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Afghanen trotzen den Taliban

5. April 2014

Vor der afghanischen Präsidentenwahl hatten die Taliban mit einer Welle von Anschlägen gedroht. Millionen Bürger gingen dennoch zur Wahl – und am Ende waren es weit mehr, als viele erwartet hatten.

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Wahlberechtigte Afghanen stehten in Mazar Schlange vor dem Wahllokal (Foto: N. Asir, DW)
Bild: DW/N.Asir

Afghanen lassen sich nicht einschüchtern

Nach Schätzungen der Wahlkommission beteiligten sich rund sieben Millionen der mehr als zwölf Millionen Wahlberechtigten an der historischen Abstimmung in Afghanistan. Das entspricht einer Beteiligung von etwa 60 Prozent. Wegen des großen Andrangs verlängerte die Kommission die Öffnungszeit der Wahllokale um eine Stunde. In mehreren Orten gingen die Stimmzettel aus, die aus den jeweiligen Provinzhauptstädten nachgeliefert wurden.

Aufgrund der schlechten Sicherheitslage mussten nach offiziellen Angaben am Wahltag weitere 205 Wahlzentren geschlossen bleiben - 748 andere waren schon vor der Abstimmung für geschlossen erklärt worden. 6218 Wahlzentren im Land seien geöffnet gewesen, teilte die Kommission mit. Zwar kam es zu tödlichen Zwischenfällen, die von den Taliban angedrohte Welle von Anschlägen auf Wahllokale blieb aber aus.

Bei einer Bombenexplosion in der südlichen Kleinstadt Kalat wurden zwei Polizisten getötet. Bei einem Selbstmordanschlag in Chost kam nur der Attentäter ums Leben. In Ghasni wurde ein Selbstmordattentäter von Polizisten erschossen. Die Wahl wurde landesweit von 352.000 Polizisten und Soldaten abgesichert. Neben dem Präsidenten wurden am Samstag auch die Provinzräte für die 34 Provinzen gewählt.

Lange Warteschlangen

In Kabul bildeten sich trotz der Bedrohungslage und ungeachtet des schlechten Wetters lange Schlangen vor den Wahllokalen. Die Stadt wurde zur Festung ausgebaut, Sicherheitskräfte errichteten etliche Checkpoints. Wähler wurden vor der Stimmabgabe auf Sprengstoff und Waffen durchsucht.

Der scheidende Präsident Hamid Karsai regiert seit dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001. Die Verfassung verbietet ihm eine dritte Amtszeit. Die Abstimmung markiert den ersten demokratischen Machtwechsel in der afghanischen Geschichte. Karsai sagte am Samstagabend in einer Ansprache an die Nation: "Wir haben der Welt gezeigt, dass wir eine Demokratie sind."

Acht Kandidaten, drei Favoriten

Afghanen lassen sich nicht einschüchtern

Acht Kandidaten bewerben sich um die Nachfolge Karsais. Als Favoriten gelten die früheren Außenminister Abdullah Abdullah und Salmai Rassul sowie Ex-Finanzminister Ashraf Ghani. Sollte kein Bewerber eine absolute Mehrheit erhalten, ist für den 28. Mai eine Stichwahl vorgesehen. Erste vorläufige Teilergebnisse werden Mitte kommender Woche erwartet.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte Respekt vor dem Engagement der Menschen in Afghanistan. "Ich hoffe, dass die Wahl einen Ausgang nimmt, in dem ein Präsident in ganz Afghanistan akzeptiert wird. Und dass das die Voraussetzung dafür schafft, dass ab dem nächsten Jahr das Engagement der internationalen Gemeinschaft aufrechterhalten wird", sagte der SPD-Politiker in Athen. Die drei Favoriten der Wahl sind nach eigenen Worten dafür, dass auch nach dem Jahreswechsel ausländische Soldaten am Hindukusch stationiert bleiben.

Der Kampfeinsatz der internationalen Schutztruppe ISAF endet 2014. Ein Folgeauftrag für 8000 bis 12.000 internationale Soldaten zur weiteren Ausbildung und Beratung der afghanischen Sicherheitskräfte steht auf der Kippe, da Karsai bisher ein Stationierungsabkommen nicht unterschrieben hat, das als Voraussetzung dafür gilt.

kle/det (dpa, rtr, afp)