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Anders leben

Ulrich Pick5. Mai 2014

Wirtschaft und christlicher Glaube sind als Thema selten miteinander verbunden. Genau darum ging es bei einem großen Treffen von Kirchengruppen, die in Mainz neue ökonomische Gesellschaftskonzepte diskutierten.

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Symbolbild Religion Bibel mit Kreuz
Bild: fotolia/guukaa

Rund 1000 basiskirchlich Engagierte aus ganz Europa waren es, die sich in Mainz zur Ökumenischen Versammlung zusammengefunden hatten. Sie wollten einmal mehr fortführen, was vor genau 25 Jahren in Basel als sogenannter "konziliarer Prozess" seinen Ausgang nahm, bereits zu mehreren internationalen Treffen geführt hatte und bis heute unter den Leitworten "Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung" firmiert. Im Mittelpunkt stand jetzt vor allem die Kritik am Machteinfluss des Geldes. "Zunehmend alle Bereiche des Lebens stehen heute unter der Herrschaft einer Zivilisation der Kapitaldominanz", sagte Organisator Peter Schönhöffer, "wir wollen ganz fundamental Wege aufzeigen, wie Wirtschaftsordnungen hergestellt werden können, in denen Menschen auch wieder zum Durchatmen kommen, in denen die Arbeitskraft nicht ständig gegenüber dem Faktor Kapital den kürzeren zieht." Dazu seien spirituelle Ressourcen nötig, so Schönhöffer, und das funktioniere letztlich nur interreligiös.

Neben der Kritik am – wie es hieß – "gierigen Geld" und der parallelen Diskussion über solidarisches Wirtschaften als Alternative, bildeten aber auch Fragen des Klimawandels, der Rohstoffverteilung und der militärischer Gewalt die Schwerpunkte. Diskutiert wurde all das, teils sehr kontrovers, in mehr als 150 Workshops. Neben dem inhaltlichen Impuls spielte für meisten Teilnehmer der direkte Austausch mit Gleichgesinnten eine wichtige Rolle. Denn basiskirchliches Engagement heißt letztlich Netzwerkarbeit, und die fußt auf persönlichen Kontakten. Diese Graswurzelarbeit aber, so wurde vielfach bedauert, sei in Deutschland erst schwach ausgeprägt. "Die basisökumenischen Initiativen sind in den Kirchen in Deutschland noch kaum vorgedrungen", erklärte einer der Workshop-Leiter in Mainz, und das obwohl der Weltkirchenrat, dem die EKD angehört, einstimmig die neue Missionserklärung verabschiedet habe, die auf einen grundlegenden Wandel der Wirtschaftsweise abzielt. Dennoch finde das Engagement der Initiativen auch in der EKD bislang fast keine Resonanz. "Das wollen wir mit dieser ökumenischen Versammlung ebenfalls ändern.", sagte der Kursleiter.

Strommast bei Sonnenuntergang mit Windrädern und Kernkraftwerk
Nachhaltige Wirtschaft - ein Diskussionspunkt bei der Ökumenischen VersammlungBild: Fotolia/Thorsten Schier

Kritik an Kirchentagen

Trotz dieser Kritik bleibt die Frage, in wieweit dieser basisorientierte Impuls wirklich gesamtkirchlich greifen kann. Denn die Ökumenische Versammlung gibt – verglichen mit den Kirchen- und Katholikentagen - nur einen kleinen Ausschnitt kirchlichen Engagements wider. Doch war das Treffen in Mainz durch eine ausgesprochen hohe Motivation kennzeichnet. Für Organisator Peter Schönhöffer ein klares Zeichen: "Die Kirchentage waren ja mal ein Experimentier-Labor, in dem tatsächlich auch gesellschaftlich Neues ausprobiert worden ist." Inzwischen hätten die Kirchentage aber etwas von dieser Funktion eingebüßt. "Und deswegen", so Schönhöffer, "haben unsere Leute gesagt, es braucht tatsächlich eine klarere Zuspitzung, ein deutlicheres, auch politisches Alternativprogramm, und da brauchen wir auch eine eigene Arena, in der wir das formulieren können."

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Kirchentage - einst ein Politik- und Religionslabor?Bild: picture-alliance/dpa

Dass in unserer Gesellschaft aus christlichem Impuls heraus Vieles einer Änderung bedarf, dürfte wohl unumstritten sein – auch außerhalb der Ökumenischen Versammlung. Und somit bleibt die Frage, was von dem Mainzer Treffen hierfür mitgenommen werden kann. Beate Unser, die ebenfalls zu den Organisatoren zählte, hofft vor allem darauf, dass das politische Engagement in den beiden großen Kirchen steigt: "Ich wünsche mir, dass es danach an ganz vielen verschiedenen Orten in diesem Land Menschen gibt, die guten Mutes sind, sich zu engagieren und die erkennen, dass man wirklich etwas tun muss, um diese gesellschaftlichen Zustände ein Stück weit zu ändern."