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Merkel gerät in BND-Affäre unter Druck

3. Mai 2015

Die zweifelhafte Kooperation zwischen dem Bundesnachrichtendienst und dem US-Geheimdienst NSA wirft noch immer viele Fragen auf. Der Bundestag macht nun Druck - und droht der Bundesregierung sogar mit einer Klage.

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Angela Merkel im Bundestag (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

In der Affäre um den Bundesnachrichtendienst (BND) ist auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ins Fadenkreuz der Kritik geraten. SPD und Grüne fordern, die CDU-Vorsitzende im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages befragen. SPD-Vize Ralf Stegner antwortete dem "Handelsblatt" auf die Frage, ob Merkel dem NSA-Ausschuss Rede und Antwort stehen sollte: "Im Zweifelsfall irgendwann ja, denn sie hat die politische Verantwortung".

Angesichts der Enthüllungen über die Zusammenarbeit des BND und der NSA fordert der Untersuchungsschuss des Bundestages zur NSA-Affäre von der Bundesregierung rasche Aufklärung. Bis zur nächsten Ausschusssitzung am Donnerstag müsse die Regierung die US-Spionagelisten vorlegen, verlangten mehrere Obleute des Ausschusses. "Wir werden nicht zulassen, dass sich das weiter verzögert", sagte der SPD-Obmann Christian Flisek der Deutschen Presse-Agentur.

"Aufklären oder vertuschen"

Die Opposition droht der Bundesregierung gar mit einem Gang vor Gericht. Vertreter von Grünen und Linken forderten in der "Welt am Sonntag" Einsicht in die Liste der Suchwörter, mit denen der BND für die NSA im Datenverkehr angeblich spionieren wollte. "Wenn wir keine Einsicht erhalten, werden wir juristisch dagegen vorgehen", sagte der Grünen-Obmann Konstantin von Notz. Er mahnte mit Blick auf die Kanzlerin: "Frau Merkel muss jetzt zeigen, ob sie aufklären oder vertuschen will." Das Kanzleramt habe "die Dinge so lange schleifen lassen, dass die NSA-BND-Affäre jetzt zu Merkels Skandal geworden ist", erklärte von Notz.

Es geht um Vorwürfe, deren genaues Ausmaß noch nicht absehbar ist. So soll der BND der NSA über Jahre geholfen haben, europäische Unternehmen, Ministerien, Behörden und Politiker auszuforschen - darunter die französische Regierung und die EU-Kommission. Die NSA lieferte dem BND demnach für die Überwachung des Datenverkehrs in seiner Abhörstation im bayerischen Bad Aibling viele Suchmerkmale, sogenannte Selektoren, wie Telefonnummern oder IP-Adressen von Computern, die gegen deutsche und europäische Interessen verstießen. 40.000 davon sortierte der BND nach eigenen Angaben über die Jahre vorab aus. Mehrere Tausend unzulässiger Selektoren fielen aber erst in der aktiven Suche auf.

Warten auf die Spionageliste

Diese Listen mit den unzulässigen Suchmerkmalen will der NSA-Ausschuss nun einsehen. Die Bundesregierung hat aber zunächst die US-Amerikaner um Erlaubnis gefragt, ob sie die Informationen dazu offenlegen darf. Dies sogenannte Konsultationsverfahren läuft noch. Obmann Flisek mahnte, das Konsultationsverfahren mit den USA dürfe nicht dazu eingesetzt werden, um Zeit zu schinden. "Das Kanzleramt muss eine eigene souveräne Entscheidung treffen. Man kann nicht von Aufklärung reden und das Schlüsselelement dazu nicht vorlegen", rügte er.

Anfangsverdacht für eine Straftat?

Aufklärung erhoffen sich die Grünen auch von Generalbundesanwalt Harald Range. Er sei für Mittwoch in den Bundestags-Rechtsausschuss geladen worden, erklärte die Ausschussvorsitzende Renate Künast. Range solle über die Ermittlungen zum Verhalten des BND berichten. "Die Frage steht im Raum, ob sich Deutschland selbstbewusst wie ein souveräner Staat verhält und nicht nur die Steigbügel für andere hält", so die Grünen-Politikerin. "Dazu muss der Generalbundesanwalt für eine strafrechtliche Einordnung des Verhaltens sorgen und konkret Beweise erheben. Das eilt, bevor der BND Beweise vernichtet." Die Bundesanwaltschaft prüft wegen der möglichen Unterstützung des NSA durch den BND, ob der Anfangsverdacht für eine Straftat vorliegt - und somit geklagt werden kann.

Wer im Bundeskanzleramt, das qua Verfassung dafür zuständig ist den BND zu kontrollieren, wann und in welchem Ausmaß über die Vorgänge informiert war, ist noch unklar. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) des Bundestags will deshalb am Mittwoch in einer Sondersitzung Bundesinnenminister Thomas de Maizière befragen. Der CDU-Politiker war vor dem jetzigen Amtsinhaber Peter Altmaier Chef des Kanzleramts. Die Linke will im PKGr alle Kanzleramtsminister der vergangenen Jahre unter Eid aussagen lassen. Der Einfluss des Gremiums ist allerdings begrenzt. Denn die Bundestagsabgeordneten, die ihm angehören, sind zu strikter Geheimhaltung verpflichtet.

nin/rb (dpa, rtr, afp)