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Menschenrechtler nominiert

Sabrina Pabst 23. April 2015

Der Kampf für Menschenrechte kann gefährlich sein. Oft setzen Aktivisten Leib und Leben aufs Spiel. Ihr Engagement wird jährlich mit dem Martin-Ennals-Preis geehrt. Nun stehen die Nominierten fest.

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Zwei Journalisten aus Myanmar haben ihren Mund mit einem Stofftuch verbunden und fordern so mehr Pressefreiheit (Foto: Money Sharma/EPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Michel Forst zeichnet ein düsteres Bild: "Wenn Sie heute ein Menschenrechtsaktivist sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie bedroht oder eingeschüchtert werden, dass gegen Sie ermittelt wird, dass Sie schikaniert oder kriminalisiert werden." Forst ist UN-Sonderberichterstatter zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern. Er berichtet immer wieder über die weltweit verschärfte Lage vieler Aktivisten. Ihre Situation sei "düster, aber nicht hoffnungslos", betont er.

Besonders Frauen, die sich für Menschenrechte einsetzten, seien weltweit verstärkt von Einschüchterungsmaßnahmen betroffen - durch staatliche Stellen oder korrupte Unternehmen. Die Bandbreite reiche von Schmutzkampagnen mit gefälschten Nacktfotos in sozialen Netzwerken bis zur Vergewaltigung der Aktivistinnen und Attacken auf deren Kinder und Verwandte, so der UN-Sonderberichterstatter.

"Öffentliches Druckmittel"

Was es heißt, den eigenen Sohn zu verlieren, musste Asmaou Diallo aus Guinea erfahren. Bei Übergriffen des guineischen Militärs im September 2009 starben er und mehr als 150 friedliche Demonstranten. Soldaten vergewaltigten damals über hundert Frauen. Aus ihrer Wut und Trauer heraus gründete Asmaou Diallo die "Vereinigung der Eltern und Freunde der Opfer des 28. September 2009" (APIVA). Seitdem setzt sie sich für Betroffene ein und fordert Gerechtigkeit für all jene, die Opfer dieses Verbrechens wurden.

Asmaou Diallo (Foto: privat)
Asmaou DialloBild: privat

Diallo ermöglicht Opfern sexueller Übergriffe, die nicht mehr nach Hause zurückkehren können, eine medizinische Versorgung. Sie und ihre Organisation wollen Zeugen ermutigen, Informationen zu liefern und Aussagen zu machen, damit die Schuldigen vor Gericht gestellt und verurteilt werden können. Das Problem: Viele der Verantwortlichen sind hohe Führungspersönlichkeiten. Doch Diallo hat bereits Erfolg: Elf Menschen konnten vor Gericht gebracht werden, darunter hohe Offiziere.

Jetzt ist Asmaou Diallo zusammen mit zwei weiteren Menschenrechtsvertretern für den Martin-Ennals-Preis nominiert. Der Preis, gestiftet von Menschenrechtsorganisationen, ist die höchste Auszeichnung, die an Menschenrechtler vergeben wird, und wird auch "Nobelpreis der Menschenrechte" genannt. "Als Menschenrechtsvertreterin ermutigt mich die Nominierung, meinen Kampf für die Sicherheit und Förderung der Menschenrechte in Guinea fortzusetzen", sagt Diallo. "Ich vertraue darauf, dass dieser Preis ein Druckmittel für alle Menschenrechtsvertreter in Guinea sein wird", so die APIVA-Aktivistin.

Schutz durch Aufmerksamkeit

Jährlich wird der Martin-Ennals-Preis an Aktivisten verliehen, die großes Engagement und Courage bewiesen haben, trotz hoher Risiken für ihr eigenes Leben. Der Preis würdigt ihren gefährlichen Arbeitseinsatz und soll durch die verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit Aktivisten schützen und ein Schlaglicht auf die Lage der Menschenrechte in deren Heimatländer werfen. Die Jury besteht aus Vertretern von zehn Nichtregierungsorganisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und der Diakonie besteht. Sie berücksichtigen bei der Auswahl die politische Lage des Landes, aus denen die Nominierten stammen, und die daraus entstehenden persönlichen Repressionen. Für die Jury ist aber vor allem die Gefahr entscheidend, der Menschenrechtsvertreter ausgesetzt sind.

