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Hängepartie überwunden

29. Januar 2014

Mehr als drei Monate nach der Parlamentswahl hat Tschechien endlich eine neue Regierung. Auf das Mitte-Links-Bündnis warten große Aufgaben. Gleich nach der Vereidigung machten sich die Minister an die Arbeit.

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Präsident Zenan reicht Finanzminister Babis die Hand (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

So lange hat eine Regierungsbildung in Tschechien noch nie gedauert. Drei Monate nach der Parlamentswahl ist die neue Regierung unter Führung des Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka jetzt im Amt. Staatspräsident Milos Zeman überreichte den Ministern auf der Prager Burg ihre Ernennungsurkunden (Artikelbild).

Nach der Regierungsbildung kommt die Vertrauensfrage

Dem Kabinett gehören acht Sozialdemokraten (CSSD), sechs Vertreter der Protestpartei ANO und drei Christdemokraten (KDU-CSL) an. Gemäß der Verfassung müssen sich Sobotka und sein Kabinett innerhalb von 30 Tagen einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen. Das Dreierbündnis kann sich auf eine solide Mehrheit von 111 der 200 Abgeordneten stützen.

"Unser Ziel ist es, eine sozial verträgliche und gerechte Politik zu verwirklichen", sagte Sobotka in Prag. Der 42-Jährige kündigte an, die schwächelnde Wirtschaft des mitteleuropäischen Landes anzukurbeln. Mit einem neuen Gesetz soll beispielsweise der Staatsdienst von politischen Einflüssen befreit und damit effizienter werden. Noch am Nachmittag nach ihrer Ernennung kamen die Minister zur ersten Kabinettssitzung zusammen.

Die ANO gilt als große Unbekannte

Die Protestbewegung ANO ("Ja") des Milliardärs und Medienunternehmers Andrej Babis gilt dabei als große Unbekannte. Der 59-jährige Politikneuling mit einem Vermögen von rund 1,5 Milliarden Euro gilt als zweitreichster Mann des Landes. Er konnte bei den Tschechen vor allem mit dem Versprechen punkten, dem Land zu Wohlstand zu verhelfen und eine Politik frei von Korruption zu machen.

Andrej Babis im Wahlkampf (Foto: DW/M. Nejezchleba)
Konnte im Wahlkampf mit vollmundigen Versprechungen punkten: Finanzminister BabisBild: DW/M. Nejezchleba

Er würde den Staat gern "wie ein Familienunternehmen führen", hatte er einmal in einem Interview gesagt. Als neuer Finanzminister fordert er vor allem Einsparungen bei den staatlichen Ausgaben. Die Sozialdemokraten um Sobotka dagegen wollen die Wirtschaft mit einem Konjunkturpaket in Schwung bringen.

Präsident Zenan hatte Vorbehalte

Einig sind sich beide Parteien aber bei der Einführung einer Mindestrente, während es bei der Erhöhung von Unternehmenssteuern Differenzen gibt. Zwischen CSSD und den Christdemokraten gibt es wiederum Meinungsverschiedenheiten in der Frage einer Entschädigung für Kirchengüter, die nach 1948 vom Staat beschlagnahmt wurden.

Wegen Bedenken des Präsidenten hatte sich die Regierungsbildung massiv in die Länge gezogen. Zeman warf dem Verteidigungsminister mangelndes Fachwissen vor und bezeichnete den Industrieminister wegen Kontakten nach Russland als "Sicherheitsrisiko". Erst nach Einzelgesprächen mit allen Kandidaten konnte die wochenlange Hängepartie überwunden werden.

uh/hf (dpa,afp)