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Mit Biosprit in die Zukunft

Dirk Kaufmann25. September 2012

Trotz des Streits, ob der Einsatz von Biokraftstoffen ökologisch sinnvoll ist, sollte man die Ersatzkraftstoffe nicht abschreiben. Der Erdöl-Multi Shell sieht jedenfalls eine goldene Zukunft für das Benzin vom Feld.

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Shell-Öl-Transporter auf der Strasse (Photo: Tim Boyle/Getty Images)
Symbolbild Shell Öl TankerBild: Getty Images

An deutschen Tankstellen wird ein Kraftstoff der Sorte E10 verkauft, das ist erdölbasiertes Benzin mit einem Biokraftstoffanteil von zehn Prozent. Das heißt, er wird eher nicht verkauft, weil zu viele Autofahrer ihn ablehnen. Zu groß ist ihre Angst, der Anteil von pflanzlichen Stoffen im Benzin könnte dem Motor ihres Autos schaden. Und mancher hat gar noch ganz andere Bedenken.

Zum Beispiel Bundsentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). Er befeuerte vor einigen Wochen die Diskussion aufs Neue, ob Nahrungsmittel nicht lieber für die Versorgung von Menschen angebaut werden sollten als dafür, unsere Autos umweltverträglicher anzutreiben. Niebel hatte diesen Konflikt mit dem Schlagwort "Tank oder Teller" beschrieben und viel Beifall für seine Forderung erhalten, den Verkauf von E10 in Deutschland einzustellen.

Aus von E10 nicht Ende des Biokraftstoffs

Der britisch-niederländische Mineralölkonzern Shell hat am Dienstag (25.09.2012) eine Studie zur Zukunft von Biokraftstoffen vorgestellt. Shell gehört mit einem Jahresumsatz von fast einer halben Billion US-Dollar zu den größten Unternehmen der Welt. Das Kerngeschäft von Shell ist die Öl-, Gas- und Petrochemie. Zusammen mit zwei privaten Instituten, die sich mit Nachhaltigkeitsforschung beziehungsweise Umweltfragen beschäftigen, hat der Mineralölkonzern untersucht, welche Rolle Biokraftstoffe in Zukunft spielen werden.

Dabei kommt die "1. Shell Biokraftstudie" zu dem Schluss, dass die sogenannten Biokraftstoffe einen immer größeren Anteil im "Energiemix der Zukunft" gewinnen werden. So fasste der Shell-Chefvolkswirt Jörg Abel die Ergebnisse der Studie zusammen. Zurzeit, so die Studie, habe Biokraftstoff als Energieträger für den Verkehr einen Anteil von 5,6 Prozent in Deutschland, der europäische Durchschnitt läge erst bei 4,5 Prozent. In Zukunft, so die Prognose, könne der Biokraftstoffanteil bis 2030 auf rund 20 Prozent und bis 2050 sogar auf bis zu 70 Prozent steigen.

Ein Tankrüssel wird vor eine Zapfsäule mit "Super-E10" gehalten. (Foto: dpa)
Wäre es nicht flüssig, könnte man sagen: "Es liegt wie Blei in den Regalen." - E10 ist kein VerkaufsschlagerBild: picture-alliance/dpa

Die zweite Generation

Dieser drastisch erhöhte Anteil pflanzlicher Stoffe in Benzin und Diesel würde, so die Studie, allerdings nicht mehr das Angebot an Nahrungsmitteln einschränken. Denn der Bio-Anteil soll in Zukunft von Zusatzstoffen der "Zweiten Generation" kommen. Bislang werden Nahrungs- und Futtermittelpflanzen wie Raps, Mais und Zuckerrohr zur Biokraftstoffproduktion verwandt. Darin liegt der Konflikt von "Tank oder Teller" begründet. Die Produkte der nächsten Generation sollen aber aus jenen Pflanzenteilen gewonnen werden, die für die Ernährung keine Rolle spielen, wie Rest- und Abfallstoffe: ungenießbare Stängel, Blätter und Wurzeln.

Da aber die Motoren aktueller PKW und LKW noch nicht auf einen höheren Biosprit-Anteil eingerichtet sind, werde diese Umstellung noch Zeit brauchen. Der Biokraftstoff-Experte Uwe Fritsche, Mitautor der Studie, fordert daher "ein zehnjähriges europäisches Markteinführungsprogramm für Biokraftstoffe der zweiten Generation".

Palmölplantage vom Flugzeug aus gesehen (Quelle: www.flickr.com)
Die Bio-Kraftstoffe der zweiten Generation sollen den Konflikt "Tank oder Teller" auflösen, hier eine Palmölplantage aus der LuftBild: CC/a_rabin

In Brüssel wird in die gleiche Richtung gedacht

In Brüssel werden gegenwärtig Änderungen bei den Vorgaben für die Beimengung pflanzlicher Anteile in Erdölprodukten diskutiert. Die EU-Kommission hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die ökologischen Folgen des Pflanzenanbaus für Treibstoffe und die tatsächlichen Einsparungen beim Ausstoß des klimaschädlichen Gases CO2 stärker berücksichtigen soll.

Der Hauptgrund für die Nutzung von Pflanzenprodukten zum Antrieb von Verbrennungsmotoren ist das Klimaargument: Biokraftstoffe setzen viel weniger CO2 frei als Erdölprodukte. Doch bisher, so die EU-Kommission, sei die Entstehung des Treibhausgases bei der Produktion der Bio-Anteile nicht ausreichend berücksichtigt. Umweltverbände wie der BUND fordern daher bereits das generelle Verbot des bislang angebotenen Treibstoffes E10.

Gleichzeitig will die EU-Kommission die Verwendung von Biokraftstoffen der zweiten Generation fördern. Auch in Brüssel will man das "Tank oder Teller"-Problem lösen, in dem man die Nutzung von Pflanzenresten und Zellulose fördert. Dem Biokraftstoff, so eine Sprecherin von EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger, "sei es egal", aus welchen Teilen einer Pflanze er gewonnen werde.

Klimafreundlich und nachhaltig

Der in der Shell-Studie vorhergesagte größere Anteil von Pflanzenteilen im Kraftstoff kann aber nur verwirklicht werden, wenn der Verbrauch von Benzin und Diesel generell sinkt. Darauf weist die Studie wiederholt hin. Sollte dies gelingen und gleichzeitig der Anbau und die Verwertung der für Biosprit nötigen Pflanzen ökologisch sinnvoll erfolgen, würde das den CO2-Ausstoß durch den Verkehr deutlich senken.

Besonderes Gewicht kommen den Treibstoffzusätzen der zweiten Generation noch aus einem anderen Grund zu: Während die Rohstoffreserven für Benzin und Diesel, das Erdöl nämlich, endlich sind, wachsen die Rohstoffe für den Biosprit nach. Stiege der Anteil der nachhaltigen Biozusätze, würde die Umweltbilanz des Verkehrs insgesamt deutlich verbessert.