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Nicht getestet und für gut befunden

Gudrun Heise12. August 2014

Die Not ist zu groß für Formalismus: Eine Expertenrunde der Weltgesundheits-Organisation setzt sich über pharmakologische Grundsätze hinweg und stimmt dem Einsatz von nicht ausreichend getesteten Ebola-Präparaten zu.

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Ebola Krankenhaus Sierra Leone 11.08.2014
Bild: picture alliance/AP Photo

"Der Einsatz von experimentellen Wirkstoffen im Kampf gegen Ebola ist vertretbar". Das ist das Ergebnis einer Expertenrunde der WHO. "Angesichts der besonderen Umstände dieses Ausbruchs und unter der Voraussetzung, dass bestimmte Bedingungen erfüllt werden", heißt es weiter. In dem Experten-Komitee waren Medizinethiker, Wissenschaftler sowie Laien aus den Ländern, die von Ebola besonders betroffen sind.

Auch wenn die Wirksamkeit experimenteller, noch nicht getesteter Stoffe nicht bewiesen ist und eventuelle Nebenwirkungen derartiger Mittel nicht bekannt sind, seien Behandlungen ethisch vertretbar, erklärte die WHO.

Liberia ist das erste westafrikanische Land, in dem das Medikament ZMapp bei Patienten eingesetzt werden soll. Dabei handelt es sich um Ärzte, die sich bei der Behandlung von Ebola-Kranken mit dem Virus angesteckt haben. Präsident Obama und die US-Gesundheitsbehörden haben dem Einsatz von ZMapp zugestimmt. Vertreter der Herstellerfirma erklärten, man habe den gesamten Bestand kostenlos nach Westafrika geschickt.

Risiko-Nutzen-Analyse?

Auch wurde bekannt, dass ein spanische Geistlicher, der von Liberia nach Madrid zur Behandlung geflogen worden war, an der Ebola-Infektion gestorben ist. Ihm war ZMapp verabreicht worden. Dasselbe Mittel hatten auch der amerikanische Arzt Kent Brantly und die Missionarin Nancy Writebol erhalten. "Noch immer ist nicht klar, ob der verbesserte Zustand der beiden Amerikaner wirklich auf ZMapp zurückzuführen ist oder ob die beiden einfach zu den 40 Prozent gehören, die überleben", sagt David Heymann. Er ist Vorsitzender der "United Kingdom's Health Protection Agency" und beschäftigt sich als Infektionsspezialist seit Jahrzehnten mit Epidemien. So gehörte schon beim ersten Ausbruch von Ebola 1976 zum Team, das sich mit dieser Virusinfektion auseinandergesetzt hat.

Miguel Pajares Priester aus Spanien Archivbild (Foto: EPA/FUNDACION JUAN CIUDAD ONGD)
Priester Miguel Pajares starb an EbolaBild: picture-alliance/dpa/Fundacion Juan Ciudad ONGD

Das grundsätzliche Problem beruhe auf einer Risiko-Nutzen-Analyse, erklärt Heymann. "Wenn eine Regierung mit der WHO und entsprechenden Produzenten von Medikamenten zusammenarbeitet und zeigt, dass das Risiko gering ist, dann könnte sie es theoretisch unter strengen Auflagen an Patienten vergeben. Das gilt, auch wenn dieses Medikament noch nicht beim Menschen getestet wurde."

Bei der Vergabe solcher Mittel müssten ethische Vorgaben eingehalten werden, erklärten die Experten der WHO. "Dazu gehört jegliche Transparenz bei der Behandlung der betreffenden Patienten und deren Einverständnis, das auf seriösen Informationen beruhen muss, die ärztliche Schweigepflicht gegenüber Dritten und der Respekt gegenüber der Würde der Patienten."

Symbolbild - Ebola in Liberia - Helfer tragen einen an Ebola Verstorbenen weg (Foto: EPA/AHMED JALLANZO)
Liberia erhält ZMapp kostenfreiBild: picture-alliance/dpa

David Heymann sieht es als absolut notwenig an, dass Medikamente, Impfstoffe, Forschungsprotokolle künftig früh genug vorliegen. "Diese Arbeit muss man vor dem nächsten Ausbruch erledigen. Wenn man sich die momentane Epidemie anschaut, könnte man bestimmte Maßnahmen beschleunigen."

Beschleunigen will die WHO nun auch die Frage, wie mögliche Medikamente in fairer Art und Weise an Länder, Gemeinden und Patienten verteilt werden können.