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Mit dem Schiff zum Müll

Frank Hajasch1. Oktober 2013

100 Millionen Tonnen Abfall dümpeln weltweit im Meer. Vor allem Küsten- und Inselstaaten tragen dazu bei. Ein deutscher Unternehmer will jetzt mit Schiffen zu den Müllerzeugern fahren und den Abfall recyclen.

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Plastikmüll am Strand (Bild: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Sein Leben für die Schifffahrt hat Dirk Lindenau schon an viele Orte der Erde gebracht. Zu den Kapverdischen Inseln westlich von Afrika aber hat er ein besonderes Verhältnis. Zum einen durch seine guten Kontakte zum Kieler GEOMAR Helmholtz Zentrum, zum anderen, weil er als ehemaliger Werftbesitzer viele Schiffe dorthin ausgeliefert hat.

Nun will er seine besonderen Kenntnisse dieser Region nutzen. Sein neues Projekt ist ein so genanntes Waste Recycling Ship, ein Müll-Wiederaufbereitungsschiff. Mit dem sollen zukünftig Inselstaaten wie die Kapverden oder Malediven angefahren werden, um so ihr Müllproblem in den Griff zu bekommen. "Bei einem Inselstaat können wir nicht auf jede einzelne Insel eine teure Aufbereitungsanlage hinstellen. Also haben wir gesagt: Hier kommt das Schiff zum Abfall. Und die Sortier- und Recyclinganlage hat das Schiff gleich dabei", sagt Dirk Lindenau.

Das Bild zeigt einen Strand auf den Kapverden (Bild: dw)
Traumhafte Natur auf den Kapverden - aber das Müllproblem muss noch gelöst werdenBild: picture allince/augenklick

Die Voraussetzungen sind gut, denn die Republik Kap Verde hat in eine hervorragende Hafeninfrastruktur investiert. "Wir könnten dort mit Hilfe der an Bord befindlichen Kräne den Müll-Container aufs Schiff bringen, ihn in einen Abfallbunker kippen und gleich den vollautomatischen Sortierprozess starten", so Lindenau. Ähnlich wie an Land, deshalb arbeiten die Umweltpioniere auch mit einem großen Entsorgungsbetrieb zusammen.

Was genau an Bord mit dem Müll passiert, zeigen Pläne auf dem Tisch der Projektentwickler. Sie wurden von einem Team um Andreas Meyer-Bohe gezeichnet. Er ist Professor für Schiffbau an der Kieler Fachhochschule. "Für das Ganze ist eine umfangreiche Transporttechnik auf dem Schiff vorgesehen", erklärt er, "je nachdem, welcher Abfall gerade an Bord ist."

Die Idee hinter dem Waste Recycling Ship

Das Schiff soll eine Länge von etwa 140 Metern haben, eine Breite von 25 Metern. Aber die Ingenieure aus Deutschland haben keinen Neubau im Sinn: Mit Blick auf die Überkapazitäten auf dem Weltmarkt ist ein Umbau eines gebrauchten Schiffes geplant, möglichst auf einer deutschen Werft, um das Know-how zu nutzen. "Das Gesamtprojekt kostet etwa so viel wie ein einfacher Neubau. Beim Umbau müssen vor allem die Festigkeit, die Fundamente und Transportwege bedacht werden. Der Ladebereich wird komplett umgestaltet, während das Vorschiff und das Hinterschiff mit dem Hotelturm erhalten bleiben", sagt Meyer-Bohe.

Dirk Lindenau und Andreas Meyer-Bohe vor dem Plan des Abfall-Recycling-Schiffes (Bild: Dirk Lindenau)
Dirk Lindenau (l) und Andreas Meyer-Bohe planen das Recycling-SchiffBild: Dirk Lindenau

Solche Schiffe wollen die Entwickler später nicht nur bei den Kapverden einsetzen. Aus seiner Zeit als Werftenchef hat Dirk Lindenau auch reichlich Erfahrungen mit anderen Inselstaaten. So werde zum Beispiel auf den Malediven immer noch offen Müll verbrannt. Weil es dort aber über 1000 teils kleine Ferieninseln gebe, brauche es eine andere Logistik. "Das Recycling Ship liegt dann auf den Malediven vor Ort im Hafen von Male. Kleinere Schiffe, die bei vielen Resorts schon vorhanden sind, sammeln den Abfall ein und bringen ihn zur Verwertung", erklärt Dirk Lindenau.

Weitere Einsatzgebiete geplant

Nicht nur Inselstaaten, auch Großstädte in Küstennähe haben mit Müll zu kämpfen – beispielsweise New York. Dirk Lindenau erzählt, dass er schon einige Gespräche mit der Stadtverwaltung geführt habe. Dort fielen pro Kopf täglich fast vier Kilo Müll an. Vor dem Hintergrund, dass die Deponien bis zu 100 Kilometer entfernt und die Straßen meist übervoll seien, würde schon heute der Abfall für viel Geld per Schiff abtransportiert. "Dort gibt es schon eine entsprechende Infrastruktur, die eine relativ schnelle Anbindung an ein Recycling-Schiff-Konzept möglich macht", erklärt Lindenau. "Im Falle von New York sind aber eher fünf bis zehn Schiffe nötig, um die großen Abfallmengen aufzunehmen."

Das Kieler Abfallentsorgungskonzept umfasst nicht nur Recycling-Schiffe. So sind auf den Kapverdischen Inseln große Biogasanlagen geplant. Und auch die Behandlung des Mülls nach einzelnen Fraktionen steht an. Denn daran hätten die Kapverden schon allein wegen der hohen Beschaffungskosten für Energie und Rohstoffe ein großes Interesse, sagt Dirk Lindenau. Dass es funktionieren kann, haben umfangreiche Berechnungen ergeben. Deshalb soll es jetzt auch losgehen mit dem Projekt.