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Mit Mediatoren gegen Antiziganismus

Nina Werkhäuser11. November 2014

Viele Roma leben am Rand der Gesellschaft, sie finden keinen Zugang zu Bildung und Arbeit. Den weit verbreiteten Vorurteilen will der Europarat mit gut geschulten Mediatoren begegnen. Auch in Deutschland.

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Demonstranten halten in Berlin ein Banner gegen Antiziganismus, Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa

Er werde oft folgendes gefragt, erzählt der Sinto Romeo Franz bei der Vorstellung des neuen Mediatoren-Programms: "Herr Franz, warum werden Sie diskriminiert? Darauf antworte er dann: "Das müssen Sie diejenigen fragen, die mich diskriminieren und nicht mich." Franz erzählt es mit einem Augenzwinkern, aber die Botschaft ist klar: Sinti und Roma müssen sich in Deutschland mit einer Vielzahl von Vorurteilen herumschlagen. Das betrifft sowohl die in jüngster Zeit aus Südosteuropa zugewanderten Roma als auch diejenigen, deren Familien seit Jahrhunderten in Deutschland leben, so wie die von Romeo Franz. "Sinti und Roma werden automatisch mit Armutszuwanderung in Verbindung gebracht", sagt der Politiker und Aktivist aus Ludwigshafen, der das Mediatoren-Programm in Deutschland mit koordiniert.

Roma außen vor

Sechs deutsche Kommunen beteiligen sich an diesem Pilotprojekt des Europarats, das unter dem Titel "ROMED 2" firmiert, kurz für "Mediation für Roma". Darunter sind Berlin, Bremen, Mannheim und Hamburg. Mit gezielten Trainings sollen die Mediatoren in die Lage versetzt werden, den Dialog "zwischen der Minderheits- und der Mehrheitsgesellschaft" voranzubringen. Dabei geht es aber nicht ums gemeinsame Kaffeetrinken, sondern um den besseren Zugang von Roma zu Schulen, Universitäten und zum Arbeitsmarkt.

Wie wichtig ein Ansprechpartner vor Ort sein kann, erzählt der Bildungsberater Dzoni Sichelschmidt, der in Hamburg Roma-Kinder unterrichtet und betreut. Den Kindern gebe es Kraft und die Eltern versuche er zu überzeugen, sich für die Ausbildung ihrer Kinder einzusetzen. Da viele von ihnen aber keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus in Deutschland hätten, sei das nicht gerade leicht, sagt Sichelschmidt. Auch der Europarat hat die fehlende gesellschaftliche Teilhabe der Roma als Kern des Problems ausgemacht. Mithilfe der Mediatoren sollen runde Tische und "Aktionsgruppen" ins Leben gerufen werden, an denen Roma sich beteiligen.

Ein Schüler meldet sich in einem Klassenzimmer, Foto: dpa
Nur wenige Roma machen in Deutschland AbiturBild: picture-alliance/dpa

Lokale Lösungen

Laut einer Studie, die die Antidiskriminierungsstelle des Bundes im September vorstellte, sind Sinti und Roma in Deutschland die unbeliebteste Minderheit überhaupt und werden vielfach als Bürger zweiter Klasse wahrgenommen. "Diese Probleme müssen auf lokaler Ebene gelöst werden", erklärt Ulrich Bunjes, der Koordinator für Roma-Fragen im Europarat. Im Vorgänger-Programm von "ROMED 2" wurden europaweit 1.300 Mediatoren fortgebildet, die aber nicht immer erfolgreich agieren konnten. Oft seien sie von einer Seite instrumentalisiert oder als "Puffer" mißverstanden worden, berichten die Organisatoren. Diese Erfahrungen fließen nun in den zweiten Teil des Programms ein.

Mit einer Million Euro pro Jahr für alle 12 Teilnehmerländer, darunter Bulgarien und Rumänien, ist die finanzielle Ausstattung des Programms nicht gerade üppig. In Deutschland wird daher auf Mediatoren zurückgegriffen, deren Stelle bereits finanziert ist. Geld sei aber nicht das Hauptproblem, sagt Bunjes. "Die EU stellt viele Mittel für Roma-Projekte zur Verfügung, die gar nicht abgerufen werden." Vielerorts fehle die Bereitschaft, sich überhaupt mit den Problemen der Roma zu beschäftigen.

Eine Roma-Familie in Berlin, Foto: dpa
Roma-Familie vor einer Flüchtlingsunterkunft in BerlinBild: picture-alliance/dpa