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OAS schlägt Legalisierung von Drogen vor

Tobias Käufer 28. Mai 2013

Patienten statt Kriminelle, keine illegalen Geschäfte mehr, stattdessen kontrollierter Verkauf: Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) fordert einen anderen Umgang mit dem Thema Drogen.

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Symbolbild Haschisch-Pakete (Foto: Niall Carson/PA)
Bild: picture-alliance/empics

Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) schließt eine schrittweise Entkriminalisierung von Drogen als Strategie im Kampf gegen die immer mächtigere Drogenmafia nicht mehr aus. Eine von der OAS in Auftrag gegebene Studie empfiehlt, den Gebrauch von Drogen künftig nicht länger als Straftat, sondern als ein gesundheitliches Problem zu betrachten. Umgerechnet rund 1,7 Millionen Euro hat sich die OAS diese Studie über Drogen auf dem amerikanischen Kontinent kosten lassen. Vorangegangen war eine Initiative des kolumbianischen Staatspräsidenten Juan Manuel Santos beim jüngsten Amerika-Gipfel im kolumbianischen Cartagena. Zuvor hatte die Delegation der USA eine Forderung der lateinamerikanischen Länder abgelehnt, die Drogendebatte auf die Agenda des Gipfels zu setzen.

Santos gehört zusammen mit Otto Pérez Molina und Mauricio Funes - den Staatschefs von Guatemala und El Salvador - zu den Politikern, die Alternativen zur militärischen Strategie zur Bekämpfung der Drogenmafia fordern. Allein in Mexiko sind in den vergangenen sechs Jahren mehr als 50.000 Menschen dem Krieg gegen die Drogen-Kartelle zum Opfer gefallen, ohne dass der Einfluss der Mafia spürbar geschwächt wurde. Nach Angaben der europäischen Polizeibehörde Europol sind die führenden mexikanischen Kartelle "Los Zetas" und "Sinaloa" mittlerweile zu "globalen Marktkoordinatoren für den Kokainschmuggel nach Europa und Nordamerika" geworden. Auch kleine mittelamerikanische Staaten leiden als Transitländer unter der Gewalt der Drogenkartelle.

Kreuze und Fotos erinnern an Opfer des Drogenkriegs in Mexiko (Foto: AP)
Bilanz des Drogenkriegs in Mexiko: Mehr als 50.000 ToteBild: AP

Kontrollierter Verkauf von Marihuana

Die Studie, die Santos und OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza vor kurzem vorgestellt haben, empfiehlt die Legalisierung von "weicheren Drogen" wie Marihuana. Damit sollen Produktion, Verkauf und Konsum der Droge kontrolliert werden, um sie so dem kriminellen Kreislauf zu entziehen. Drogenabhängigen müsse laut der Studie ein besserer Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen ermöglicht werden. Sie sollen als Patienten und nicht als Kriminelle betrachtet werden. Die Studie will eine Debatte auf dem gesamten amerikanischen Kontinent anstoßen, die zu einem effektiveren Kampf gegen Drogen führen soll.

"Es ist ein eindeutiger Widerspruch, dass man einerseits einen Drogenabhängigen wie einen kranken Menschen behandelt, andererseits aber seinen Drogenkonsum bestrafen will", fasst Insulza zusammen. Die Studie geht davon aus, dass sich der Anbau von Marihuana für die Drogenmafia nicht mehr lohnen würde, wenn die Produktion und der Konsum legal wären. Denn die hohen Profite erwirtschaften die Kartelle dank eines hohen Straßenverkaufspreises, der den tatsächlichen Produktionspreis um ein Vielfaches übertrifft.

Lateinamerika bringt EU unter Zugzwang

Lateinamerika folgt damit nur in einem Ansatz der Europäischen Union: In fast allen europäischen Staaten führte eine Ausweitung des Behandlungsangebots für Heroinabhängige im Jahr 2012 zu einem spürbaren Rückgang der Nachfrage. In Europa gilt Marihuana bislang als die am weitesten verbreitete illegale Substanz. Der kontrollierte Anbau und Verkauf der Substanz in Lateinamerika hätte somit auch unmittelbare Auswirkungen auf Europa, das in diesem Fall dann flächendeckend nachziehen müsste. Dazu wäre allerdings eine Kursänderung nötig: Denn in der aktuellen EU-Drogenstrategie für die Jahre 2013 bis 2020 ist von einer Legalisierung illegaler Substanzen als mögliche Alternative keine Rede. Stattdessen wird empfohlen, die bisherigen Ansätze wie die Zerstörung von Anbauflächen in den Herkunftsländern fortzusetzen.

Porträt des kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos (Foto: XINHUA /LANDOV)
Kolumbiens Präsident SantosBild: picture alliance/landov

In Europa gilt Portugal als Vorreiter in der Legalisierungsstrategie. In dem südeuropäischen Land ist Drogenkonsum und -besitz seit 2001 entkriminalisiert. Die Konsumenten dürfen allerdings nicht mehr als die zehnfache Tagesdosis mit sich führen. Die Abhängigkeitsraten sind seitdem nicht gestiegen, die Zahl der Drogentoten hat allerdings um rund 35 Prozent abgenommen, was die Behörden auf eine gezielte Betreuung der Drogenabhängigen zurückführen.

Keine Legalisierung von Kokain

Kolumbiens Präsident Santos hatte in der Vergangenheit den Vereinigten Staaten als Hauptabsatzmarkt für die Drogenmafia Doppelmoral im Kampf gegen Drogen vorgeworfen. Man könne nicht fordern, dass kolumbianische Bauern auf den illegalen Drogenanbau verzichten, aber gleichzeitig in einigen US-Bundesstaaten den Marihuanakonsum legalisieren. Während sein eigenes Land gegen Drogenkartelle kämpfe, steckten sich "die Gringos in Ruhe einen Joint an".

Kolumbien gilt als weltweit größter Kokain-Produzent. Die kolumbianischen Drogenkartelle exportieren jährlich Drogen im Marktwert von rund 100 Milliarden Euro vor allem in die USA und nach Europa. Eine Legalisierung von Kokain empfiehlt der OAS-Bericht nicht.