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Reform des Aufenthaltsrechtes

Heiner Kiesel3. Dezember 2014

Ein neues Gesetz soll Ausländern ohne Aufenthaltserlaubnis das Bleiben erleichtern - wenn sie für sich selber sorgen. Die anderen sehen schweren Zeiten entgegen. Wer straffällig wurde, kann leichter abgeschoben werden.

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Ein Schild an einem Zaun: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Foto: Picture-alliance/dpa) (Foto: Daniel Karmann/dpa)
Insgesamt 200.000 Flüchtlinge werden für das laufende Jahr 2014 erwartetBild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Die Bundesregierung will jetzt offenbar rasch Reformen beim Aufenthaltsrecht durchsetzen. Es geht dabei um den Umgang mit Ausländern, die sich ohne offizielle Genehmigung in Deutschland aufhalten. Das Bundesinnenministerium legt dem Kabinett am Mittwoch (03.12.2014) einen Gesetzentwurf vor, mit dem ihnen ein Bleiberecht bei "nachhaltiger Integration" gewährt werden soll. Der Entwurf soll aber, wie aus Ministeriumskreisen bekannt wurde, eine ganze Reihe von Bedingungen an diese Aufenthaltsgewährung knüpfen: Die Antragsteller müssen seit acht Jahren in Deutschland sein, sich selbst versorgen können und hinreichend gut Deutsch sprechen. Bei Eltern soll es ausreichen, sechs Jahre hier verbracht zu haben. Zu den Voraussetzungen gehört außerdem, sich zum politischen System der Bundesrepublik zu bekennen und die Gesetze beachtet zu haben. Auch für den Familiennachzug der in Frage kommenden Flüchtlinge in Deutschland könnte es mit dem neuen Gesetz einfacher werden.

Das Gesetz stellt für viele Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung allerdings eine erhebliche Verschärfung ihrer Situation dar. Besonders dann, wenn sie sich nicht kooperativ verhalten oder rechtsbrüchig sind. Viele widersetzen sich ihrer Abschiebung dadurch, dass sie ihre Identität verschleiern. In diesen Fällen dürften die Behörden nach dem geplanten Gesetz Speichersticks, Email-Accounts und Mobiltelefone durchsuchen, um die wahre Identität des Flüchtlings zu ermitteln. Für Ausländer, die bereits ein Aufenthaltsrecht haben, wird die Ausweisung erleichtert, wenn zum Beispiel eine Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr gegen sie verhängt worden ist, oder sie als staatsgefährdend eingestuft werden.

Thomas de Maiziere (Foto: Maja Hitij/dpa)
Innenminister Thomas de Maizière hat das Gesetz zusammen mit dem Justizministerium ausarbeiten lassenBild: picture-alliance/dpa/M. Hitij

Neubestimmung des Bleiberechts soll Flüchtlingsdiskussion befrieden

Von den positiven Effekten des Reformprojektes sollen - so heißt es in Ministeriumskreisen - mehrere zehntausend geduldete Ausländer profitieren. Derzeit gibt es rund 150.000 Ausländer ohne gültigen Aufenthaltstitel in Deutschland. Etwa 30.000 von ihnen sind schon länger als acht Jahre in Deutschland und könnten - gesetzt dem Fall, sie entsprechen dem umfangreichen Kriterienkatalog - von der neuen Regelung Gebrauch machen. Wie viele von den verschärfenden Passagen des Gesetzes betroffen sein könnten, ist unklar.

Das Gesetzesprojekt der Bundesregierung wurde vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen gestartet. In der Partei von Bundeskanzlerin Angela Merkel besteht Unbehagen darüber, dass gleichzeitig die Zahl der Abschiebungen - bei etwa 10.000 - stagniert. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Stephan Mayer, wird von der Nachrichtenagentur Reuters mit den Worten zitiert: "Das ist entschieden zu wenig." Die neue Regelung ist für ihn ein "guter Ausgleich zwischen Milde und Härte". Der Flüchtlingsdienst der Jesuiten (JRS) hingegen versucht die Erregung über die Flüchtlingszahlen in Deutschland zu dämpfen. "Es kommen überhaupt nur ein Prozent der Flüchtlinge weltweit nach Europa", betont der Direktor des Flüchtlingsdienstes, Pater Frido Pflüger. Dieses Jahr seien 140.000 Flüchtlinge in Deutschland angekommen. "Das überfordert ein so reiches Land wie die Bundesrepublik nicht."

Verschärfung der Situation für Flüchtlinge kritisiert

Bei der Opposition trifft der Gesetzesvorschlag aus dem Innenministerium auf harsche Kritik. Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck sprach von einer "Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik im Hause de Maizière". Seine Kollegin im Innenausschuss des Bundestages, Ulla Jelpke von der Partei "Die Linke", ist enttäuscht vom Menschenbild, das sie in der Vorlage erkennt: "Wer nützlich ist und keine Kosten verursacht, der darf bleiben. Das ist menschenverachtend." Jelpke sieht eine deutliche Verschärfung der Situation, da es nur sehr wenige Flüchtlingen gelänge, nach Deutschland zu kommen, ohne gegen eine Bestimmung zu verstoßen. Die Problematik einer legalen Einreise ist auch für das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) Grund zur Sorge. In einer Stellungnahme warnt die UN-Organisation vor einem massiven Anstieg der Inhaftierungen von Flüchtlingen.