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Merkel plant Camerons Gegenstimme ein

Bernd Gräßler20. Juni 2014

In Berlin ist man sich einig über drei EU-Spitzenposten: Juncker soll die Kommission führen und Oettinger Energiekommissar bleiben. Schulz ist als Parlamentspräsident vorgesehen. Offen ist, ob die anderen mitspielen.

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Juncker flüstert Merkel ins Ohr
Bild: Reuters

Einstimmigkeit erwartet Angela Merkel nicht, wenn die europäischen Staats-und Regierungschefs kommende Woche in Brüssel voraussichtlich Jean-Claude Juncker als künftigen Präsidenten der Europäischen Kommission vorschlagen werden. Großbritanniens Premierminister David Cameron werde seinen Standpunkt wohl nicht mehr ändern, sagte die Bundeskanzlerin in Berlin nach einem Treffen mit ihrem estnischen Amtskollegen Taavi Roivas. Cameron lehnt Junckers Benennung ab, weil er unter dessen Führung noch stärkere Eingriffe Brüssels in die nationalen Angelegenheiten fürchtet. London drohte deshalb sogar mit einem Austritt Großbritanniens aus der Gemeinschaft der 28 Staaten.

Kanzlerin Merkel scheint die Drohung aber nicht mehr zu schrecken. Sie hatte in den letzten Wochen mehrmals vergeblich versucht, den britischen Premier umzustimmen. Sie erwarte in Brüssel keinen einstimmigen Beschluss, erklärte sie. Der estnische Ministerpräsident Roivas versicherte, sein Land stehe hinter Juncker. Er sei sicher, dass dieser die Reformagenda der Europäischen Union vorantreiben könne. Eine Mehrheit für Juncker als Kandidat scheint auch ohne Cameron sicher zu sein.

Merkel bekräftige zugleich, was sie bereits tags zuvor bei einer Begegnung mit der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt gesagt hatte: Sie sei bereit, Großbritannien in anderen Fragen entgegenzukommen. Man wolle im europäischen Geist arbeiten und auf die Stimme Großbritanniens hören, besonders wenn es um das Arbeitsprogramm der EU-Kommission gehe.

Schulz wird nicht EU-Kommissar

Zwei weitere Personalien wurden zwischen den Berliner Koalitionären von Union und SPD ausgehandelt: Die SPD lenkt im Streit um den künftigen deutschen EU-Kommissar ein und drängt nicht mehr auf die Nominierung von Martin Schulz. "Die SPD wird einen Kommissar der Union akzeptieren – sofern Martin Schulz zum Präsidenten des Europaparlaments gewählt wird", sagte Parteichef Sigmar Gabriel dem Nachrichtenportal "Spiegel Online". Diese Absprache wurde von Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigt. Merkel versicherte später, die deutsche Gruppe innerhalb der Europäischen Volkspartei würde für Schulz stimmen. Allerdings liege dessen Wahl nicht allein in deutscher Hand, denn sie könne nicht für die anderen Gruppen der konservativen Fraktion im Straßburger Parlament sprechen.

Sollte Schulz, der bereits seit 2009 dem Europaparlament vorsteht, für weitere zweieinhalb Jahre gewählt werden, wäre Gabriels Bedingung erfüllt. Dann könnte der Christdemokrat Günther Oettinger deutscher Kommissar in Brüssel bleiben. Die Benennung der Kommissare ist eine rein nationale Angelegenheit. Oettinger mache als Energiekommissar "sehr, sehr gute Arbeit", lobte die Kanzlerin ihren Parteifreund.

Der estnische Ministerpräsident Roivas teilte mit, seine Regierung habe entschieden, seinen Amtsvorgänger Andrus Ansip als Kommissar nach Brüssel zu schicken.