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Monopolkommission gegen Bankenrettung

Marcel Fürstenau9. Juli 2014

Das Beratungsgremium der Bundesregierung kritisiert die staatliche Beteiligung an der Commerzbank und zweifelt am Erfolg der geplanten Bankenunion. Auch sonst gelten die Sorgen der Experten dem freien Wettbewerb.

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Geldscheine und eine Spritze symbolisieren die Rettung von Banken auf Kosten des Steuerzahlers.
Bild: Fotolia/B. Wylezich

Für Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel war es eine Premiere: Der seit knapp sieben Monaten amtierende Sozialdemokrat nahm am Mittwoch (09.07.2014) in Berlin erstmals ein Hauptgutachten der Monopolkommission entgegen. Insgesamt war es der 20. Bericht des 1973 gebildeten Gremiums, dem Juristen und Ökonomen aus Theorie und Praxis angehören. Schwerpunkt des aktuellen Gutachtens ist das Thema "Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte". Das Timing für die Veröffentlichung hätte kaum passender sein können, denn am selben Tag hatte die Bundesregierung Gesetzentwürfe für die geplante europäische Bankenunion vorgelegt.

Aus Sicht der Monopolkommission ist die Bankenunion "in der Theorie stimmig", enthält aber auch "Schlupflöcher". Kommissionschef Daniel Zimmer verweist unter anderem auf Ausnahmen bei der Gläubiger-Haftung, wenn es für die Stabilität des Systems erforderlich erscheint. Den von Banken zu finanzierenden Abwicklungsfonds für kriselnde Geldhäuser hält Zimmer für "klar unterdimensioniert". Im Zweifelsfall würde sich dann doch wieder die Frage stellen, ob der Steuerzahler einspringen müsse.

"Unverdienter Vorteil" für größere Geldinstitute

Ganz allgemein sieht die Monopolkommission kleinere Banken im Nachteil, weil sich größere Finanzinstitute zu günstigeren Bedingungen als kleinere refinanzieren könnten. Zu diesem Befund gelangte das Gremium durch die Analyse der Marktentwicklung in den vergangenen Jahren und den Plänen zur Bankenunion. Als "systemrelevant" geltende Banken gingen davon aus, dass sie "im Falle einer Schieflage von ihren Heimatstaaten gestützt würden". Das erspare den Instituten Milliarden-Beträge und verschaffe ihnen einen "unverdienten Vorteil" im Wettbewerb, kritisiert Zimmer.

Das unvollständige Logo der Commerzbank symbolisiert ihre wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Stellenabbau
Der Staat sollte die Finger von der Commerzbank lassen, meint die Monopol-Kommission.Bild: picture-alliance/dpa

Der Monopol-Experte verlangt von der Politik und den Aufsichtsgremien "eindeutige Signale". Es müsse unmissverständlich deutlich werden, dass Gläubiger bei künftigen Krisen "nicht mit einer Schonung rechnen könnten und keine Abwälzung ihrer Risiken auf die Steuerzahler zu erwarten hätten". Um bei wirtschaftlichen Schieflagen besser gewappnet zu sein, fordert die Kommission eine "besondere Fusionskontrolle" bei Bankinstituten. Damit solle verhindert werden, dass Banken durch Zusammenschlüsse zu einer "Bedrohung für das Finanzsystem" werden könnten.

Staat soll Commerzbank-Aktien abstoßen

Hätte es eine solche Kontrolle im Sommer 2008 gegeben, hätte die Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank vermieden werden können, meint Zimmer. Weil sich die Commerzbank mit dieser Transaktion offensichtlich übernommen hatte, wurde sie mit mehr als 18 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt unterstützt. Auch sechs Jahre danach ist der Staat noch mit rund 17 Prozent an der Commerzbank beteiligt. Die Monopol-Experten empfehlen, sich von diesen Aktien "bald" zu trennen. "Eine private Bank mit Staatsbeteiligung ist ein Störfaktor im privaten Bankgeschäft", betont Kommissionschef Zimmer.

Abgesehen vom Finanzmarkt machen sich die Monopol-Experten auch in anderen Wirtschaftsbereichen Sorgen. Kritisch beurteilen sie den Rückkauf privatisierter Energie-Dienstleister durch Kommunen. Dass dadurch klimapolitische Erfolge zu erzielen sind oder günstigere Tarife für die Kunden herausspringen, bezweifelt die Kommission. Zwiespältig findet sie die Entwicklung im digitalen Sektor. Die Macht von Google, Facebook und anderer Weltmarktführer begünstige einerseits die Monopolisierung, andererseits könnten Monopole durch die Dynamik in diesem Bereich schnell infrage gestellt werden. Deshalb wendet sich die Kommission gegen "politische Schnellschüsse". Stattdessen solle das geltende Kartellrecht "konsequent" angewendet werden.

Handlungsempfehlungen für die Internet-Ökonomie

In den nächsten Jahren will sich das Gremium eingehender mit der Internet -Ökonomie beschäftigen. Die Erkenntnisse sollen in "fundierte Aussagen zu politischen Handlungsoptionen" münden. Diese Ratschläge könnten dann im nächsten Hauptgutachten zu finden sein, das planmäßig in zwei Jahren vorgestellt wird. Es besteht aber auch jederzeit die Möglichkeit, im Auftrag der Bundesregierung Sondergutachten zu erstellen. Vielleicht denkt Wirtschaftsminister Gabriel ja schon darüber nach, ein solches für den Internet-Markt anzufordern. So dynamisch wie dieser ist seit Jahren kein anderer.