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Mehr Geld und Schiffe zur Rettung

23. April 2015

Dreimal so viel Geld und mehr Schiffe für die Seenothilfe - das ist ein Ergebnis des EU-Gipfels nach den neuesten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer. Umstritten ist dagegen der Vorschlag, Schleuserboote zu zerstören.

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Belgien Brüssel Jean-Claude Juncker & Donald Tusk
EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude JunckerBild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Bei dem Sondergipfel in Brüssel beschlossen die Staats- und Regierungschefs, die Mittel für die EU-Grenzschutzmission "Triton" zu verdreifachen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, es sollten 120 Millionen Euro pro Jahr für die Mission bereitgestellt werden. Bisher hat die EU dafür pro Monat knapp drei Millionen Euro ausgegeben.

Die Verdreifachung des "Triton"-Budgets entspricht dem Niveau der italienischen Vorgängermission "Mare Nostrum". Diese hatte nach Angaben aus Rom mehr als 100.000 Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet. Sie wurde eingestellt, weil die EU-Staaten sich weigerten, mehr Geld bereitzustellen.

Ganz andere Töne dagegen bei dem Treffen in Brüssel: Angesichts der hunderten Toten, die in den vergangenen Tagen vor der libyschen Küste zu beklagen waren, dürfe Geld keine Rolle spielen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Rettungskräfte müssten künftig schnell vor Ort sein können. Europa habe die Tragödie nicht verursacht, "aber wir müssen handeln", so EU-Ratspräsident Donald Tusk.

EU Sondergipfel Merkel & Hollande
Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatschef Francois HollandBild: Reuters/Y. Herman

Mehr Schiffe und Flugzeuge zur Rettung

Nach den Worten von Tusk wurde auch vereinbart, die Zahl der Schiffe, Flugzeuge und Experten aufzustocken. Bundeskanzlerin Merkel bot an, zwei Schiffe der deutschen Marine für die Seenotrettung ins Mittelmeer zu schicken. Wenn nötig auch noch mehr, so Merkel nach dem Treffen.

Auch andere Länder wie Großbritannien und Belgien boten offiziell Schiffe und Ausrüstung an. Der britische Premier David Cameron machte dies aber abhängig davon, "dass Leute, die wir aufgreifen, zum nächsten sicheren Staat gebracht werden, am wahrscheinlichsten also Italien". Litauen bot der EU-Grenzschutzagentur Frontex für zwei Monate einen Rettungshubschrauber mit zehn Mann Besatzung an.

Schlepperboote sollen zerstört werden

Neben dem Ausbau der Kapazitäten für die Seenotrettung ging es beim Sondertreffen auch um den Kampf gegen Schleuserbanden. Nach Aussagen von Ratspräsident Tusk sollen Militäreinsätze geprüft werden, um die von Schleusern zum Flüchtlingstransport genutzten Schiffe zu zerstören.

Experten halten dafür allerdings einen offiziellen Auftrag der Vereinten Nationen (UN) für nötig. Fraglich ist auch, ob sich die Schleuserschiffe mit Geheimdienstinformationen eindeutig identifizieren lassen und nicht mit Fischerbooten verwechselt werden.

Kooperation mit Transitländern

Die Gipfelteilnehmer debattierten auch über eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen, die vor allem Deutschland, Italien und Schweden fordern, andere Staaten wie Ungarn und Großbritannien aber ablehnen.

Vorgesehen sind zudem mehr Hilfen für Ankunftsländer und eine Kooperation mit den Transit- und Herkunftsländern der Flüchtlinge in Afrika. Die EU werde künftig auch Beamte in Drittstaaten einsetzen, um zu prüfen, ob Flüchtlinge in die EU kommen können, sagte Tusk.

Frankreichs Präsident François Hollande kritisierte, dass Libyen nach der Intervention einer internationalen Allianz vor mehr als dreieinhalb Jahren alleingelassen worden sei. "Jetzt geht es darum, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren", so Holland.

Libyen ist derzeit das Haupttransitland für Bootsflüchtlinge. Seit Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi 2011 mit Unterstützung des Westens gestürzt wurde, rivalisieren islamistische Milizen und nationalistische Kräfte gewaltsam um Macht und Einfluss. Funktionierende Grenzkontrollen gibt es dort nicht.

Menschenrechtler sind enttäuscht

Der Sondergipfel war nach dem Flüchtlingsunglück im Mittelmeer von Sonntag mit bis zu 800 Toten zusammengekommen. Menschenrechtsorganisationen hatten sich schon vor dem Gipfel enttäuscht gezeigt. Sie kritisierten, dass es der EU eher um die Sicherung ihrer Grenzen als um die Rettung von Flüchtlingen ginge.

Außerdem wiesen sie darauf hin, dass nur eine Ausweitung des Einsatzgebietes für die Mission "Triton" große Fortschritte bringen könne. Viele Flüchtlingsschiffe geraten bereits unweit der libyschen Küste in Seenot. Dort abgesetzte Notrufe sind in der Regel nicht im Einsatzgebiet der aktuellen "Triton"-Mission zu empfangen. Es umfasst nur eine begrenzte Region rund um die italienische Küsten.

chr/fab (dpa, apf, ap)