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Mönche mit Hassreden

Christoph Strack8. Juni 2014

Seit dem Beginn der politischen Öffnung in Myanmar, dem früheren Birma, scheint das südostasiatische Land im Aufbruch. Doch Kirchenvertreter beklagen buddhistische Militanz und soziale Missstände.

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Myanmar Symbolbild
Bild: Reuters

Die katholische Kirche in Myanmar hat Regierung und Militär des Landes aufgefordert, mehr für den Schutz religiöser Minderheiten zu tun. Seit Jahrzehnten gebe es Schikanen und anhaltende Verfolgung gegen jene Teile der Bevölkerung, die nicht buddhistisch seien, sagte der Erzbischof von Yangon, Charles Bo, der Deutschen Welle. Nach wie vor seien alle öffentlichen Positionen im Land mit Buddhisten besetzt; das habe Konsequenzen im Alltag. Und buddhistische Mönche stachelten durch "Hassreden" die Bevölkerung auf.

Nachdrücklich drängte der 65-jährige Erzbischof auf eine bessere Einbindung der muslimischen Minderheit, der Rohingya im Westen des Landes. Während der vergangenen Jahre hatte es dort bei Angriffen militanter Buddhisten auf Muslime wiederholt zahlreiche Tote gegeben. Seit über 100 Jahren lebten in der Region Muslime, sagte Bo. Sie würden aber seit langem und nach wie vor massiv diskriminiert. Muslime bräuchten bereits eine offizielle Erlaubnis, wenn sie ihre Dörfer oder Lager verlassen oder in anderen Orten einkaufen wollten.

Diskriminierung durch buddhistische Mönche

"Eigentlich war das ein sozialer Konflikt. Aber er ist zu einem religiösen Konflikt geworden", so der Geistliche. So komme es immer wieder zu Gewalt. Dörfer würden niedergebrannt, Menschen getötet. Sicherheitskräfte beobachteten solche Angriffe zumeist nur, verhinderten sie aber vielfach nicht. Ausdrücklich kritisierte der Erzbischof das Gesetzesvorhaben zum "Schutz von Rasse und Religion", mit dem der Staat die Religionsfreiheit der Bürger einschränke. Nach diesen Plänen müssten nicht-buddhistische Männer vor einer Eheschließung mit einer Birmanesin zunächst zum Buddhismus übertreten. Die Frauen benötigten für eine solche Ehe die Genehmigung ihrer Eltern und der Behörden.

Charles Bo Erzbischof von Yangon Myanmar
Erzbischof Charles Maung Bo: Birma schikaniert seine religiösen MinderheitenBild: DW/C. Strack

Bo verwies auf die verbreitete feindliche Haltung buddhistischer Mönche gegenüber der muslimischen Minderheit. Viele von ihnen hätten mit muslimfeindlichen Reden großen Einfluss auf die einfache und vielfach ungebildete Dorfbevölkerung. "Auch in diesem Fall unternehmen die Verantwortlichen nichts, um die Gewalt zu stoppen." Auch die prominente Politikerin Aung San Suu Kyi halte sich bei dieser Frage mit Mahnungen zurück, um sich nicht mit den einflussreichen buddhistischen Mönchen anzulegen. Diese Zurückhaltung vor der buddhistischen Seite gelte auch für andere Bereiche. So holten die Behörden häufig inoffiziell die Meinung der Mönche aus der Umgebung ein, wenn eine christliche Kirche ein Gotteshaus errichten wolle.

Ohne Bildung hat Birma keine Zukunft

Zurückhaltend äußerte sich der Kirchenvertreter mit Blick auf die für 2015 vorgesehenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. Vor der Wahl müssten einzelne Artikel der Verfassung noch geändert werden, um ein demokratisches Ergebnis sicherzustellen. Derzeit schätze er die Wahrscheinlichkeit fairer Wahlen als sehr ungewiss ein. Noch vor einiger Zeit sei er deutlich optimistischer gewesen. Er hoffe, dass die internationale Staatengemeinschaft ihren Einfluss nutze, erfolgreiche Wahlen zu ermöglichen.

Armenviertel Myanmar Kinder vor Hütten Rangun
Birmas größte Herausforderungen: die schlechte Gesundheitsversorgung und das marode BildungssystemBild: Roxana Isabel Duerr

Als wesentliche Herausforderungen für sein Land bezeichnete Bo das mangelhafte Bildungswesen und die unzureichende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. "Seit 1965 wurde das gesamte System ziemlich zerstört. Für den Aufbau einer Zivilgesellschaft brauchen wir internationale Unterstützung“, sagte er. Das gelte besonders für den Aufbau des Schulsystems. "Ohne eine Verbesserung der Bildung wird das Land keine Zukunft haben."

Bo ist Erzbischof der größten Stadt des Landes, Yangon, dem früheren Rangun. Die überwiegende Mehrheit der mehr als 55 Millionen Birmanesen ist buddhistisch (85 Prozent). Nach Bos Angaben sind sieben Prozent Christen und 1,3 Prozent Katholiken. Wie sehr die Spaltung eines Landes den Kirchenmann beschäftigt, macht ein Blick auf sein Programm während eines 24-stündigen Berlin-Besuchs deutlich. Auf die Frage, was er in der deutschen Hauptstadt sehen wolle, sagte er prompt: "Die ehemalige Mauer, die die Menschen in dieser Stadt voneinander getrennt hat."