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Neue Kardinäle, alte und neue Fragen

Christoph Strack22. Februar 2014

Knapp ein Jahr nach seiner Wahl hat Papst Franziskus erstmals neue Mitglieder in das wichtigste Gremium der katholischen Kirche aufgenommen. Damit wird das Kardinalskollegium globaler - der Einfluss der Europäer sinkt.

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Konsistorium im Vatikan Ernennung Kardinal Gerhard Ludwig Müller 22.02.2014
Bild: picture-alliance/AP Photo

Als Papst Franziskus die 19 Geistlichen ins Kardinalskollegium aufnahm, war auch sein Vorgänger Benedikt XVI. zur Feier erschienen. Es war der erste öffentliche Auftritt des emeritierten Papstes bei einem Gottesdienst. Und erstmals begegneten sich zwei Päpste im Petersdom, wenige Meter vom Petrusgrab entfernt. Tausende Gläubige in der Kirche begrüßten den 86-Jährigen mit warmem Applaus.

Papst Franziskus trifft seinen Vorgänger im Petersdom (Foto: Getty)
Historisches Treffen im Petersdom: Papst Franziskus trifft seinen Vorgänger Benedikt XVI.Bild: Vincenzo Pinto/AFP/Getty Images

Die 19 neuen Kardinäle mahnte Papst Franziskus zum besonderen Einsatz für alle Christen, die verfolgt oder diskriminiert würden, und zum Gebet für alle Menschen, die wegen ihres Glaubens Unrecht erlitten. Die Kardinäle sollten für die Kirche "Männer des Friedens" sein und Frieden stiften.

Die Kardinäle sind die höchsten Würdenträger der katholischen Kirche und die wichtigsten Berater des Papstes, dem sie zur besonderen Treue verpflichtet sind. Und sie bilden - solange sie das 80. Lebensjahr nicht vollendet haben - den Kreis derer, die nach Tod oder Rücktritt des Papstes das neue Kirchenoberhaupt wählen. Mit der Aufnahme der neuen Kardinäle beträgt die Zahl der Papstwähler vorerst 122 - zwei mehr als die Regeln vorsehen. Ende des Jahres werden altersbedingt aber nur noch 113 Kardinäle zum Kreis der potenziellen Papstwähler zählen. Schon 2015 hätte Franziskus Gelegenheit, das Kollegium, dem auch fünf Deutsche angehören, noch stärker nach seinen Vorstellungen umzubauen. Sieben papstwahlberechtigte Kardinäle könnte Franziskus dann neu ernennen.

Internationalisierung

Die jetzt 19 neu ernannten Purpurträger stammen aus zwölf Ländern und zum größeren Teil nicht aus Europa. Es sind Bischöfe großer Diözesen der Weltkirche in Asien, Afrika und Lateinamerika. Der neue Kardinal aus Burkina Faso, Philippe Nakellentuba Ouedraogo, berichtete unlängst in einem Interview, wie ihn der Anruf aus Rom erreichte. Der 59-jährige Erzbischof, der sich selbst als einfacher Pfarrer aus der afrikanischen Savanne charakterisiert, legte den Hörer wieder auf - weil er an einen Telefonscherz glaubte. Erst ein weiterer Anruf aus dem Vatikan schaffte dann Klarheit.

Die Schweizer Garde vor dem Vatikan (Foto: Getty)
Die katholische Kirche ist stolz auf ihre Tradition - doch die Debatte über Reformen wird lauterBild: Reuters

Europas Dominanz schwindet

Industrieländer mit einem großen Bevölkerungsanteil von Katholiken wie die USA, Spanien und Frankreich wurden bei diesem Konsistorium gar nicht berücksichtigt und erhalten keine neuen Kardinäle. Noch für wenige Monate stammt exakt die Hälfte der Papstwähler aus Europa. Mit der nächsten Ernennungsrunde von Kardinälen im kommenden Jahr ist diese jahrhundertealte Dominanz endgültig Geschichte.

Und doch sind drei der engsten und einflussreichsten Mitarbeiter des Papstes, denen Franziskus nun auch den roten Kardinalshut überreichte, Europäer: der kürzlich ins Amt gekommene Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der Präfekt der Glaubenskongregation, der Deutsche Gerhard Ludwig Müller, und der Sekretär der Bischofssynode, Lorenzo Baldisseri.

Familie und Moral

Der Feier im Vatikan vorausgegangen waren Beratungen über den künftigen Kurs der katholischen Kirche. In welche Richtung soll die Kirche beim zentralen Thema Familie steuern? Mit 150 Kardinälen diskutierte der Papst zwei Tage lang auch über besonders umstrittene Themen wie die katholische Sexualmoral und den Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von der Eucharistie. Vor allem deutschsprachige Vertreter machten sich für eine Reform im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen stark. Auf uneingeschränkte Zustimmung trafen sie mit diesen Forderungen in den kontrovers verlaufenden Beratungen aber nicht.

Katholischer Priester bei der Ausgabe der Kommunion (Foto: dpa)
Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene? Die Basis drängtBild: imago

Ob sich am Ende die Reformer durchsetzen, dürfte sich schon bald zeigen. Zwei Synoden im Vatikan im Herbst 2014 und 2015 zum Thema Familie werden wohl zeigen, wie weit Papst Franziskus die Forderungen an der Basis berücksichtigen will.