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Mehr Kooperation bei der Terrorbekämpfung

Barbara Wesel, z.Z. Barcelona 13. April 2015

Die EU sucht nach langer Pause wieder eine intensivere Zusammenarbeit mit den südlichen Mittelmeeranrainerstaaten. Dabei geht es vor allem um die gemeinsame Bekämpfung von Terrorismus. Barbara Wesel aus Barcelona.

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Gruppenfoto beim Treffen der Außenminister der Union für den Mittelmeerraum in Barcelona (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/A. Gea

"Das Mittelmeer vereint die Staaten und trennt sie nicht", sagte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy zum Auftakt des Treffens der Außenminister der Union für den Mittelmeerraum in Barcelona am Montag. Das gelte im Hinblick auf die ständig steigenden Flüchtlingszahlen und darüber hinaus auch für die Angriffe der Terrormilizen des "Islamischen Staates" (IS), die der spanische Regierungschef als "größte Bedrohung der EU" bezeichnete. Dabei erinnerte er daran, dass vor wenigen Tagen die spanische Polizei in Barcelona eine Zelle mutmaßlicher Terroristen ausgehoben hat, die einen Anschlag auf eine jüdische Buchhandlung und die Entführung eines Managers geplant haben sollen. Die spanische Justiz vermutet dahinter Verbindungen zu Dschihadisten.

Das erste Treffen ranghoher Vertreter der Mittelmeerunion seit ihrer Gründung im Jahr 2008 war eine Initiative von Spanien und Italien. Sie halten ein Gegengewicht zur östlichen Nachbarschaftspolitik der EU für notwendig, die wegen der Ukraine-Krise derzeit alle Aufmerksamkeit und einen großen Teil der Mittel auf sich zieht.

Keine kohärente Politik

Acht Staaten, von Ägypten im Osten bis Marokko im Westen, gehören derzeit zur Gruppe der Mittelmeeranrainer, mit denen die EU eigentlich im Rahmen der sogenannten Mittelmeerunion besonders intensive Kontakte pflegen wollte. Aber diese Initiative schlief ein: Die Kontakte blieben punktuell und unsystematisch, die Europäer schafften es nicht, eine kohärente Politik zu formulieren.

Flüchtlinge auf einem Schlauchboot im Mittelmeer (Foto: EPA)
Italienische Behörden melden, dass sie allein in den letzten Tagen 5.600 Flüchtlinge geborgen habenBild: picture-alliance/dpa/Italian Navy Press Office

Das aktuelle Treffen ist ein neuer Anlauf. In der Runde fehlte allerdings Syrien wegen der geltenden EU-Sanktionen gegen das Assad-Regime. Libyen war auch nicht vertreten, weil es keine handlungsfähige Zentralregierung hat. So standen auch der staatliche Zerfall in Libyen, das Vorrücken von IS-Milizen und die davon ausgehende Bedrohung der Nachbarländer und der EU in Barcelona auf der Tagesordnung. Bislang gibt es allerdings bei den Europäern keinen Konsens darüber, wie weit man sich konkret vor Ort engagieren wolle. Überlegungen etwa über eine Polizeimission oder eine Seeblockade liegen auf Eis.

Zusammenarbeit gegen "Export von Terrorismus"

"Wir haben eine akute Krise an unserer Türschwelle", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini mit Blick auf die ständig steigenden Flüchtlingszahlen. An diesem Wochenende seien wieder neun tote Flüchtlinge vor der Küste von Libyen gefunden worden. Gleichzeitig meldeten die italienischen Behörden, dass sie allein in den letzten drei Tagen 5600 Flüchtlinge geborgen hätten, am Montag wurden weitere Boote im Mittelmeer aufgegriffen.

Seit dem Frühjahr diskutiert die EU, wie die Grenzen zu Libyen mit zusätzlicher europäischer Hilfe besser gesichert werden können. Darüber hinaus will sie die Zusammenarbeit gegen den "Export von Terrorismus" verbessern. Die Terrorangriffe in Paris und Tunis sowie die Anschläge in Ägypten und in Tripolis am Sonntag zeigten, wie notwendig das sei. "Alle Länder der Region sind mit der instabilen Sicherheitslage konfrontiert", so Mogherini. In Barcelona aber sollte es darum gehen, den Partnerländern eine Gelegenheit zu geben, ihre Interessen darzulegen. "Ownership" heißt das neue Schlagwort der EU-Außenbeauftragten: Die nordafrikanischen Länder sollen die Zusammenarbeit als Geben und Nehmen verstehen.

Unterschiedliche Interessen

"Unser Interesse ist, dass Krisen sich nicht noch weiter nach Europa hinein bewegen", sagte dazu Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Das Interesse der südlichen Mittelmeerländer liege in mehr wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Hilfe bei der Ausbildung von Jugendlichen und ähnlichen Projekten. Er wies aber auch darauf hin, dass man es mit einer "sehr unterschiedlichen Nachbarschaft" zu tun habe. Einige Länder versänken in Krieg, Krise und Chaos, in anderen wie Marokko und Tunesien sei die Entwicklung ermutigend. In diesem Zusammenhang nannte Steinmeier Tunesien einen Leuchtturm. Allerdings sei die Lage auch dort noch fragil, das Land brauche weitere Unterstützung. Immerhin sind in den letzten drei Jahren rund 1,3 Milliarden Euro an europäischen und deutschen Hilfsgeldern dorthin geflossen.

Die Interessen der Nachbarländer sind bei alldem sehr verschieden: Ägypten beansprucht für sich eine gewisse Sprecherrolle, was anderen weniger gefällt. Und Kairo will darüber hinaus eine Zusammenarbeit mit der EU ohne Bedingungen, also ohne etwa über Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und ähnliche Themen zu sprechen. Algerien wiederum hat als stärkste Regionalmacht am westlichen Rand Nordafrikas ein besonderes Interesse an der Energiezusammenarbeit, an Gaslieferungen auch über Spanien hinaus. Mit seiner starken Armee und einem hochgerüsteten Geheimdienst ist das Land derzeit am ehesten imstande, aus Libyen über die Grenzen eindringende IS-Kämpfer abzufangen.

Im nächsten Monat will das Außenministerium in Berlin ein weiteres Treffen auf Arbeitsebene mit den Mittelmeerstaaten abhalten. Und die EU-Außenbeauftragte versprach, die große Außenministerrunde im Jahresrhythmus einzuberufen, um die Nachbarschaft mit den Ländern am südlichen Rand des Mittelmeers auszubauen und zu erhalten.