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Netanjahu droht Gefahr von rechts

Ulrike Schleicher13. Januar 2013

Lange Zeit schien es Umfragen zufolge klar: Ministerpräsident Netanjahu wird aus der anstehenden Parlamentswahl als Sieger hervorgehen. Das hat sich jetzt geändert, denn aus dem ultra-rechten Lager droht Gefahr.

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Wahlkampfplakate in Israel (Foto: Reuters)
Bild: REUTERS

Wer den Wahlkampf in Israel verfolgt, sieht, dass vor allem die national-religiösen Parteien laut Prognosen erfolgreich sein werden. Ihr Ziel ist - so scheint es - immer noch ein bisschen radikaler zu sein als die Konkurrenz. Seit neuestem wird nämlich frei ausgesprochen, was eigentlich als Tabu galt: Die Idee einer Zwei-Staaten-Lösung ist tot.

So schlägt Mosche Feiglin, ultra-rechter Hardliner der Likud-Partei unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor, jedem Palästinenser, der freiwillig das Westjordanland verlässt, bis zu einer halben Million Dollar zu zahlen. "Das ist die perfekte Lösung für uns", sagt Feiglin. Und Jair Schamir, Kandidat der rechten Partei "Unser Haus Israel", gibt jedem den Rat, sich die Landkarte gut anzusehen. Dann werde deutlich, dass für einen weiteren Staat kein Platz mehr sei. Die ultra-orthodoxe Schas-Partei fürchtet, Netanjahu könne nach seiner Wiederwahl eine Koalition mit einer der Mitte-Links-Parteien eingehen. Dann seien religiöse Werte in Gefahr, heißt es.

Naftali Bennett an einem Rednerpult (Foto: EPA/ABIR SULTAN)
Naftali Bennett ist Netanjahus großer KonkurrentBild: picture-alliance/dpa

Strikt gegen eine Zwei-Staaten-Lösung

Und dann ist da noch die Partei "Jüdisches Haus" mit dem Multimillionär Naftali Bennett an der Spitze. Der 40-jährige smarte Reservist einer Eliteeinheit der israelischen Armee (IDF) spricht klare Worte, die vor allem bei jungen, politisch rechts orientierten Israelis ankommen. Umfragen zufolge ist es ihm gelungen, innerhalb weniger Wochen den Sprung von Null auf bis zu 18 möglichen Sitzen in der Knesset zu schaffen. Er wird Netanjahu zwar nicht vom Thron stoßen können, aber unter anderem er macht dem aktuellen Bündnis zwischen dem Likud und der Partei "Unser Haus Israel" schwer zu schaffen: Zehn Sitze haben Netanjahu und der wegen einer Anklage zurück getretene Außenminister Avigdor Lieberman bereits verloren.

Bennett, der Sohn amerikanischer Einwanderer, zieht gemeinsam mit der "Nationalen Union" ins Rennen; er war unter anderem Vorsitzender der Siedlervereinigung im Westjordanland und lehnt eine Zwei-Staaten-Lösung strikt ab. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Verhandlungen sinnlos seien. Israel müsse endlich seine internen Probleme lösen. Dem Ex-Stabschef sind die Siedlungen im Westjordanland so viel wert, dass er sogar den Befehl einer Räumung verweigern würde, bekannte er in einem Interview, ruderte später aber wieder zurück.

Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem ordnet die Räumung illegaler Siedlungen immer wieder an. Deshalb löst Bennetts Ankündigung, Richter künftig von der Regierung auswählen zu lassen, bei israelischen Intellektuellen Besorgnis aus. So befürchtet Uri Averny, Autor und Gründer der Friedensinitiative "Gush Schalom", das Ende einer unabhängigen Rechtsprechung.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an einem Rednerpult (Foto:Dan Balilty/AP/dapd)
Die rechten Parteien setzen Ministerpräsident Netanjahu unter DruckBild: dapd

Widersprüchliche Aussagen über Bündnisse

Derweil verwirren die Vertreter der Mitte-Links-Parteien ihre potenziellen Wähler mit unterschiedlichen Aussagen über mögliche Zusammenschlüsse, und ob man sich im Falle eines Falles an einer Regierung unter Netanjahu beteiligen würde oder nicht. Die Arbeiterpartei hatte das zwar vor wenigen Tagen kategorisch ausgeschlossen, aber auch das kann sich noch ändern. Die Partei wird Umfragen zufolge rund 15 Sitze erreichen.

Zipi Livni, ehemalige Außenministerin, soll je nach Umfrage rund fünf bis elf Sitze mit ihrer neu gegründeten Partei "Bewegung" erreichen. Doch seit kurzem stellt sie deren Erfolg in den Hintergrund. Sie gab erst kürzlich bekannt, dass "es wichtiger ist, überhaupt für eine Mitte-Links-Partei zu stimmen".

Knapp drei Wochen vor der Wahl sind immer noch 31 Prozent der Wähler unentschlossen. Sie wissen nicht welcher der 34 Parteien sie ihre Stimme geben sollen. Viele Wähler sind schlicht enttäuscht, so wie die Bio-Chemie-Studentin Rona Aviram aus Tel Aviv. "Das sind alles Egoisten, die falsche Versprechungen machen", sagt sie. Wenn sie am 22. Januar wähle, werde es die linke Partei "Meretz" sein. Sie und ihre Vorsitzende Zahava Gal-On stehen als fast einzige unter den Parteien noch für ein Ende der Besatzung und Frieden. Die Prognose: fünf Sitze.