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Neue Anti-Terror-Truppe für Deutschland?

Heiner Kiesel20. März 2015

Terroranschläge wie in Frankreich und Dänemark könnten auch in Deutschland passieren. Eine neue Spezialeinheit soll das verhindern. Das prestigeträchtige Projekt des Innenministeriums steckt jedoch erst in den Anfängen.

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Symbolbild Polizei Verhaftung Sondereinsatzkommando Deutschland Anti Terror
Bild: Imago/Jochen Tack

Eigentlich gibt es für Terrorangriffe und Geiselnahmen bereits traditionsreiche und Einsatz-erprobte Einheiten der Polizei. Die Bundespolizei, die dem Innenministerium untersteht, hat die GSG-9, bei den Länderpolizeien sind es die Sondereinsatzkommandos (SEK). Aber die Welt ändert sich, deswegen denkt das Innenministerium offenbar intensiv über eine neue, schlägkräftige Truppe nach. Eine Anti-Terror-Einheit, die auf besondere Gefahren wie bei den jüngsten Anschlägen in Frankreich und Dänemark reagieren kann.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministers Thomas de Maizière bestätigte nun, dass es diese Gedankenspiele tatsächlich gebe. "Es gibt verschiedene Überlegungen, aber der Entscheidungsprozess ist noch nicht abgeschlossen und deswegen gibt es noch keine Entscheidung", sagte sie in Berlin. Wann die Entscheidung darüber gefällt werde, wollte die Sprecherin allerdings auf keinen Fall mitteilen. "Dazu kann ich nichts sagen." Auch über den Inhalt der Überlegungen wollte sie nichts preisgeben. Außer, dass die diesbezüglichen Medienberichte nicht unrichtig seien. Im Rundfunk Berlin-Brandenburg hieß es beispielsweise, dass die Spezialeinheit eine Lücke zwischen GSG-9 und Bereitschaftspolizei schließen solle. Andererseits gibt es nach Ansicht des Ministeriums gar keine Lücke. Da war sich die Sprecherin sicher.

Deutschland Bundestag Innenminister Thomas de Maizière zu Sicherheitsgesetz
Innenminister Thomas de Maizière will mehr Polizisten und möchte dafür 300 Millionen Euro ausgebenBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Geheimnisvolle Anti-Terror-Einheit

Die Geheimniskrämerei geht bis in die Ministeriumsspitze. Vor wenigen Tagen hatte Bundesinnenminister de Maizière (CDU) davon gesprochen, 750 neue Stellen für die Terrorbekämpfung bei der Polizei im Bund zu schaffen und über die nächsten vier Jahre 300 Millionen Euro zusätzlich für die Polizeiarbeit bereit zu stellen. Die neuen Stellen sollten bei der Bundespolizei, dem Bundeskriminalamt und dem Verfassungsschutz entstehen. Wesentlich präziser äußerte sich de Maizière über bisher nicht. Bei Sicherheitsbehörden, -fachleuten und -politikern wurde daraufhin über mögliche Szenarien spekuliert. Durch die neuen vagen Informationen aus dem Ministerium ist nun erfolgreich dafür gesorgt, dass das öffentliche Rätselraten weiter geht.

17.10.2014 DW Doku GSG
Ein GSG-9-Angehöriger beim Training. Die Spezialeinheit hat über 1700 Einsätze im In- und Ausland hinter sich. Sie wurde nach der Geiselnahme bei den olympischen Spielen in München geschaffen.

Und, wie das so üblich ist im politischen Berlin: zu den dürftigen Informationen aus dem Ministerium gibt es umso klarere Stellungnahmen von anderer Seite. Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) stoßen die Überlegungen des Innenministeriums zu einer neuen Polizeitruppe zunächst auf Zustimmung. "Wir begrüßen alle Planungen, die dazu führen, dass mehr Polizisten eingestellt werden", sagte ein Sprecher. Er warnte aber davor, dass die bessere Ausrüstung bestehender Einheiten darüber vernachlässigt wird. Im Tagesspiegel hoffte der Vorsitzende der konkurrierenden Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) auf das Schließen "einer wichtigen Sicherheitslücke". Aus Bayern meldete sich Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wohlwollend zu den Plänen seines Kollegen im Bund. "Aufgrund der Erkenntnisse zu den schrecklichen Terroranschlägen in Paris sehen wir uns herausgefordert, dass wir die Polizei in Deutschland noch besser aufstellen müssen", sagte er dem Bayerischen Rundfunk.

Wozu eigentlich eine neue Spezialeinheit gegen Terroristen?
Ulla Jelpke , Linkspolitikerin
Linken-Politikerin Ulla Jelpke lehnt neue Polizeieinheiten ab.Bild: picture-alliance/dpa
Gar nicht begeistert von einer möglichen neuen, hochgerüsteten und vielfältig einsetzbaren Einheit ist die Sprecherin der Grünen für Innenpolitik, Irene Mihalic. "Die Anti-Terroreinheit ist wieder mal eine Wortblase ohne Details", stellt sie fest und fragt sich, warum die Regierung nicht bestehende Strukturen ausbaue. "Bundespolizei und BKA sind die zentralen Säulen im Kampf gegen den Terrorismus."
Ähnlich kritisch ist die innenpolitische Sprecherin der Linken-Fraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. "Der Plan, bis an die Zähne bewaffnete Einsatzhundertschaften einzuführen, ist eine Reaktion der Bundesregierung auf ein allgemeines Gefühl von Unsicherheit und Angst", konstatiert Jelpke. Es bleibe unklar, wie man eine solche Truppe dauerhaft beschäftigen will, gibt sie zu bedenken und verweist darauf, dass Bund und Länder bereits über ein breites Netz an Sondereinheiten, Sondereinsatzkommandos und Mobilen Einsatzkommandos verfügten.
Wo und ob Bedarf an einer frisch geschaffenen Anti-Terror-Einheit besteht und was der Bundesinnenminister eigentlich vorhat, will die Linken-Politikerin jetzt in der nächsten Sitzung des Innenausschusses des Bundestages erfahren. Es wäre hilfreich für die Diskussion, wenn de Maizière dann konkreter wird.