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Nigeria setzt auf Reisanbau

13. April 2011

Nigeria besitzt einen der wertvollsten Rohstoffe der Welt: Öl. Doch die meisten der 152 Millionen Einwohner sind arm. Der Reis soll nun halten, was bisher das Öl versprach: das Land in eine blühende Zukunft führen.

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Männer auf einem Reisfeld in Nigeria dreschen Reis.
Ein hartes Geschäft: Reisernte in Kano, NigeriaBild: DW

Hajia Garba beugt sich weit nach vorn. Noch etwas mehr. Angelt nach einer Rispe. Zu spät. Langsam versinken ihre Füße im Schlamm. Inklusive der Schuhe. Die studierte Biologin und Frauenrechtlerin steht in Yantomo, einem Dorf weit im Norden Nigerias, am Rande eines satt grünen Reisfeldes, und das nicht ohne Stolz. "Meine Güte. Diesen Reis auf den Tisch zu bringen - das ist keine leichte Aufgabe!", betont Hajia und streicht anerkennend Kyauta, der Eigentümerin des Ackers, über die Schulter.

Hajia Garba, Gründerin von WOFAN, dem Women Farmers Advancement Network
Hajia Garba, Gründerin von WOFANBild: DW

Hajia Garba ist Gründerin, gute Seele und Antriebsmotor der Organisation WOFAN, des Women Farmers Advancement Networks. "Es geht darum, ein Bewusstsein zu schaffen unter diesen weniger privilegierten Frauen", sagt Hajia. Frauen, die nicht die Möglichkeit hatten, zur Schule zu gehen. Mit ihnen will sie ihr Wissen teilen. Sie will sie ausstatten mit dem Rüstzeug, ihr Leben selbst zu gestalten, am besten als Kleinbäuerin, auch ohne Studium und ohne großes Kapital. WOFAN unterstützt Kooperativen mit jeweils zehn bis 20 Mitgliedern, zeigt ihnen nachhaltigen Feldlandbau, informiert sie über die Aufbereitung sauberen Trinkwassers oder vergibt Kleinkredite.

Handarbeit - Schwerstarbeit

Kyauta Alhaji streckt ihre Hände vor. Große Hände mit Schwielen. "Alles machen wir mit unseren bloßen Händen. Wir sprühen Unkrautbekämpfungsmittel, zupfen von Schädlingen befallene Pflanzen aus dem Boden, graben Wasserkanäle in das Feld." Während der Ernte stehe sie den ganzen Morgen bis zu den Knöcheln im Wasser, sichelt ein Bündel Reis nach dem anderen. Mittags brennt die Sonne zu heiß vom Himmel. Also gehe sie am späten Nachmittag noch mal aufs Feld.

Die Nigerianerin Kyauta Alhaji begutachtet ein Reisfeld.
Kyauta Alhaji wirft einen prüfenden Blick auf das ReisfeldBild: DW

Kyauta und die 19 anderen Frauen der Kooperative von Yantomo kauften über einen Kredit von WOFAN zuerst Land, später Reissamen und Dünger, dann Herbizide. Heute stehen die Setzlinge kniehoch und wippen mit den Köpfen im Wind.

Auf dem Nachbarfeld steht Bauer Sama’ila Nagona im Staub der umher fliegenden Spreu und schimpft. "Für junge Landwirte ist der Reisanbau heute ein Verlustgeschäft. Man investiert viel Geld und stellt am Ende fest, nach all dem Pflügen, Sähen, Ernten, bekommt man auf dem Markt für einen 50-Kilo-Sack gerade einmal 2.500 Naira." Das entspricht knapp zwölf Euro für ungemahlenen Reis. Der importierte Reis wird für bis zu 42 Euro verkauft. "Und natürlich bevorzugen die reichen Leute den importierten Reis. Wegen der Qualität", sagt Sama’ila. Er hebt den Finger und setzt noch nach. "Ich appelliere an unsere Regierungsmitglieder: Kauft unseren lokalen Reis!"

Drei mal mehr

Viele würden sicher gern den im eigenen Land produzierten Reis kaufen, doch der genügt ihren Ansprüchen nicht. Vor allem die Städter klagen, das Korn sei zu klein, zu unrein.

In der Hand einer Nigerianerin sind lose Reiskörner zu sehen.
Der einheimische Reis entspricht nicht dem Qualitätsanspruch vieler NigerianerBild: DW/Stefanie Duckstein

Das liege an der mangelhaften Weiterverarbeitung nach der Ernte, gibt Muhammad Kura zu: "Aber wir arbeiten daran!" Der Geschäftsführer von KNARDA (Kano State Agricultural and Rural Development Authority), der Landwirtschaftsbehörde des Bundesstaates Kano, blickt in eine segensreiche Zukunft des Reisanbaus. Seine Behörde untersteht direkt dem Landwirtschaftsministerium.

Nigeria, schon jetzt der bedeutendste Reisproduzent Westafrikas, verfolgt den ehrgeizigen Plan, die Reisproduktion in den nächsten zehn Jahren zu verdreifachen, bestätigt Kura und macht eine bedeutungsvolle Pause. "Unser jährlicher Bedarf liegt bei etwa fünf Millionen Tonnen Reis. Aber wir produzieren nur ca. 3,5 Millionen Tonnen im Jahr. Und bedenkt man, dass Nigeria auch seine Nachbarländer versorgt, dann liegt der Bedarf sogar bei etwa sieben Millionen Tonnen."

Die Politik macht’s - nicht immer richtig

Kura will eine konsistentere Politik. Da gebe es noch zu viele Ungereimtheiten. "Kürzlich war der importierte Reis drei Euro billiger als der nigerianische. Das darf nicht sein", sagt Kura.

Nigerianerinnen mörsern Reis mit langen Hölzern.
Die Frauen von Yantomo ernten, mahlen und verpacken den Reis von Hand.Bild: DW/Stefanie Duckstein

Ein anderes Problem sei der geringe Grad der Mechanisierung, und auch der Ausbau der Infrastruktur liefe nur schleppend an. Das müsse sich alles ändern, meint Kura und setzt auf die neuen Strassen, die im Bundesstaat Kano entstehen. So können die Landwirte ihre Produkte schneller und weiter transportieren.

Auch in Fortbildungen werde verstärkt investiert, so Kura, und anhand von Subventionen - zum Beispiel von Düngemitteln - werde versucht, den Bauern unter die Arme zu greifen.

Und während Muhammad Kura von einer Zukunft Nigerias mit Großfarmen und Erntemaschinen spricht, mahlen 50 Kilometer weiter südlich die Frauen der Kooperative von Yantomo den Reis wie eh und je - von Hand.

Autorin: Stefanie Duckstein

Redaktion: Beatrix Beuthner