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Neue Eiszeit zwischen USA und Pakistan

23. September 2011

Pakistans Geheimdienst führe in Afghanistan über die Haqqani-Gruppe einen Stellvertreterkrieg gegen die USA, sagt US-Admiral Mike Mullen. Die Beziehungen beider Länder haben einen neuen Tiefpunkt erreicht.

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US-Generalstabschef Mike Mullen greift Pakistans Geheimdienst an

Selten war die Rolle Pakistans im Krieg gegen den Terror eindeutig. Oft wurde dem strategischen Partner der USA vorgeworfen, den Terror in Afghanistan zu unterstützen – jedoch nie offiziell. Jetzt aber hat US-Generalstabschef Mike Mullen den pakistanischen Geheimdienst ISI in einer Rede öffentlich beschuldigt, durch die Haqqani-Gruppe indirekt Krieg gegen die USA und ihren Partner in Afghanistan zu führen: "Der pakistanische Geheimdienst soll seine enge Verbindungen zur Haqqani-Gruppe lösen und den Stellvertreterkrieg durch diese Gruppe gegen die USA aufgeben. Sonst werden wir keine Erfolge im Gesamtprozess erzielen können."

Haqqani-Gruppe für Anschläge verantwortlich

Dschalaludin Haqqani, Gründer des Haqqani-Netzwerks, vor zwei amerikanischen Cluster-Bomben
Dschalaludin Haqqani, Gründer des Haqqani-Netzwerks, vor zwei amerikanischen Cluster-BombenBild: picture-alliance/dpa

Das "Haqqani-Netzwerk" ist eine terroristisch-islamistische Organisation, die El-Kaida nahe steht. Die USA macht die Haqqani-Gruppe, deren Sitz in den westpakistanischen Stammesgebieten von Nord-Waziristan vermutet wird, für eine große Anzahl von Anschlägen in Afghanistan verantwortlich - unter anderem für den Anschlag auf das Kabuler Diplomatenviertel Mitte September.

Mullens Äußerungen belegen nach Ansicht des pakistanischen Journalisten Rahimullah Yusufzai, wie abgekühlt die Beziehungen zwischen Pakistan und USA inzwischen seien: "Jetzt sagen die Amerikaner offen, dass Pakistan die Haqqani-Gruppe zum eigenen Vorteil unterstützt und dass wir den Taliban und den aufständischen Gruppen in Afghanistan helfen. Ich denke, dass die Beziehungen, die schon vorher nicht gut waren, sich in Zukunft noch weiter verschlechtern werden."

Suche nach einem Sündenbock

Pakistan ist jedoch von den Unterstützungen der USA abhängig. Das pakistanische Militär erhält milliardenschwere Finanzhilfen aus den USA. Erst kürzlich wurden allerdings neue Bedingungen an diese Unterstützung geknüpft. Um weitere Gelder zu erhalten, solle Pakistan entschlossen gegen die Haqqani-Gruppe vorgehen, entschied ein Komitee des US-Senats. Tallat Massoud, pakistanischer Verteidigungsexperte, hält diesen Schritt der USA für einen Vorwand, um eigene Misserfolge in Afghanistan zu vertuschen. Seiner Meinung nach suchten die USA einen Sündenbock: "Die Amerikaner hatten bisher keine großen Erfolge, besonders in den letzten Monaten. Der Anschlag vor einigen Tagen auf das Diplomatenviertel in Afghanistan war peinlich für sie, deswegen wollen Sie die Schuld weitergeben." Pakistan sehe sich aber weiterhin als Partner im Krieg gegen den Terror, so Tallat Massoud.

"Wir verurteilen die US-Intervention in Pakistan" steht auf dem Plakat, das wütende Demonstranten tragen (Foto: AP)
Anti-Amerikanische Parolen bei einer Demonstration in PakistanBild: AP

Freund oder Feind im Kampf gegen den Terror?

Allerdings haben die Pakistaner das gefühl, dass ihre bisherigen Bemühungen nicht gewürdigt werden. Die Drohnenangriffe in den pakistanischen Grenzgebieten zu Afghanistan stoßen auf eine starke Ablehnung in der Bevölkerung. Auch bei der Militäroperation gegen Al-Kaida-Führer Osama Bin Laden im Mai reagierte Pakistan verärgert auf den Alleingang der USA. Sollten die USA nun wieder eigenständig in Pakistan handeln, könnte das schwerwiegende Folgen haben, meint Rahimullah Yusufzai. "Wenn die Amerikaner tatsächlich Militäroperationen gegen das Haqqani-Netzwerk in pakistanischen Stammesgebieten durchführen, dann könnte und würde Pakistan nichts dagegen tun. Sollten sie aber in Erwägung ziehen, Nord-Waziristan zu besetzen, dann könnten sie einen Krieg provozieren."

In weiten Teilen von Pakistans Bevölkerung herrscht bereits eine anti-amerikanische Stimmung. Die Bevölkerung fühle sich durch die jüngsten öffentlichen Anschuldigungen der USA weiter unter Druck gesetzt, sagte die pakistanische Außenministerin Hina Rabbani Khar in einem Fernsehinterview am 23.09.2011. Sie warnte die USA, dass sie Pakistan als Verbündeten verlieren könnten, falls weitere Anschuldigungen folgten. "Wenn die USA weiter den Terrorismus bekämpfen wollen, können sie es sich nicht leisten, Pakistan und seine Menschen gegen sich aufzubringen."

Autorin: Waslat Hasrat-Nazimi/Ahmad Wali Achakzai
Redaktion: Ana Lehmann