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Merkel: Sanktionen brauchen langen Atem

Sabine Kinkartz (DW Berlin)29. September 2014

Das Verhältnis zwischen der EU und Russland ist auf einem Tiefpunkt. Die Sanktionen drücken schwer und das wird auch so bleiben, sagte die Bundeskanzlerin beim Antrittsbesuch des finnischen Ministerpräsidenten in Berlin.

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Berlin Bundeskanzlerin Merkel und der finnische Ministerpräsident Stubb bei einer Pressekonferenz. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa
Bild: picture-alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Seine erste formelle Visite in Berlin verband der finnische Ministerpräsident mit einer sportlichen Herausforderung. "Ich laufe ein wenig steif, aber das liegt daran, dass ich gestern am Berlin-Marathon teilgenommen habe", sagte Alexander Stubb, als er nach einem rund einstündigen Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vor die Presse trat.

Ausdauer wird Stubb auch in der Politik weiter brauchen können. Denn Finnlands unmittelbarer Nachbar Russland wird von der EU weiterhin unter Druck gesetzt werden. Angesichts der Entwicklungen in der Ukraine sehe sie derzeit keine Möglichkeit für eine Abschwächung der Sanktionen gegen Moskau, betonte Bundeskanzlerin Merkel. "Wir sind davon leider sehr weit entfernt."

Voraussetzungen fehlen

Notwendig seien dafür ein Waffenstillstand sowie von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwachte freie Wahlen in Abstimmung mit der Ukraine. Zudem müsse sichergestellt werden, dass Moskau keine Besitzansprüche mehr stelle. "Hier muss ich leider sagen, dass gerade das letzte Wochenende alles andere als friedlich war und deshalb ist schon die elementare Frage des Waffenstillstands im Augenblick nicht geklärt, geschweige denn der zukünftige Status und die Kooperation zwischen den Gebieten Donezk, Luhansk und der ukrainischen Zentralregierung", so Merkel. "Es gibt keinen Schutz der Grenze, keine Kontrollen, keine Pufferzonen und alles das sind die Mindestvoraussetzungen dafür, dass man darüber nachdenken kann, Sanktionen zurückzunehmen."

Auch dürfe die im März von Russland annektierte Krim nicht vergessen werden. "Ich kann hier nicht erkennen, dass sich die russische Position in irgendeiner Weise verändert hat." Sie komme aus der DDR, die erst nach 40 Jahren überwunden worden sei, sagte die CDU-Vorsitzende. "Man muss manchmal in der Geschichte auch einen langen Atem haben und nicht nach vier Monaten schon fragen ob es noch Sinn macht, eine Forderung aufrecht zu erhalten."

Finnland zwischen den Stühlen

Für den finnischen Regierungschef sind das keine guten Nachrichten. Finnland und Russland verbindet nicht nur eine knapp 1300 Kilometer lange Grenze. Russland ist der wichtigste Handelspartner, ein Viertel aller Importe kommt aus dem Osten. Mehr als ein Fünftel des finnischen Energiebedarfs wird durch Importe aus Russland gedeckt. Das Erdgas kommt zu 100 Prozent aus Russland. Beide Länder planen den gemeinsamen Bau eines Atomkraftwerks.

Finnland: Hafen in Not

Daraus wird nun erst einmal nichts, nachdem das EU-Parlament empfohlen hat, dass alle EU-Mitgliedsländer ihre Energieprojekte mit Russland auf Eis legen sollen. Wenn sich die Grundrechtsverletzungen durch Russland fortsetzten, dann müsste die Energiepolitik Deutschlands und der EU auf mittlere Sicht überdacht werden, warnt die Kanzlerin. Fast alle Länder der EU hätten hinsichtlich der Energieversorgung Verflechtungen mit Russland. Deutschland sei zu 38 Prozent in seiner Gasversorgung von Russland abhängig.

Kein NATO-Beitritt geplant

Eine Abkehr von Russland kommt für die Kanzlerin aber nur im schlimmsten Fall in Betracht. "Es ist ja nicht unser Ziel, diese Abhängigkeit völlig abzuschneiden, sondern es ist in einem gegenseitigen Interesse für beide Seiten, hier zu kooperieren." Das kann auch der finnische Regierungschef nur unterstreichen. "Wir müssen einen diplomatischen Ausweg finden", betonte Stubb. Die Sanktionen hätten sich bisher als effektiv erwiesen würden das auch weiterhin sein. "Dies ist sicherlich etwas, was man langfristig betrachten muss."

Um Moskau nicht zusätzlich zu reizen, schließt Stubb einen Beitritt Finnlands zur NATO vorerst aus. "Die NATO-Mitgliedschaft ist sicher ein Thema, das man sich bei gutem Wetter vornimmt. Wenn das Wetter schlecht ist, nimmt man sich das nicht vor", sagte Stubb. Angesichts der angespannten Lage wurde über das Thema in den letzten Monaten vermehrt diskutiert. Russland hat aber sehr deutlich gemacht, dass es keine Mitgliedschaft irgendeines seiner Nachbarländer im westlichen Militärbündnis wünscht. Daher sind auch nur 25 Prozent der Finnen für einen Beitritt zur NATO.