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Mehr legale Wege nach Europa

Sabrina Pabst5. Juni 2014

Die Zahlen klingen dramatisch: Mit 35.000 Menschen hat Italien bereits 2014 so viele Flüchtlinge registriert wie im gesamten Vorjahr. Auf der Suche nach Lösungen fordert die EU nun ungewöhnliche Maßnahmen.

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Ein Boot voller Flüchtlinge fährt auf dem Mittelmeer und wird von der italienischen Küstenwache begleitet. (Foto: Mauro Seminara/AFP/Getty Images)
Bild: Mauro Seminara/AFP/Getty Images

Ob Italien, Bulgarien oder Griechenland: Staaten mit EU-Außengrenzen fühlen sich von dem Zustrom an Flüchtlingen zunehmend überfordert. Von einem "dramatisch hohen Stand" an Bootsflüchtlingen berichtet die sogenannte "Task Force Mittelmeer" der Europäischen Union, die in ihrem Bericht jetzt den zuständigen EU-Innenministern vorgestellt hat. Für die kommenden Monate erwarten die Experten noch einmal einen Anstieg des Flüchtlingsstroms Richtung Europa.

Resettlement-Programme für eine sichere Zukunft

Neben Flüchtlingen, die vor Elend und Armut in ihrer Heimat fliehen, kommen derzeit vor allem Menschen nach Europa, die vor Verfolgung und Bürgerkrieg in ihrer Heimat flüchten. Sie haben zwar laut Genfer Flüchtlingskonventionen ein Recht auf Asyl, doch in der Praxis sei die Unterstützung vieler Länder unzureichend, kritisiert die EU-Innenkommissarin. "Die einzelnen EU-Staaten müssen viel mehr Menschen als bisher aus den Flüchtlingslagern bei sich aufnehmen", fordert Cecilia Malmström.

Malmström denkt dabei vor allem an die Resettlement-Programme von Flüchtlingsorganisationen. Mit einer Bonuszahlung von 6000 Euro für die Aufnahme und Integration pro umgesiedeltem Flüchtling versucht Brüssel seit geraumer Zeit, EU-Staaten zur Aufnahme von mehr Flüchtlingen zu bewegen. Bislang allerdings mit überschaubarem Erfolg. Dabei sind die im Laufe des syrischen Bürgerkriegs entstandenen Flüchtlingscamps in Jordanien, der Türkei oder im Libanon überfüllt. Eine Entlastung der überforderten syrischen Nachbarn scheint dringend geboten.

Das Flüchtlingscamp in Jordanien liegt in unmittelbarer Nähe zur syrischen Grenze. Die Zelte stehen dicht an dich. Nur drei Kinder laufen durch die Reihen. (Foto: Reuters/Ali Jarekji)
In den Flüchtlingscamps in der Türkei, Jordanien (im Bild) und Libanon herrschen unmenschliche BedingungenBild: Reuters

Unterstützung für ein größeres Engagement der EU-Staaten bekommt Kommissarin Malmström aus dem EU-Parlament. "Das Resettlement-Programm ist ein sinnvolles Programm, das von allen Mitgliedsstaaten beschlossen worden ist", sagt die EU-Abgeordnete Monika Hohlmeier im DW-Interview. "Flüchtlinge, die definitiv nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren können, werden innerhalb der EU aufgenommen, damit sie dort eine Zukunft finden können." Der Betrag, der Anreiz zur Aufnahme geben und die Anfangskosten mitfinanzieren soll, sei sinnvoll, meint die CSU-Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Monika Hohlmeier ist CSU-Abgeordnete für das Europäische Parlament. (Foto: Marcus Brandt/dpa)
Hohlmeier: "Deutschland könnte noch mehr Flüchtlinge aufnehmen"Bild: picture-alliance/dpa

"Europa versagt"

Die ersten Flüchtlinge aus Syrien sind über das Resettlement-Programm bereits nach Deutschland und Schweden gekommen. Von 10.000 Umsiedlungen im Rahmen des Resettlements spricht das Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Weitere Kontingente sollen folgen. Doch bislang engagieren sich vor allem einzelne EU-Staaten. "Das hängt damit zusammen, dass es in Ländern wie in Italien oder Griechenland kein etabliertes Asylsystem gibt", erklärt Hohlmeyer.

Eine syrische Familie wird in einem italienischen Hafen von einem Mitarbeiter der Flüchtlingsorganisation UNHCR in Empfang genommen und begleitet. (Foto: Reuters/Antonio Parrinello)
Diese syrische Familie hat es vorerst geschafft: Sie ist in Italien angekommenBild: Reuters

Für den Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl, Günter Burkhardt, steht fest: "Europa versagt in skandalöser Weise angesichts der syrischen Flüchtlingskrise. Wir haben eine Europapolitik der geschlossenen Grenzen. Der Appell der EU-Kommission ist grundsätzlich richtig, aber die innenpolitischen Interessen dominieren viel zu stark". Mehr als die Hälfte aller EU-Staaten würden bisher keine Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen. "Ob jetzt hier der Bonus von 6.000 Euro pro umgesiedelten Flüchtling ausreichend ist, um zu einem Umdenken der EU-Staaten zu führen, ist fraglich", gibt sich Burkhardt im DW-Interview skeptisch.

"Bei 6,5 Millionen Menschen auf der Flucht aus Syrien könne ein Resettlement das Flüchtlingsproblem nicht dauerhaft regeln, meint auch Monika Hohlmeier. "Wenn noch ein paar tausend Flüchtlinge aufgenommen werden, ist das für Deutschland gut zu verkraften. Viele von ihnen sind qualifiziert und auch bereit, sich in Deutschland einzubringen." Doch das Ziel müsse sein, eine Rückübersiedlung zu ermöglichen. Die meisten Menschen wollen wieder zurück in ihre Heimat, sobald das wieder möglich ist.

Günter Burkhardt ist Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl(Foto:
Burkhardt: "Europa redet von den Menschenrechten, aber handelt nicht nach den eigenen Prinzipien"Bild: picture-alliance/dpa