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Naumburg will Weltkulturerbe werden

Heike Mund19. März 2015

Burgen und Schlösser, der gotische Dom und eine 1000 Jahre alte Weinkultur - die Region um die mitteldeutsche Stadt Naumburg hat als Kulturlandschaft viel zu bieten. Doch reicht das, um den UNESCO-Titel zu bekommen?

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Naumburger Dom mit Touristen, Foto: "imago/blickwinkel"
Bild: imago/blickwinkel

Mehr als 2000 Seiten dick ist der Antrag. Sachsen-Anhalts Kultusminister Stephan Dorgerloh fuhr die prall gefüllten Ordner wochenlang in seinem Auto herum. Er nutzte jede freie Minute, um sich durch den Antrag zu kämpfen. "Das macht Spaß, man erfährt viel über die Region." Kulturhistorischen Daten und Fakten über die "hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft", wie die Region zwischen den Flüssen Saale und Unstrut offiziell im Antrag genannt wird.

Kreativität ist gefragt
2014 wurde die Bewerbung mit dem mittelalterlichen Naumburger Dom und der umliegenden Kulturlandschaft an Saale und Unstrut bei der UNESCO in Paris eingereicht. Und die Chancen für die Region um Naumburg stehen nicht schlecht. Die Idee für die Bewerbung sei schon 1998 entstanden, erzählt Felix Prescher. "Wir wollten erst nur den Naumburger Dom auf die Weltkulturerbe-Liste setzen lassen, aber wir bekamen die Rückmeldung, dass ein Dom allein nicht mehr so viele Chancen hätte."

Deshalb sagt Prescher, der in Naumburg für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, hätten sie den Antrag dann noch mal erweitert. "Wir legen den Schwerpunkt auf die gesamte mittelalterliche Landschaft, also auch die anderen Monumente und die umliegende Kulturlandschaft." Das scheint ein kluger Schachzug gewesen zu sein, zumindest zeigte sich die Präsidentin des Welterbekomitees, Staatssekretärin Maria Böhmer, bei einer Rundfahrt Anfang März beeindruckt.

Blick auf den Weinberg "Sonnenwinkel" mit dem Schriftzug "Saale-Unstrut Weine", Foto: Peter Endig
Zwar nicht Hollywood, aber dennoch einen Besuch wert: der Weinberg SonnenwinkelBild: picture-alliance/dpa/P. Endig

Weinbau mit Tradition
13 Bauwerke und Monumente des Hochmittelalters sind in dem Antrag aufgeführt: Eines der imposantesten ist die Neuenburg - nach der Wiedervereinigung auferstanden aus Ruinen. Wie eine Trutzburg aus dem Bilderbuch thront sie hoch über dem Flusslauf der Unstrut. Der Blick von dort geht weit ins Land. Zahlreiche Burgruinen und mittelalterliche Stadtsiedlungen sind hier entlang der Flussläufe von Saale und Unstrut auf den Hügeln aneinander gereiht: Freyburg, Burg Saaleck, Rudelsburg, Schloss Goseck. Sie sind als Teil der Straße der Romantik beliebte Ausflugsziele für Touristen.

Aber das, was die Region am meisten prägt und mit in die Waagschale für die Nominierung gelegt wurde, sind die Weinberg-Terrassen an den Flüssen von Saale und Unstrut. Seit über 1000 Jahren werden hier - im nördlichsten Anbaugebiet Deutschlands - Weinreben angebaut und Weinsorten gekeltert. Die Zisterziensermönche hatten die Kunst des Weinbaus aus Frankreich importiert und belieferten bald die umliegenden Burgen und Schlösser. Über 20 Rebsorten haben sich bis heute gehalten, vor allem Weißweine.

Alle wollen Uta sehen
Im Mittelpunkt der UNESCO-Bewerbung steht nach wie vor der Naumburger Dom: ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, mannshohen Skulpturen, die in Stein gemeißelt auch als Stützpfeiler der Dachkonstruktion dienen, und kunstvoller Glasmalerei. "Es ist schon so, dass Uta von Naumburg und ihr Gemahl Ekkehard hier die Stars sind", betont Felix Prescher. Die lebensgroße Steinfigur der Uta von Ballenstedt, wie sie mit adeligem Name hieß, ist 1230 geschaffen worden. Filmproduzent Walt Disney ließ sich 1937 von ihren Gesichtszügen für die böse Königin im Zeichentrickfilm "Schneewittchen" inspirieren.

Seit die modernen rot-weißen Kirchenfenster des Leipziger Malers Neo Rauch als Sehenswürdigkeit in einer Seitenkapelle des Domschiffes dazu gekommen sind, hat die Zahl der ausländischen Besucher in Naumburg deutlich zugenommen.

Aber mit der Abgabe der Bewerbung am die UNESCO sind die gestalterischen Spielräume begrenzt: Als schützenswertes Kulturerbe müssen die Monumente in ihrer heutigen Form erhalten bleiben. Einen Fernsehturm dürfe die Stadtverwaltung jetzt nicht mehr ins Stadtgebiet bauen, scherzte ein Anwohner bei einer Bürgeranhörung und machte deutlich: Zur Anfangseuphorie nach der erfolgreichen Nominierung waren auch kritische Aspekte gekommen.

Vor der Entscheidung
"Derzeit werden alle 40 Nominierungen, also auch die von Naumburg, Hamburg und den deutsch-dänischen Wikingerstätten, von unabhängigen Beratern geprüft und bewertet", erklärt Kerstin Manz von der Deutschen UNESCO-Kommission, zuständig für die Vorbereitung der Welterbe-Sitzung im Juni in Bonn. Auf Basis der eingereichten Dossiers werden die Berater ihre Empfehlungen aussprechen, die Mitte Mai 2015 auf der Seite der UNESCO in Paris veröffentlicht werden.

In Naumburg ist man für alles gerüstet, Aufkleber mit dem Welterbe-Signet sind längst schon gedruckt. "Viele Touristen gehen davon aus, dass wir den Titel schon haben. Und sind ganz erstaunt, dass das noch gar nicht entschieden ist", sagt Felix Prescher. Seit der offiziellen Nominierung bekommt er sehr viel mehr Presseanfragen. Aber er schätzt die Chancen seiner Stadt und der Region eher nüchtern ein. "Wir stehen da, was unsere Kulturlandschaft anbetrifft, in direkter Konkurrenz zur Champagne in Frankreich. Von daher müssen wir realistisch bleiben."

Altstadt von Naumburg mit dem Naumburger Dom, Quelle: imago/fotokombinat
Altstadt von Naumburg mit dem Naumburger DomBild: imago/fotokombinat
Stifterfigur der Markgräfin Uta von Meißen, Foto: Peter Endig/dpa
Die Stifterfigur der Markgräfin Uta von MeißenBild: picture-alliance/dpa/P. Endig
Schloss Neuenburg in Freyburg samt Landschaft, Foto: Hendrik Schmidt/lah
Schloss Neuenburg in FreyburgBild: picture-alliance/dpa/Hendrik Schmidt