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Schonzeit für Beate Zschäpe

Marcel Fürstenau11. März 2015

Der Hauptangeklagten werden ein paar Erleichterungen gewährt. Dadurch könnte sich das Strafverfahren um den rechtsextremistischen Terror des "Nationalsozialistischen Untergrunds" noch weiter in die Länge ziehen.

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"Angeklagte Beate Zschäpe" steht auf dem Namensschild für den NSU-Prozess (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

So viele Fotos und Bildsequenzen wie von ihr dürfte es von keiner anderen Person aus einem deutschen Gerichtssaal geben. Seit dem 6. Mai 2013 warteten zahlreiche Kameraleute an jedem Verhandlungstag auf Beate Zschäpe, der Hauptangeklagten im Strafverfahren gegen den Nationalsozialistischen Untergrund. Das mediale Interesse an der wegen zehnfachen Mordes, Sprengstoffanschlägen und Banküberfällen angeklagten Frau ist auch nach 22 Monaten ungebrochen. Kein Wunder, denn die 40-Jährige ist das Gesicht zu der rassistisch motivierten Mordserie. Ihre mutmaßlichen Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos können nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Sie starben am 4. November 2011 in einem brennenden Wohnmobil.

Das tägliche Foto-Shooting mit Zschäpe im Saal 101 A des Münchener Oberlandesgerichts ist seit der vergangenen Woche allerdings Vergangenheit. Auf Antrag ihrer Verteidiger entschied der Vorsitzende Richter Manfred Götzl, Auftaktbilder dürften nur noch an jedem ersten und siebten Verhandlungstag eines Monats gemacht werden. Damit kommt er dem Wunsch der Hauptangeklagten nach mehr Ruhe entgegen. Der presserechtlich durchaus kritisch zu betrachtenden Einschränkung liegen aber auch andere Überlegungen zugrunde. Die zuletzt erkennbar angeschlagene Zschäpe könnte im Falle der Verhandlungsunfähigkeit den NSU-Prozess schlimmstenfalls zum Platzen bringen.

Im Terminkalender stehen Verhandlungstage bis Januar 2016

Ab sofort gibt es also weniger Bildmaterial von Zschäpe. Und auch die Zahl der wöchentlichen Verhandlungstage wurde reduziert, von drei auf zwei. Der NSU-Prozess könnte sich also weiter in die Länge ziehen. Schon vor den jetzt wirksam gewordenen Einschränkungen waren vorsorglich Termine bis Januar 2016 angesetzt worden. In der ersten April-Hälfte wird das Strafverfahren wegen der Osterferien ohnehin unterbrochen sein. Ob sich Zschäpe anschließend wieder dreimal wöchentlich im Gerichtssaal einfinden muss, dürfte entscheidend von der Einschätzung des Psychiaters Norbert Nedopil abhängen. Der erfahrene Gutachter hatte nach einem Gespräch mit Zschäpe dazu geraten, sie im NSU-Prozess zu entlasten.

Beate Zschäpe lehnt am 6. Mai 2013 zum Auftakt des NSU-Prozesses lässig an einem Stuhl (Foto: Peter Kneffel/dpa)
6. Mai 2013 - der Tag, an dem sich Beate Zschäpe (r.) erstmals im Gerichtssaal blicken lassen mussteBild: picture-alliance/dpa/Peter Kneffel/

Ihre anfangs zur Schau getragene Selbstsicherheit hat die Rechtsextremistin längst eingebüßt. In den ersten Monaten erschien Zschäpe häufiger in einem blauen Kostüm, das dunkle Haar trug sie offen. Das Blitzlichtgewitter schien lange spurlos an ihr vorbeizugehen. Allerdings bleiben den Fotografen und Kameraleuten, wenn sie zugelassen sind, ohnehin nur Sekundenbruchteile für eine Frontalaufnahme. Denn nach dem Betreten des Saals dreht sich Zschäpe jedes Mal abrupt um und lässt sich von ihren drei Pflichtverteidigern abschirmen. Dieses Ritual kann sie sich jetzt vorübergehend ersparen.

Frische Zschäpe-Bilder könnte es am 25. März geben

Regelmäßige Prozess-Beobachter werden jetzt noch genauer hinschauen, ob sich an Zschäpes insgesamt labil erscheinendem Zustand etwas ändert. Dass es ihr schlechter geht, dafür lieferte sie selbst spätestens seit dem Sommer vergangenen Jahres immer wieder Anhaltspunkte. Im Juli entzog sie ihren Verteidigern das Vertrauen, konnte dem Gericht aber keine überzeugende Begründung dafür liefern. Deshalb muss sich Zschäpe weiterhin von dem Trio Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm vertreten lassen. Rein äußerlich erwecken die Vier ohnehin einen eher harmonischen Eindruck. Oft plaudern sie angeregt miteinander und lachen dabei mitunter auch.

Solche Momentaufnahmen können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Prozess tiefe Spuren bei ihr hinterlassen hat. Sie sitzt seit dem 8. November 2011 in Haft, damals stellte sie sich freiwillig der Polizei. Vier Tage zuvor war der NSU aufgeflogen. Eineinhalb Jahre danach begann der Prozess. Nach 191 Verhandlungstagen zeichnet sich ab, dass Zschäpe mit einer hohen Haftstrafe rechnen muss. Die Strategie, vom ersten Tag an zu schweigen, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auszahlen. Diese Einsicht zehrt zusätzlich an den Nerven. Das kann die mutmaßliche Mörderin auch kaum mehr verbergen. Am Mittwoch betrat eine blasse Frau mit eingefallenen Gesichtszügen den Gerichtssaal. Aktuelle Aufnahmen gibt es davon nicht. Bilder von Zschäpe dürfen erst wieder am 25. März gemacht werden, dem planmäßig siebten Verhandlungstag in diesem Monat.