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Eurogruppe will nicht entscheiden

Bernd Riegert24. April 2015

Der Höhepunkt im griechischen Schuldendrama wird wieder verschoben. Entscheidungen sollen bei den EU-Finanzministern in Riga nun doch nicht fallen. Griechenland pokert weiter. Aus Riga berichtet Bernd Riegert.

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Symbolbild Hilfe für Griechenland Foto: picture-alliance/dpa/Berg
Bild: picture-alliance/dpa/Berg

"Ich bin schon einigermaßen genervt", sagte der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling zu Beginn der informellen Sitzung der Euro-Gruppe in Riga. Schelling machte aus seinem Herzen keine Mördergrube und kritisierte die griechische Regierung scharf. Sie habe entgegen anderslautender Behauptungen keine Zahlen vorgelegt. "Wir wissen immer noch nicht, wie es dem Staat eigentlich geht." So könne man nicht weitermachen. Jetzt müssten endlich Entscheidungen her. "Es tut mir leid, dass ich sie immer wieder vertrösten muss, aber ich erfahre Genaues auch eher aus der Presse als von der griechischen Regierung", sagte Schelling vor Reportern in Riga.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis betrat dagegen wortlos, aber breit lächelnd das Konferenzgebäude, die Nationalbibliothek in der lettischen Hauptstadt Riga. Während der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, sich in der Eingangshalle abmühte, die Verhandlungsposition der Geldgeber zu erklären, gestikulierte Varoufakis im Vorbeigehen hinter Dijsselbloems Rücken. "Lass den mal reden", schien der griechische Ressortchef mit seinen Handbewegungen sagen zu wollen. "Auf der persönlichen Ebene kommt man mit Varoufakis ganz gut klar", aber in der Sache passiere halt nichts, beschrieb der österreichische Finanzminister Schelling die Gesprächsatmosphäre.

Schelling Foto: "picture alliance/APA/picturedesk.com
Schelling: Wir brauchen neues VertrauenBild: picture alliance/APA/picturedesk.com

Fristen werden weiter verschoben

Am 20. Februar hatten Varoufakis und die übrigen 18 Finanzminister der Euro-Währungsgemeinschaft vereinbart, das laufende Hilfsprogramm für Griechenland zu verlängern. Bis Ende April sollte Athen nachweisen, dass Reformen ernsthaft angegangen werden, damit die nächsten Hilfs-Milliarden ausgezahlt werden können. Doch seit Wochen kommen die notwendigen Gespräche zwischen den Geldgebern, den drei Institutionen Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds nicht voran. Immer wieder gab es gegenseitige Vorwürfe. Oft war von der kurz bevorstehenden Pleite des griechischen Staates die Rede.

Varoufakis Foto: Reuters/I. Kalnins
Varoufakis: Einigung nächste Woche?Bild: Reuters/I. Kalnins

Eigentlich sollten hier in Riga die Entscheidungen zur Auszahlung der ersten von noch 7,2 zur Verfügung stehenden Milliarden Euro fallen. Davon wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nun nichts mehr wissen. Auffallend zurückhaltend sagte Schäuble, man habe noch Zeit. Das verlängerte Hilfsprogramm für Griechenland laufe schließlich noch bis Ende Juni. "Ich glaube, dass mit den Spekulationen niemandem gedient ist. Wir hören ja, dass intensiv gearbeitet wird", sagte Schäuble. Mitte Mai sei ja schon die nächste ordentliche Sitzung der Eurogruppe und der EU-Finanzminister vorgesehen.

Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hatte vor seiner Reise nach Riga davon gesprochen, dass er am Ziel, bis Ende April eine Einigung zu erreichen, festhalte. Er sprach von einem erneuten Sondertreffen der Euro-Finanzminister Ende kommender Woche. Davon wollte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in Riga zunächst nichts wissen. "Jetzt warten wir erst einmal ab. Es tut mir ja leid, dass ich Sie enttäuschen muss. Es ist aber schön, dass Sie alle gekommen sind. Genießen Sie die Schönheiten des Landes", riet Schäuble den fragenden Journalisten lächelnd.

Merkel und Tsipras machen wenig Fortschritte

Am Donnerstag hatten sich in Brüssel am Rande des EU-Sondergipfels zu Flüchtlingen bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras zu einem kurzen Gespräch getroffen. Über die Inhalte hatten beide eigentlich strenges Stillschweigen vereinbart. Dennoch wurde über griechische Regierungskreise und Medien bekannt, dass die Gespräche konstruktiv gewesen seien. Beide Regierungschefs stimmten darüber ein, dass der Haushaltsüberschuss in Griechenland in diesem und im nächsten Jahr geringer ausfallen könne als ursprünglich geplant. Der so genannte Primärüberschuss ist notwendig, um die Schuldenlast Griechenlands tragfähig zu halten. Die Links-Rechts-Koalition in Athen will den Überschuss aber eher nutzen, um Sozialausgaben zu finanzieren. Wirtschaftsexperten gehen aber inzwischen davon aus, dass wegen der unsicheren Lage in Griechenland der geplante Primärüberschuss sowieso nicht zustande kommen wird. Angela Merkel hat Alexis Tsipras wohl noch einmal klar gemacht, dass die Euro-Gruppe in die Lage versetzt werden müsse, Entscheidungen zu treffen. Dazu sind konkrete Vorschläge Griechenlands notwendig. Tsipras soll von einer Lösung bis Ende April gesprochen haben.

Merkel und Tsipras Foto: r
Merkel und Tsipras in Brüssel: Konstruktiv, aber vertraulichBild: r

In Riga bei den Finanzministern der Euro-Gruppe wird es jetzt erst einmal darum gehen, wieder Vertrauen zwischen Griechenland und den übrigen Mitgliedern aufzubauen. Der österreichische Finanzminister Schelling sagte. "Es kann nicht sein, dass Dinge vereinbart werden und dann am nächsten Tag über die Medien alles wieder völlig anders transportiert wird. Das ist die wichtigste Voraussetzung, dass wir zu einer Lösung kommen, dass wir die Vertrauensbasis herstellen." Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Währungsgemeinschaft schloss Schelling aus. "Das ist formalrechtlich gar nicht möglich." Möglich wäre ein Austritt aus der Europäischen Union insgesamt. Das hätte politisch große Folgen. Das wünsche sich niemand.

EZB sagt Banken weitere Nothilfen zu

Unterdessen könnte es sein, dass Griechenland dank der Europäischen Zentralbank (EZB) eine finanzielle Atempause bekommt. EZB-Chef Draghi sagte heute, man sei bereit, den griechischen Banken weiter unter die Arme zu greifen. Voraussetzung für anhaltende Nothilfen sei aber, dass die Institute solvent seien und Sicherheiten hinterlegen könnten. Draghi sagte zudem, in den vergangenen Tagen habe es Fortschritte in den Verhandlungen mit der Athener Regierung gegeben.