastudien, habe Kuba sich als verlässlicher Partner für alle Seiten erwiesen: "Unter Raúl Castro ist Kuba zu dem Land geworden, in dem die Friedensverhandlungen zwischen FARC und Regierung stattfinden."

Auch Marianne Braig vom Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin, hält Kuba inzwischen eher für einen Friedensfaktor für Lateinamerika: "Kuba kann schon lange nicht mehr mit Terrorismus in Zusammenhang gebracht werden."

Guevara 1965 mit beim Rasieren (Foto: AFP/Getty)
Nach der Revolution in Kuba bildete Ernesto "Che" Guevara im Kongo Guerilla-Kämpfer ausBild: AFP/Getty Images

Eigentlich, so die Politikwissenschaftlerin, müssten ganz andere Länder auf der Liste stehen: "Wenn es reicht, Terroristen aufzunehmen, wäre Mexiko ein Kandidat, der zahlreichen ETA-Mitgliedern politisches Asyl gewährt hat."

Kuba ist ein internes Politikum

Obama scheint also recht gute Argumente zu haben, Kuba von der Liste der staatlichen Terrorismusförderer zu streichen. Dass dies nicht längst geschehen ist, zeigt vor allem, dass Kuba für die USA kein normales Land ist: "Die Bewertung Kubas ist keine objektive Angelegenheit, sondern immer ein Politikum," sagt Obama.

Theoretisch könnten die Republikaner Obamas Vorhaben sogar ausbremsen, allerdings nur mit großem Aufwand und ohne Erfolgsgarantie: "Der Kongress hat 45 Tage, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses organisieren, um den Präsidenten zu überstimmen.", erklärt William LeoGrande, Kuba-Experte von der American University in Washington D.C., im staatlichen US-Radiosender NPR. " Das halte ich für unwahrscheinlich", so LeoGrande.

Überschaubare Konsequenzen

Gegen Obamas Kuba-Annäherung vorzugehen, lohnt wohl auch kaum. Dafür sind die praktischen Konsequenzen dieses Schritts zu klein. Zwar müssten die US-Vertreter in Institutionen wie dem Internationalen Währungsfond und der Weltbank nun nicht mehr gegen einen Kredit für Kuba stimmen. Der Zugang zu den freien Märkten ist der Insel jedoch weiter versperrt.

2014 hatte sich die deutsche Commerzbank mit US-Behörden auf die Zahlung von fast 1,2 Milliarden Euro geeinigt, um weitere Strafverfolgung von Verstößen gegen das US-Geldwäschegesetz zu vermeiden. Die französische Bank PNB Paribas zahlte 2014 wegen sogar die Rekordbuße von mehr als acht Milliarden Euro.

US-Präsident Obama und Präsident Raul Castro beim Amerika-Gipfel in Panama (Foto: Reuters/Jonathan Ernst)
Viele Differenzen, aber Wille zur Annäherung: Raúl Castro und Barack ObamaBild: Reuters/Jonathan Ernst

Beide Geldinstitute sollen Transaktionen für Regierungen durchgeführt haben, die als Terror-Förderer gelistet sind. Doch auch, wenn dieser Pferdefuß für das Kuba-Geschäft nun entfällt - das Handelsembargo besteht fort: "Einige US-Banken könnten nun ihr Glück in Kuba versuchen", sagt US-Analyst LeoGrande auf NPR. "Aber die finanziellen Sanktionen im Zusammenhang mit der Terrorliste sind weniger strikt als diejenigen, die sich aus dem Handelsembargo ergeben."

Die Streichung Kubas von der Terrorliste, sagt GIGA-Forscher Hoffmann, ist also vor allem ein weiterer symbolischer Akt der US-kubanischen Zeitenwende: "Ein weiterer Schritt, der für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Kuba und den USA unerlässlich ist." Viel mehr aber auch nicht.