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O du fröhliche

Marita Berg24. Dezember 2013

Es gibt kein Entrinnen: In der Weihnachtsszeit klingeln Weihnachtslieder überall. O du fröhliche! Die Tradition des gemeinsamen Singens ist alt. Wir erzählen schöne Geschichten über die Herkunft einiger Lieder.

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Jung und Alt halten Kerzen in den Händen, tragen Weihnachtsmützen und singen Weihnachtslieder. (Foto: Britta Pedersen dpa/lbn)
Bild: picture-alliance/dpa

Weimar, Winter 1813: Nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig ziehen sich Napoleons Truppen plündernd Richtung Westen zurück. Im Gepäck haben sie eine todbringende Krankheit, der tausende Menschen zum Opfer fallen: Typhus. Auch der in Weimar lebende Satiriker, Theologe und Pionier der Sozialpädagogik Johannes Daniel Falk ist von der Epidemie betroffen: Innerhalb weniger Wochen sterben vier seiner Kinder, Falk selbst entgeht dem Tod nur knapp.

Freunde in Not

"Gott schenkt dir das Leben, weil er weiß, dass du ein Herz voll Liebe für deine Mitmenschen hast", notiert er damals in sein Tagebuch: "Das sollst du nun den Kindern zuwenden, die jetzt ihre Eltern verloren haben." In dieser Nacht sei er vom Satiriker zum praktizierenden Christen geworden. Er gründet die "Gesellschaft der Freunde in der Not" sowie ein Kinder- und Jugendhaus "Lutherhof". Bis zu seinem Tod im Jahre 1826 finden 500 der vielen Weimarer Waisenkinder hier eine neue Heimat. Der "Vater der Waisen" unterrichtet sie und vermittelt ihnen Ausbildungsplätze.

Der Stich zeigt ein Massengrab waehrend der Typhusepidemie 1809, in das nackte Kürper geworfen werden. (Foto: picture-alliance/akg-images)
Der Krieg bringt TyphusBild: picture-alliance/akg-images

Lied für Waisenkinder

In seiner Sonntagsschule wird regelmäßig gemeinsam gesungen. Auch 1616, als Falk mit den Kindern für die Weihnachtsfeier ein neues Lied einstudiert: "O du fröhliche". Den Text hat er selbst geschrieben, die Melodie stammt aus Sizilien: "O Sanctissima" - ein Marienlied, das die Fischer in Süditalien noch heute singen, bevor sie mit ihren Booten aufs Meer fahren. Die Legende besagt, der Waisenvater hätte sie einem kleinen italienischen Jungen abgelauscht. Tatsächlich hatte Falk die Melodie in einer Volksliedsammlung seines Freundes Johann Gottfried Herder entdeckt, den "Stimmen der Völker" aus dem Jahr 1807.

Fischer in Süditalien bearbeiten ihren frischen Fang direkt an den Booten. (Foto: picture-alliance/Bildagentur-online)
Fischer in SüditalienBild: picture-alliance/Bildagentur-online

Glückselig strahlend

Folgt man Eintragungen in Falks Tagebuch, scheint das neue Lied den Kindern im "Lutherhof" auf Anhieb gefallen zu haben: "Ich freue mich der Andacht, mit der sie meine Lieder singen, und der Geschwindigkeit, mit welcher sie sie lernen. Sonderlich mit 'O du fröhliche, o du selige' ist's mir geglückt. Ich sprach es den Kindern in der Sonntagsschule zweimal vor, da konnten sie es alle. Und mir gehen die Augen über, wenn nun die Kinder mit glückselig strahlenden Augen das Lied anheben, das ich für sie gedichtet."