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Haftstrafen für sieben Oppositionelle

24. Februar 2014

Ein Gericht in Moskau hat sieben Oppositionelle zu vier Jahren Lagerhaft verurteilt und gegen die achte Angeklagte eine Bewährungsstrafe verhängt. Die Polizei nahm vor dem Gerichtsgebäude viele Demonstranten fest.

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Die Angeklagten des Bolotnaja-Prozesses (Foto: Reuters)
Bild: REUTERS

Moskau: Lagerhaft für Kreml-Gegner

Im sogenannten Bolotnaja-Prozess hatte die Staatsanwaltschaft Haftstrafen zwischen fünf und sechs Jahren für die acht Angeklagten gefordert. Die Richterin Natalia Nikischina sah es am Freitag in Moskau als erwiesen an, dass die sieben Männer und eine Frau am 6. Mai 2012 an gewaltsamen Ausschreitungen gegen Polizisten in Moskau maßgeblich beteiligt gewesen seien. Damals waren Proteste gegen die dritte Amtseinführung des russischen Präsidenten Wladimir Putin eskaliert. Regierungskritiker sagten dagegen, die Gewalt bei den Demonstrationen auf dem Moskauer Bolotnaja-Platz sei von der Polizei ausgegangen. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert - aus Mangel an Beweisen.

Am Montag setzte das Gericht in Moskau die Strafhöhe fest. Sieben Angeklagte erhielten Haftstrafen von vier Jahren. Die achte Angeklagte wurde zu drei Jahren und drei Monaten auf Bewährung verurteilt.

Polizisten nehmen Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude in Moskau fest (Foto: Reuters)
Die Polizei griff auch am Montag gegen Kremlkritiker vor dem Gerichtsgebäude durchBild: Reuters

Noch bevor die Richterin am Montag das Strafmaß bekanntgab, versammelten sich hunderte Menschen vor dem Gerichtsgebäude. Mindestens 200 Kremlkritiker wurden festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Zu den Inhaftierten zählt der prominente Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Bei Protesten gegen mutmaßliche Justizwillkür wurden auch Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina von der kremlkritischen Gruppe Pussy Riot festgesetzt. Tolokonnikowas Ehemann Pjotr Wersilow veröffentlichte über den Kurznachrichtendienst Twitter ein Foto, das die beiden Aktivistinnen in einem Gefängnisbus der Polizei zeigt.

Am Abend versammelten sich nahe dem Kreml erneut hunderte Demonstranten, um ihrem Ärger über den Prozess Luft zu machen. Nach Angaben der Polizei wurden 70 Menschen wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" festgenommen, während die Menschenrechtsgruppe Ovdinfo von mehr als 300 Festnahmen sprach.

200 Festnahmen am Freitag

Auch vor der Verkündung des Urteils am Freitag war es vor dem abgeriegelten Gerichtsgebäude zu Protesten gekommen. Etwa 400 Oppositionellen wandten sich trotz eines Protestverbots gegen "Justiz-Willkür". Die Polizei zerrte Dutzende aus der Menge der Unterstützer der Angeklagten und schleppte sie in Busse. Die Demonstranten riefen: "Schande!" Insgesamt wurden etwa 200 Menschen festgenommen, wie die Polizei später mitteilte.

Schon am Freitag gab es heftige Proteste vor dem Gerichtsgebäude (Foto: dpa)
Schon am Freitag gab es heftige Proteste vor dem GerichtsgebäudeBild: picture-alliance/dpa

Viele hielten Schilder hoch mit der Aufschrift "Freiheit für die Helden!". Die Taganskaja-Straße, in der das Gericht liegt, gleiche angesichts der Absperrungen mit Metallgittern und Hundertschaften Uniformierter einer Anti-Terror-Zone, berichteten Augenzeugen. "Dieses Verfahren ist eine schreckliche Ungerechtigkeit", kritisierte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Die Verurteilten seien als politische Gefangene anzusehen. Die Opposition warf der Justiz vor, die Verkündung des Strafmaßes auf Montag verschoben zu haben, um die Abschlussfeier der Olympischen Winterspiele im südrussischen Sotschi nicht zu stören.

Politisches Signal an Oppositionelle

Prozessbeobachter sehen in dem Verfahren ein Signal an Putins Gegner, dass er keinerlei Widerstand gegen seine Herrschaft zulasse. Die Mutter einer der Angeklagten hatte die Befürchtung geäußert, dass angesichts der Lage in der Ukraine das Urteil wohl besonders hart ausfallen werde. Die Behörden würden damit deutlich machen, dass sie mit harter Hand gegen Unruhen vorgehen würden.

Die acht Angeklagten des Bolotnaja-Prozesses waren im Dezember im Zuge einer Amnestie auf freien Fuß gekommen. Insgesamt waren bei den gewaltsam aufgelösten Anti-Putin-Protesten im Mai 2012 rund 400 Menschen festgenommen worden. Gegen 29 von ihnen wurde ein Strafverfahren eröffnet. Drei von ihnen wurden im vergangenen Jahr zu Haftstrafen verurteilt.

Weiterer Prozess steht aus

Ein weiterer Bolotnaja-Prozess läuft gegen den prominenten Oppositionspolitiker Sergej Udalzow von der außerparlamentarischen Linken Front und seinen Mitarbeiter Leonid Raswosschajew. Auch sie hatten Vorwürfe zurückgewiesen, gewaltsame Proteste gegen Putin organisiert zu haben. Ihnen drohen jeweils bis zu zehn Jahre Straflager.

kle/wa (dpa, rtr)