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S statt M - Die neue UN-Entwicklungsstrategie

Helle Jeppesen24. September 2014

Die Zukunftsplanung der UN geht in die Endphase. Im Herbst 2015 wollen die Vereinten Nationen neue Leitlinien für die globale Entwicklung verabschieden. In New York sind sie vorgestellt worden.

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Symbolbild Soziale Verantwortung von Unternehmen
Bild: Fotolia/weerapat1003

Eine Welt, in der es allen Menschen gut geht und sich die Natur von der Zerstörung durch Industrialisierung und Überbevölkerung erholen kann:17 nachhaltige Entwicklungsziele (SDGs) sollen den Weg dafür bereiten. Im kommenden Jahr laufen die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) aus. Die Sustainable Development Goals lösen sie ab.

"Bei den SDGs haben wir von den MDGs gelernt. Sie greifen die Ziele auf, die die MDGs verfehlt haben", betont Paul Ladd, Leiter des Post-2015-Teams beim UNDP, dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen."Die nachhaltigen Entwicklungsziele sind jedoch auch breiter angelegt, damit sie den neuen Herausforderungen gerecht werden".

Globale Probleme global lösen

Die 17 neuen Ziele, die eine UN- Arbeitsgruppe jetzt in New York vorstellt, sollen vor allem auch die Industrieländer zur Nachhaltigkeit verpflichten. Umweltzerstörung, Klimawandel, die wachsende soziale Ungleichheit und schwindende Ressourcen sind globale Probleme, die sich nur global lösen lassen.

"Die Erkenntnis, dass alles mit allem zusammenhängt und dass letztendlich strukturelle Ursachen von Armut angegangen werden müssen, ist, glaube ich, mittlerweile jedem klar geworden", sagt Tobias Hauschild, Experte für soziale Grunddienste und Entwicklung bei Oxfam Deutschland.

Er begrüßt die Einbeziehung der Industrieländer - warnt jedoch vor verfrühtem Optimismus, da die Ziele erst im nächsten Jahr in der endgültigen Fassung verabschiedet werden.

"Die Frage ist, welche Handlungsverpflichtungen sich für Staaten aus der neuen Agenda ergeben – und wie weit die Staaten bereit sind, das durch die Vereinten Nationen überprüfen zu lassen", so Hauschild.

Dogma Wirtschaftswachstum

Auch Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO, dem Dachverband der entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Deutschland, sieht viele gute Ansätze – vor allem die zentrale Forderung nach Armutsbekämpfung und die Festschreibung von Umwelt- und Klimaschutz. Gleichzeitig sieht er auch grundlegende Schwächen.

Proteste in Australien vor dem UN-Klimagipfel am 23.09.2014
Die Forderungen nach Nachhaltigkeit werden weltweit stärkerBild: AFP/Getty Images

Zum einen, weil viele der Ziele im jetzigen Entwurf nur vage formuliert sind. Zum anderen, weil sie sich immer noch auf alte Konzepte stützen:

"Was wir weiterhin kritisieren ist, dass zum Beispiel die ganze Logik stark durchtränkt ist von einer sehr starken Betonung des Wirtschaftswachstums, als sozusagen einzige notwendige Voraussetzung für Entwicklung", so Bornhorst im DW-Gespräch.

Ein Grund zur Skepsis, "auch weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Wachstum alleine überhaupt nicht reicht, sondern im Zweifelsfall eher noch zu Ungerechtigkeiten führt".

Globale Ungleichheit

Im jetzt vorliegenden Entwurf richtet sich das zehnte Ziel explizit gegen die immer größer werdende Ungleichheit - nicht nur zwischen reichen und armen Ländern, sondern auch in den einzelnen Ländern.

"Das war politisch gesehen ein sehr heißes Thema, weil Ungleichheit scheinbar ein integrierter Bestandteil eines marktwirtschaftlichen Systems zu sein scheint", betont Paul Ladd, Leiter des Post-2015-Teams beim UNDP.

Tobias Hauschild bezeichnet das zehnte Ziel als "sehr progressiv" und verweist auf Oxfam-Studien, die die wachsende soziale Ungleichheit belegen.

Symbolbild arm und reich Bettler Obdachloser
Weltweit wächst die soziale UngleichheitBild: picture-alliance/dpa

"Wenn die 85 reichsten Menschen der Welt so viel verdienen wie 3,5 Milliarden, also wie die Hälfte der Weltbevölkerung, dann muss man die Verteilungsfrage angehen."

Beteiligung der Zivilgesellschaft

Neu ist auch, dass sich nicht nur die Regierungen, sondern auch Bürger und Interessengruppen weltweit am Entwurf der Ziele beteiligen konnten.

Die Beteiligung der Zivilgesellschaft höre aber nicht mit der Planung auf. Sie sei auch weiterhin notwendig, um die Ziele später umzusetzen, betont Bernd Bornhorst von VENRO."Weil die zentralen Dinge, die da zur Debatte stehen, also Produktionsweisen, Konsumweisen, die müssen weiter in die Gesellschaft dringen. Sonst gibt es dafür keine politischen Mehrheiten und sonst wird sich auf der individuellen Ebene nichts ändern".

Das Entscheidende werde zunächst jedoch sein, so Bornhorst, dass die Ziele, die im nächsten Jahr verabschiedet werden, auch konkrete Verpflichtungen benennen, damit "man hinterher auch nachfassen, messen und zählen kann, ob das, was versprochen wurde, auch eingehalten wird".