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Krebstherapie

Gudrun Heise4. Februar 2015

Krebs ist noch immer die zweithäufigste Todesursache. Ein Patentmittel dagegen gibt es noch nicht. Aber Forscher suchen weiter nach neuen Therapien. Aus der Schweiz kommt jetzt ein interessanter Ansatz.

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Symbolbild Krebs

Sauerstoff steht im Mittelpunkt der Studie, die Wissenschaftler zurzeit am Universitätsspital in Zürich durchführen. Doch statt wie bei bisherigen Therapien den Tumoren Sauerstoff zu entziehen, geben sie ihn hinzu. Dabei setzen die Forscher das chemische Molekül ITPP (Inositol Trispyrophosphat) ein. Es soll die Blutgefäße normalisieren, die der Tumor verändert hat, die Sauerstoffzufuhr soll erhöht werden. Dann beginne man mit einer Chemotherapie, erklärt der Leiter der Studie, Professor Pierre-Alain Clavien. "In Tiermodellen haben wir gesehen, dass die Chemotherapie dann wesentlich effektiver ist. Wenn wir beides miteinander kombinieren, erreichen wir sehr gute Resultate."

Behandlung gefährlicher Tumoren

Tumoren in der Bauchspeicheldrüse, in der Leber und Dickdarmtumoren, die in die Leber gehen, gehören zu den bösartigsten Krebsarten. Ist die Krankheit im Anfangsstadium, kann der Krebs meist operiert werden. Ist der Tumor schon weit fortgeschritten, ist das nicht mehr möglich. Die Patienten müssen sich Bestrahlungen oder einer Chemotherapie unterziehen. Derartige Behandlungsmethoden führen dazu, dass die Bildung von Gefäßen im Tumor gehemmt wird. Entsprechend gelangt weniger Sauerstoff hinein. Das war bislang eine gängige Methode mit dem Ziel, dass der Tumor durch die Reduzierung von Sauerstoff langsamer wächst.

Neuere Studien haben gezeigt, dass das zum genauen Gegenteil führen kann, so Dr. Përparim Limani vom Zentrum für Leber- und Pankreaskrankheiten am Universitätsspital Zürich: "Ab einer gewissen Tumorgröße reicht die Sauerstoffzufuhr über das Blut nicht mehr aus, um den Tumor zu ernähren. Es bildet sich eine so genannte Hypoxie im Tumor, das heißt: Der Sauerstoffgehalt wird reduziert. Diese Hypoxie verändert den Stoffwechsel im Tumor und damit sein Verhalten."

Gefürchtete Metastasen

Durch die Sauerstoffreduzierung werden Tumoren aggressiver. Sie beginnen, über die Blut- und Lymphgefäße zu Organen zu wandern, in denen mehr Sauerstoff ist. Dort können sich dann die gefürchteten Metastasen bilden. "Die größte Herausforderung ist immer noch Metastasierung", sagt der Heidelberger Wissenschaftler Prof. Dr. Hellmut Augustin: "Der Primärtumor, zu dem der Chirurg Zugang hat, lässt sich in aller Regel entfernen. Was tatsächlich zum Tode führt, sind Metastasen. Und Metastasierung ist bis heute der Teilschritt, den wir am wenigsten verstehen."

Wandernde Krebszelle (Foto: (Foto: DKFZ)
Krebszellen können in andere Organe wandernBild: DKFZ

Erste Studien haben begonnen

Die schweizerische Zulassungsbehörde für Heilmittel, Swissmedic, und die Kantonale Ethikkommission Zürich haben das Studienmedikament ITPP Mitte Januar 2015 zugelassen. 70 Patienten sollen jetzt damit behandelt werden. Primäres Ziel ist es, die optimale Dosis für Patienten herauszufinden und die Verträglichkeit zu testen. "Zudem erhoffen wir uns, erste Erkenntnisse zur Wirkung von ITPP auf Tumoren zu gewinnen", erklärt Limani.

Verlaufen die Tests mit dem Medikament erfolgreich, wäre eine Marktzulassung frühestens in drei bis fünf Jahren realistisch. Zum neuen Therapieansatz hatte das Universitätsklinikum im Januar verlauten lassen: "Ein radikal neuer Weg, den Krebs zu bekämpfen". Der Heidelberger Wissenschaftler Augustin ist da eher skeptisch: "Es wird sich zeigen, ob das am Ende besser funktioniert oder nicht. Die Feststellung, dass es radikal anders ist, ist ein bisschen übertrieben. Aber es ist in jedem Fall ein interessanter Ansatz."