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FAQs: NSA-Untersuchungsausschuss

Monika Griebeler3. April 2014

Wie sehr wurden Deutsche ausspioniert? Was wusste Deutschland? Was kann man gegen Spionage tun? Die offenen Fragen der NSA-Affäre klärt jetzt ein Untersuchungsausschuss - alle Fakten im Überblick.

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NSA Untersuchungsausschuss 03.04.2014
Bild: picture-alliance/dpa

Womit befasst sich der Ausschuss?

Das #merkelphone gab letztlich den Ausschlag: Im Sommer 2013 wurde bekannt, dass der US-Geheimdienst NSA das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel ausspioniert hat - genauso wie die Daten tausender deutscher Bürger und Unternehmen.

Der Untersuchungsausschuss soll jetzt klären, wie weit diese Massenüberwachung durch ausländische Geheimdienste tatsächlich ging: Welche Daten haben die Dienste des sogenannten "Five Eye"-Bündnisses gesammelt und wie? In diesem sehr exklusiven Club der "fünf Augen" haben sich die Geheimdienste aus den USA (NSA), Großbritannien (GCHQ), Kanada (CSEC), Australien (ASD) und Neuseeland (GCSB) zusammengeschlossen.

Außerdem will der Ausschuss klären, was deutsche Regierungsbehörden und Geheimdienste über die Spionage wussten - und vielleicht sogar für eigene Zwecke genutzt haben: Hat etwa der Bundesnachrichtendienst Daten mit der NSA ausgetauscht, die er selbst nicht erheben durfte?

Und im dritten Schritt geht es um die Frage, wie Daten und digitale Verbindungen künftig vor Überwachung geschützt werden können.

Wer sitzt im Ausschuss?

Der Ausschuss besteht aus acht Mitgliedern: Die Regierungskoalition stellt mit sechs Vertretern die Mehrheit - vier von CDU/CSU, zwei von der SPD. Die Opposition aus Linken und Grünen entsendet jeweils ein Mitglied. Damit erreichen sie den nötigen Stimmenanteil von 25 Prozent, um selbst Zeugen zu benennen oder Akteneinsicht zu beantragen - auch gegen den Willen der Regierungsvertreter.

Clemens Binninger, Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses (Foto: Cuneyt Karadag / Anadolu Agency)
Hat das Sagen: der Ausschuss-Vorsitzende Clemens BinningerBild: picture alliance/AA

Vorsitzender ist der CDU-Abgeordnete Clemens Binninger. Er ist seit 2002 Mitglied des Bundestages und saß zuletzt im Untersuchungsausschuss zur "Terrorgruppe nationalsozialistischer Untergrund" (NSU).

Was sind die Streitpunkte?

Regierung und Opposition verfolgen unterschiedliche Strategien, was die Arbeit im Ausschuss angeht: Grüne und Linke plädieren für ein fokussiertes Vorgehen. Alle zentralen Zeugen - von Edward Snowden bis zum deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier - sollen möglichst gleich zu Beginn vernommen werden. Die Opposition interessiert vor allem Wissen und Rolle der Regierungsbehörden in der NSA-Affäre. Die große Koalition will sich dagegen lieber an einer eher breiten Aufklärung versuchen - und setzt sich mit diesem Vorgehen durch: In den ersten Sitzungen kommen Sachverständige zu Wort, die rechtliche und technische Fragen klären; ab Juni werden dann Zeugen geladen.

Wird Edward Snowden aussagen?

Letztlich hängt das von ihm ab. Ausländer sind nicht verpflichtet, vor dem Ausschuss zu erscheinen oder auszusagen.

Laden will ihn der Ausschuss aber, das zeichnete sich bereits nach dessen erster Sitzung ab. Grüne und Linkspartei sagen schon länger, dass sie Snowden auf jeden Fall anhören wollen - und genau das haben sie nun im Ausschuss beantragt. Union und SPD zeigen sich diesem Wunsch gegenüber aufgeschlossen und werden ihn wohl mittragen.

Edward Snowden (Foto: picture alliance/dpa)
Hat schon viel gesagt: Whistleblower Edward SnowdenBild: picture-alliance/dpa

Die Koalitionsabgeordneten sind allerdings skeptisch, ob eine Aussage Snowdens zur Aufklärung beiträgt. Der Whistleblower hatte selbst gesagt, dass er alle NSA-Dokumente an die Medien übergeben habe und somit nicht über weiteres Wissen verfüge.

Eine zusätzliche Schwierigkeit: Sollte Snowden, der in Russland Asyl beantragt hat, nach Deutschland reisen wollen, müssen die deutschen Behörden ihm freies Geleit und Schutz vor Auslieferung gewähren.

Für die Aussage von NSA-Mitarbeitern oder Akteneinsicht ist der Untersuchungsausschuss auch auf die Kooperation der anderen Regierungen angewiesen - und deren Wille zur Zusammenarbeit scheint sehr begrenzt.

Wie reagieren die USA?

Mit Schweigen. Auf mehrere Anfragen an die US-Botschaft erhielt die Bundesregierung keine Antwort. Die Briten teilten nur mit, dass sie nichts mitteilen werden. Das musste die große Koalition jetzt einräumen. Linkenpolitiker Jan Korte kritisiert, dass die Regierung "offenbar auch nichts unternommen (hat), um überhaupt eine Reaktion von ihren 'befreundeten Geheimdiensten' zu bekommen."

CDU-Vertreter Patrick Sensburg hingegen gibt sich optimistisch. "Wenn Herr Obama ernst nimmt, was er gesagt hat, dann wird er es ermöglichen, dass Zeugen von der NSA aussagen."

Und der deutsche Geheimdienst?

Eigentlich liegt der Fokus des Untersuchungsausschusses auf der Massenüberwachung durch ausländische Geheimdienste. Da aber vermutlich kaum Akten oder Zeugen von NSA oder GCHQ behandelt werden können, wird der Fokus vermutlich auf Deutschland liegen. Auch deshalb blicken die deutschen Geheimdienste mit großer Sorge auf die Arbeit des Ausschusses: Die Mitglieder könnten sich (zu) intensiv mit der Arbeit des Bundesnachrichtendienstes auseinandersetzen - oder vertrauliche Argumente könnten an die Öffentlichkeit gelangen.

Wann liegen Ergebnisse vor?

Ein dreiviertel Jahr hat es gedauert, bis der Ausschuss überhaupt zustande kam. Ausschuss-Chef Clemens Binninger kündigte an, dass sich die Mitglieder zwei Jahre lang in jeder Sitzungswoche des Bundestags ganztags zusammensetzen werden.

Die Arbeit wird sich auch deshalb so lange hinziehen, weil voraussichtlich Verschlusssachen der Stufe "Streng geheim" vorgelegt werden sollen. Um diese einsehen zu dürfen, müssen die Mitglieder eine sehr umfangreiche Sicherheitsprüfung durchlaufen. Das dauert - im Schnitt neun Monate. Und es ist nicht gesagt, dass jedes Ausschussmitglied diese ausführliche Kontrolle der eigenen Person und ihres Umfelds besteht.

Ob also die Arbeit zu einem Ergebnis führt, stellt selbst Binninger in Frage: "Vielleicht stehen wir am Ende mit leeren Händen da."