Für Barbara Lochbihler gehört der Martin-Ennals-Preis zu den wichtigsten Auszeichnungen. Nach Ansicht der menschenrechtspolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament stehen die Verteidiger der Menschenrechtsverteidiger "weltweit unter enormem Druck". Viele Regierungen, so Lochbihler, hätten es sich zum Ziel gemacht, die Arbeit der Aktivisten zu erschweren oder zu verhindern. "Dabei bedienen sie sich immer häufiger der neuen Technologien, um Menschenrechtsverteidiger auszuspionieren, zu verfolgen und zu orten. Nicht selten kommt es in der Folge zu Festnahmen, unfairen Gerichtsverfahren oder gar Folter und Misshandlung", so die Europa-Abgeordnete.

"Eure Leistung wird von der Welt nicht vergessen"

Auch Robert Sann Aung aus Myanmar kämpft gegen Repressalien durch das Regime seines Heimatlandes. "Ich empfinde Demut und fühle mich äußerst geehrt, dass ich für diese renommierte Auszeichnung nominiert wurde", sagt der Rechtsanwalt.

Robert Sann Aung (Foto: gemeinfrei)
Robert Sann AungBild: gemeinfrei

Schon während seines Studiums hat sich der heute 41-Jährige unerschrocken gegen Menschenrechtsverstöße eingesetzt. Mehrfach wurde Sann Aung festgenommen, litt unter rauen Haftbedingungen, wurde wiederholt angegriffen und regelmäßig bedroht.

In Myanmar vertritt er seit 2012 als Anwalt inhaftierte Kindersoldaten und Menschen, die gegen eine umstrittene Kupfermine protestierten oder deren Land durch das Militär konfisziert wurde. Mit der Nominierung werde ein positives Signal an die Aktivisten in Myanmar gesandt, freut sich Robert Sann Aung: "Eure Erfolge werden von der Welt nicht vergessen." Mit seinen Mitstreitern will er für eine Besserstellung der Bürger kämpfen, damit sie würdevoll leben können, unter gerechten Gesetzen und im Einklang mit den Prinzipien der UN-Menschenrechtserklärung.

"Menschen schätzen unsere Arbeit"

Dritter Nominierter für den Martin-Ennals-Preis ist Ahmed Mansoor aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Er gehört zu den Wenigen in diesem Land, die sich öffentlich für Menschenrechte einsetzen. Regelmäßig prangert der Blogger und Aktivist willkürliche Verhaftungen, Folter und menschenunwürdige Behandlungen an. Mansoor kritisiert öffentlich das Fehlen minimaler Standards bei Gerichtsverfahren, die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz oder die nationale Gesetzgebung in den Emiraten, die internationales Recht und Menschenrechte verletzt.

Der Blogger und Aktivist Ahmed Mansoor bei einer Presseveranstaltung in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Er hält ein Mikrofon in der Hand. (Foto: AFP/Getty Images/K. Sahib)
Der Blogger und Aktivist Ahmed Mansoor kritisiert öffentlich das Regime seines HeimatlandesBild: AFP/Getty Images/K. Sahib

Die Nominierung ist auch für ihn eine Bestätigung seiner jahrelangen Arbeit: "Diese Anerkennung zeigt, dass wir in diesem Teil der Welt nicht alleine gelassen werden und dass unsere Stimmen auf Resonanz stoßen. Es beweist, dass Menschen unsere Arbeit schätzen", so Mansoor. 2011 saß er wegen seiner offenen Kritik selbst im Gefängnis. Anschließend wurde ihm sein Pass abgenommen und somit die Ausreise verwehrt.

Asmaou Diallo, Robert Sann Aung oder Ahmed Mansoor - wer von den drei Nominierten in diesem Jahr den Martin-Ennals-Preis erhält, wird am 6. Oktober in Genf bekannt gegeben. Der Preisträger erhält 30.000 Euro. Doch was viel wichtiger ist: Auszeichnung und internationale Aufmerksamkeit dient als Schutzschild. So können die Aktivisten weiter gegen die Verletzung der Menschenrechte kämpfen.