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Namibias schwierige Unabhängigkeit

21. März 2010

Es war ein langer und kräftezehrender Kampf, bis Namibia endlich seine Unabhängigkeit erhalten hat. Erst am 21. März 1990 wurde es formal selbstständig und war damit eins der letzten Länder überhaupt.

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Die Independence Avenue in Windhoek (Foto: DW)
Die Independence Avenue in WindhoekBild: Katrin Gänsler

Im Windhoeker Stadtzentrum ist es wuselig und lebendig. In den Schnellrestaurants warten Menschen auf Pommes und Hühnerbeine, Touristen begutachten am Straßenrand Holzschnitzereien, Bankangestellte sind zum Mittagessen verabredet. Doch an die Feier des Unabhängigkeitstages erinnert wenig. Lediglich ein Banner flattert über der Independence Avenue. Trotzdem freuen sich gerade junge Menschen darauf. "Unabhängig zu sein, ist ein großartiges Beispiel für andere Länder", sagt eine junge Frau. Schräg gegenüber steht ein Verkäufer vor seiner Ladentür. Auf die Frage nach der Unabhängigkeit schüttelt er indes vorsichtig mit dem Kopf. "Alles ist noch nicht in Ordnung."

Schwarze durften kein weißes Brot kaufen

Zentrum Windhoek (Foto: DW)
Überall in Windhoek erinnern Straßenschilder an die deutsche VergangenheitBild: Katrin Gänsler

Der Weg in die Unabhängigkeit war lang und beschwerlich. Schließlich gehörte das Fleckchen Erde von 1884 bis 1915 zum Deutschen Reich und trug den Namen Deutsch Südwestafrika. Nach dem ersten Weltkrieg wurde es unter UN-Mandat gestellt und somit unter südafrikanische Aufsicht. Südafrika wurde in den folgenden Jahrzehnten zum ungeliebten großen Bruder, der die wirtschaftliche Entwicklung massiv beeinflusste, aber auch die Apartheid ins Land brachte. Daran kann sich Chris Shipanga, der heute für die Presseagentur Nampa arbeitet, noch gut erinnern: "Schwarze durften kein weißes Brot kaufen. Man kann sich nicht vorstellen, wie unglaublich die Apartheid war."

Folter, Leichen und Vergewaltigungen

Daher regte sich ab 1960 Widerstand. Damals gründete sich die Swapo, die South West African People’s Organisation. Südafrika auf der anderen Seite wollte nicht vom heutigen Namibia lassen. Auch nicht, als die UN dem Land 1966 das Mandat entzog. Die Swapo wiederum verstärkte ihren Kampf gegen die weißen Besatzer und zog in den Norden bis nach Angola. Chris Shipanga war als junger Journalist vor Ort und verfolgte den Krieg: "Jeden Tag sind Menschen gefoltert und umgebracht worden. Es war kein Kleinkrieg, wie er oft genannt wurde."

Banner zur Unabhängigkeit (Foto: DW)
Nur ein Banner kündigt den großen Tag anBild: Katrin Gänsler

Dennoch war längst nicht ganz Namibia von blutigen Kämpfen geprägt. In der Hauptstadt, die mitten im Land liegt, hätten viele Menschen den Krieg gar nicht wahrgenommen, sagt Willie Olivier. Er arbeitete für die South West African Broadcasting Corporation, den staatlichen Rundfunk. "Mitunter gab es einen Angriff oder eine Bombe explodierte. Aber eigentlich war der Krieg weit weg."

Flucht ins Exil nach Sambia

Doch vor allem die Swapo-Kämpfer mussten oft um ihr Leben bangen, weshalb einige ins benachbarte Sambia ins Exil gingen. Die Mutter von George Iyambo gehörte dazu. Daher verbrachte der heute 32-Jährige die ersten zehn Jahre seines Lebens in einem Flüchtlingscamp. "Wir spielten, hatten Unterricht und waren alle paar Tage mit dem Sammeln von Feuerholz an der Reihe", erinnert er sich. Doch die Ruhe war trügerisch. "Manchmal kamen südafrikanische Soldaten und Spione, und wir mussten für ein paar Tage in den Wald gehen."

Unterstützung für die Swapo gab es aber von der UN. Für sie war die Widerstandsbewegung ab den 1970er Jahren die "einzig legitime Vertretung" der Bevölkerung Südwestafrikas. Im September 1978 verfasste die UN außerdem die Resolution 435, die besagt, dass Namibia auf friedlichem Wege unabhängig werden soll. Doch bis dahin vergingen noch knapp zwölf Jahre, bis die Einwohner im Herbst 1989 zum ersten Mal wählen durften und am 21. März 1990 ihre Unabhängigkeit feierten.

Automatisch verbessert hat sich das Leben aber nicht. Besonders die Schulen gelten als Katastrophe. Die Arbeitslosigkeit liegt bei knapp 40 Prozent. Trotzdem - die Unabhängigkeit hat für Willie Oliver eins gebracht: "Seit 20 Jahren ist es hier extrem friedlich", sagt er.

Autorin: Katrin Gänsler
Redaktion: Christine Harjes