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Muslim: "Militärintervention würde Syrien zerstören"

Naomi Conrad27. August 2013

Der Vorsitzende der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Muslim, erklärt im DW-Interview während seines Berlin-Besuchs, warum er eine ausländische Militärintervention in Syrien nicht für eine gute Lösung hält.

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Porträt des Vorsitzenden der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Muslim Mohammed (Foto: Imago ITAR TASS)
Bild: Imago

DW: Im Syrien-Konflikt sieht es so aus, dass sich ein Eingreifen der USA abzeichnet. Würden Sie eine Militärintervention von außen befürworten?

Muslim: Das syrische Regime ist im Besitz von Chemiewaffen, die es jederzeit benutzen kann. Es ist unmöglich, die Chemiewaffen zu zerstören, auch durch eine Militäraktion von außen. Deshalb lehnen wir sie kategorisch ab. Denn so eine Intervention würde ganz Syrien zerstören. Wir befürchten außerdem, dass die Chemiewaffen in die Hände von Terroristen wie die Al-Nusra-Front fallen könnten - oder bereits gefallen sind.

Ist also nur eine politische Lösung möglich?

Ja. Wenn die externen Mächte - die USA, Russland, Iran, die Türkei, Katar, die NATO usw. - Syrien in Ruhe lassen würden, dann ließe sich der Konflikt in einem Monat lösen. Aber daran haben sie kein wirkliches Interesse. Die externen Mächte vergießen Krokodilstränen, tun aber nichts. Die einzige Lösung ist, dass alle Seiten sich endlich an einen Tisch setzen.

In den kurdischen Gebieten kommt es seit Monaten immer wieder zu Kämpfen mit der Al-Nusra-Front, die auf Seiten der Opposition gegen das Regime von Baschar al-Assad kämpft. Wieso?

Der syrische Nationalrat und die Freie Syrische Armee sind gespalten. Also agieren alle Brigaden unabhängig voneinander, so wie sie es wollen. Die Politiker haben überhaupt keine Kontrolle über die Kämpfer in Syrien. Ich war letzte Woche in Istanbul für Gespräche mit der türkischen Regierung und dem syrischen Nationalrat. Dort habe ich den syrischen Politikern klar gesagt: Wenn ihr politische Beziehungen mit uns haben wollt, müsst ihr die Al-Nusra-Front unter eure Kontrolle bringen. Sie haben mir gesagt: Das ist unmöglich. Wir haben keine Kontrolle über Al-Nusra.

Wer stellt derzeit die größere Gefahr für die kurdischen Gebiete dar: extremistische Gruppierungen wie Al-Nusra oder das Assad-Regime?

Beide: Deswegen haben wir Kurden von Anfang an gesagt, dass wir uns vor beiden Seiten schützen müssen und ihnen nicht erlauben werden, in die Kurdengebiete einzudringen. Auch kurdische Kämpfer sind in Auseinandersetzungen mit dem Assad-Regime gestorben. Aber wir haben es geschafft, uns so erfolgreich gegen die Regime-Truppen zu verteidigen, dass sie uns jetzt in Ruhe lassen. Jetzt werden wir von den Salafisten angegriffen, die uns vorwerfen, das Regime zu unterstützen. Das stimmt aber nicht. Wir haben lediglich beschlossen, unseren eigenen, unabhängigen Weg zu gehen. Al-Nusra wurde von den USA auf die Terrorliste gesetzt. Aber sie wird von zehn anderen Gruppen der Freien Syrischen Armee unterstützt, die auf keiner Terrorliste stehen. Das heißt, dass sie indirekt Unterstützung vom Westen bekommt. Alle Waffen, die an die Opposition geliefert werden, landen auch in den Händen der Al-Nusra-Front. Der Westen muss endlich Mechanismen schaffen, damit die Waffenlieferungen an die Opposition nicht mehr an Terrorgruppen gelangen.

Woher bekommen die kurdischen Milizen ihre Waffen?

Im Moment kaufen wir unsere Waffen auf dem Schwarzmarkt. Wir erhalten auch finanzielle Hilfe von der kurdischen Diaspora in Europa. Andere Waffen stammen von gefangen genommenen Regierungstruppen. Natürlich würden wir gerne Waffenlieferungen vom Westen erhalten - aber nur wenn sie an keinerlei politische Forderungen geknüpft sind.

Erhalten Sie militärische Hilfe von der PKK? (Anm. d. Red.: Arbeiterpartei Kurdistans, die von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird)

Wir sind Brüder, ideologisch gesehen - erhalten aber keine Hilfe. Wir brauchen die PKK auch nicht, wir haben unsere eigenen Truppen und genug Nachschub an Kämpfern.