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Mißfelder: "Mursi fällt als Partner immer mehr aus"

Kersten Knipp6. Juni 2013

Der außenpolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, nennt im Interview mögliche Reaktionen der Bundesregierung auf das Urteil der ägyptischen Justiz gegen die Konrad-Adenauer-Stiftung.

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Philipp Mißfelder in Rostock waehrend einer Pressekonferenz vor Beginn des Deutschlandtages der JU, 5.10.12 (Foto: dapd)
Bild: dapd

DW: Herr Mißfelder, wie haben Sie die gegen die Adenauer-Stiftung und andere Nicht-Regierungsorganisationen ausgesprochene Urteile aufgenommen?

Philipp Mißfelder: Ich bin schockiert von dem Urteil in Ägypten. Ich glaube, dass die Justiz sich und ihrem Land damit keinen Gefallen getan hat. Das Verhältnis zwischen beiden Ländern wird durch dieses Urteil nachträglich beschädigt. Denn man kann nun niemandem mehr, der sich zivilgesellschaftlich engagiert, ernsthaft empfehlen, nach Ägypten zu gehen und dort beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft zu helfen. Denn die Gefahr, dass man nachher im Gefängnis landet, ist riesengroß. Und das sehe ich als einen ganz großen Schaden an.

Könnten dem Richterspruch Ihrer Ansicht nach auch politische Motive zugrunde liegen?

Ich glaube, dass innenpolitische Erwägungen auch eine Rolle spielen - in der Hoffnung, dass bei all den Problemen, die Ägypten hat, ein Gegner von außen und entsprechende Verschwörungstheorien, die da auch bedient werden, zu mehr Einigkeit im Inneren führen. Das ist aber ein Kalkül, das zu kurz greift. Denn die Probleme Ägyptens sind so riesig, dass das Land stabile Partner in der Welt braucht. Und mit denen verscherzt man es sich gewaltig, wenn man so handelt.

Wie hat die Bundesregierung auf dieses Urteil reagiert? Und behält sich die Bundesrepublik weitere Reaktionen vor?

Wir haben zunächst einmal beim ägyptischen Botschafter protestiert. Außenminister Guido Westerwelle hat sich auch sehr stark und klar dazu geäußert. Ich kann mir vorstellen, dass wir auch weitergehende Schritte prüfen: zum Beispiel die Einstellung finanzieller Unterstützung. Oder dass wir, wenn Präsident Mohammed Mursi - er war ja kürzlich in Berlin - in Zukunft Forderungen an uns stellt, diese Forderungen an Bedingungen knüpfen. Er hat sich schon beim Thema Schuldenerlass eine Abfuhr von uns eingehandelt, weil wir nicht bereit waren, seine antisemitischen und antizionistischen Äußerungen hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund sage ich ganz klar, wir sind als Unionsfraktion der Ansicht, dass Herr Mursi und seine Leute immer mehr als Partner für eine gemeinsame Gestaltung der Zukunft in Ägypten ausfallen.

Sehen Sie Möglichkeiten, zumindest mit ausgesuchten Gruppen innerhalb der ägyptischen Zivilgesellschaft auch in Zukunft zusammenzuarbeiten?

Wir geben Ägypten nicht auf. Wir geben auch diese Regierung nicht auf - wir wollen ja vernünftig mit Ägypten zusammenarbeiten, weil wir Ägypten auch für die Zukunft brauchen. Aber wir sehen die Entwicklung mit großer Sorge. Wir sehen auch die negative Entwicklung, die mittlerweile überwiegt. Das bereitet uns Kopfschmerzen. Und das führt auch dazu, dass unsere Zweifel - ich hatte sie von Anfang an beim Arabischen Frühling - sich eher mehren.

Wie sehen Sie das Urteil im Hinblick auf die deutsch-ägyptischen Wirtschaftsbeziehungen?

Unter Gesichtspunkten wie Verlässlichkeit und dem so genannten "rule of law", also der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit, kann man an diesem Urteil wirklich Zweifel haben. Das wird auch die Wirtschaft nicht unbeeindruckt lassen. Denn viele Deutsche, die vielleicht darüber nachdenken, in Ägypten zu investieren oder die vielleicht für eine große Firma in das Land entsandt werden sollen, werden sich gut überlegen, ob sie Ägypten unter diesen Gesichtspunkten überhaupt noch einmal betreten. Denn wenn man sich dort normal im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften betätigt, was über Jahrzehnte hinweg kein Problem war - und das wohlgemerkt unter Hosni Mubarak - kann das auf einmal zu Haftstrafen führen. Das ist ein Umstand, der viele Investoren abschrecken wird.

Was erwarten Sie, was erwartet Ihre Fraktion von der ägyptischen Seite, um die Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder zu normalisieren?

Wir erwarten, dass die Justiz die Urteile aufhebt. Dass ein fairer Prozess gestaltet wird, in dem auch klar wird, welche rechtlichen Normen dem Urteil zugrunde liegen. Wir erwarten auch, dass der außenpolitische Schaden begrenzt wird. Und das geht nur durch eine Entschuldigung des Präsidenten, indem er aktiv dazu beiträgt, dass künftig NGOs und Organisationen wie unsere Stiftung willkommen sind. Und das bedeutet, dass er sie persönlich einladen muss, vertrauensvoll und rechtlich gesichert in Ägypten agieren zu können.

Philipp Mißfelder ist außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.