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Pofalla beschwichtigt in Spähaffäre

Marcel Fürstenau25. Juli 2013

Der Chef des Bundeskanzleramts, Pofalla, informiert über die Zusammenarbeit deutscher Nachrichtendienste mit den USA. Die Opposition ist damit unzufrieden, muss aber selber mit kritischen Fragen rechnen.

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Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) stellt sich in Berlin zur Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums den Fragen der Journalisten. (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Die deutschen Nachrichtendienste arbeiten nach Recht und Gesetz", sagte Angela Merkels Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla nach einer dreistündigen Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) in Berlin. Der Datenschutz werde "zu hundert Prozent" eingehalten, ergänzte der CDU-Politiker. Damit trat Pofalla dem Vorwurf der Opposition entgegen, deutsche Nachrichtendienste würden im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA gegen nationales Recht verstoßen.

Ausgelöst wurde die Affäre durch den Whistleblower Edward Snowden, der jahrelang für die NSA tätig gewesen war. Sein Hauptvorwurf: Die USA, aber auch Großbritannien würden weltweit millionenfach die elektronische Kommunikation anzapfen. Seinen Aussagen zufolge soll sich vor allem der Bundesnachrichtendienst (BND) dabei hervorgetan haben. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" habe sich BND-Präsident Gerhard Schindler gegenüber den USA dafür stark gemacht, das deutsche Datenschutzrecht großzügig im Sinne der NSA auszulegen.

BND gab Datensätze an NSA weiter

Nach Angaben mehrerer PKGr-Mitglieder habe Schindler in der Sondersitzung des Gremiums über die Weitergabe von zwei Datensätzen an die USA berichtet. Kanzleramtschef Pofalla rechtfertigte diese Maßnahme anschließend vor der Presse mit dem "Schutz" von zwei entführten Deutschen. Eine der beiden Personen sei inzwischen wieder frei. Diese Fakten seien allen Fraktionen des Bundestages bekannt gewesen, fügte Pofalla hinzu. Der Geheimdienst-Koordinator der Bundesregierung wollte seine Aussagen allerdings nicht als "Rechtfertigung" der Vorwürfe gegen die NSA verstanden wissen, "wenn diese denn zutreffen sollten".

NSA-Affäre: Keine Rechtsverstöße?

Die Mehrheit der Deutschen hält die Bundesregierung in der NSA-Affäre für unglaubwürdig. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag des TV-Senders "N 24" vermuten 74 Prozent, Kanzleramtsminister Pofalla habe von den Überwachungsprogrammen der USA gewusst. Und gut die Hälfte glaubt demnach, dass auch Kanzlerin Merkel im Bilde war.

Ströbele: "Es wird weiter spioniert"

Weiterhin unzufrieden mit den Informationen Pofallas und der Geheimdienstpräsidenten sind auch die Oppositions-Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Der PKGr-Vorsitzende Thomas Oppermann (SPD) kündigte weitere Sondersitzungen in der bis Ende August dauernden parlamentarischen Sommerpause an. "Auf die wichtigen Fragen haben wir auch heute keine Antworten bekommen", beklagte Oppermann.

Unbeantwortet sind aus seiner Sicht insbesondere Fragen zu Art und Umfang des US-Spähprogramms "Prism". Zwar sei dem PKGr eine Erklärung des US-Geheimdienstes NSA vorgelegt worden, aber der BND und der Verfassungsschutz hätten "immer noch keine Erkennstnisse über Aktivitäten von US-Diensten auf deutschem Boden", bedauerte Oppermann. Der Grünen-Vertreter im Kontrollgremium, Hans-Christian Ströbele, forderte die Bundesregierung auf, darauf zu drängen, den Einsatz von "Prism" sofort zu stoppen. "Es wird weiter spioniert, während wir hier reden", empörte sich Ströbele.

FDP will Steinmeier in die nächste Sitzung einladen

Bei aller Kritik der Opposition einschließlich der Linken könnte die NSA-Affäre auch für die SPD und die Grünen brisant werden. In ihre gemeinsame Regierungszeit fielen die Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA. Kanzler Gerhard Schröder (SPD) versprach den USA damals die "uneingeschränkte Solidarität" Deutschlands. Die rot-grüne Koalition habe 2005 die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Daten an die USA übermittelt werden dürften, deren Weitergabe bis dahin nicht möglich war, sagte Geheimdienst-Koordinator Pofalla. Das Gesetz sei dann 2009 unter der amtierenden konservativ-liberalen Regierung verabschiedet worden.

Einer der Vorgänger Pofallas als Kanzleramtschef und damit zugleich Geheimdienst-Koordinator war der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier. Der FDP-Vertreter im PKGr, Hartfrid Wolff, kündigte deshalb an, Steinmeier und den früheren BND-Chef Ernst Uhrlau in die nächste Sitzung des Gremiums einzuladen. Die NSA-Affäre könnte also auch für die heutigen Oppositionsparteien SPD und Grüne durchaus noch unangenehm werden.