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Medizinpreis für Metastasenforschung

17. Mai 2014

Was tun junge Mediziner und Forscher, um weiterzukommen? Viele gehen ins Ausland. Mit einem renommierten Medizinpreis holt die Jung-Stiftung jedes Jahr einen der jungen Wissenschaftler zurück.

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Preisträger Thomas Schmidt
Bild: UniversitätsKlinikum Heidelberg

Dr. Dr. Thomas Schmidt

In diesem Jahr ist es Thomas Schmidt, der den Karriere-Förderpreis für medizinische Forschung der Jung-Stiftung für Wissenschaft und Forschung erhält. Das Thema, mit dem sich der 34-Jährige um die Auszeichnung beworben hat, ist für Nichtmediziner reines Fachchinesisch: 'Die Rolle der Angiogenese und des Metastasenmicroenvironments innerhalb von kolorektalen Metastasen'.

"Angiogenese heißt Blutgefäßbildung", erklärt Thomas Schmidt. "Die ist für die Entwicklung eines Lebewesens wichtig: Es muss während des Wachstums neue Blutgefäße bilden." Das Gleiche gilt aber auch für Tumore: Genauso wie gesunde Zellen benötigen sie Sauerstoff und Nährstoffe. Die Anti-Angiogenese zielt darauf ab, die Versorgungswege zu kappen und den Tumor so absterben zu lassen.

Bei fortgeschrittenem Darmkrebs wird dieses Verfahren in Kombination mit anderen Therapien bereits erfolgreich angewendet. "Das gleiche Prinzip spielt natürlich nicht nur beim eigentlichen Tumor eine Rolle, sondern auch bei Metastasen." Metastasen sind Tochtergeschwülste eines Tumors in einem anderen Gewebe.

Chirurg und Forscher

In der Grundlagenforschung haben sich die Wissenschaftler in erster Linie mit Primärtumoren beschäftigt. Klinisch sei das aber nicht relevant, denn einen solchen Tumor könne ein Mediziner meistens chirurgisch entfernen, sagt der Preisträger. Die metastasierte Version aber sei grundlagenwissenschaftlich eher stiefmütterlich behandelt worden.

Wandernde Krebszelle (Foto: DKFZ)
Metastasenbildung: eine Krebszelle verlässt den Blutkreislauf und dringt in ein anderes Organ einBild: DKFZ

Schmidt ist Wissenschaftler und Chirurg in einem. Neben seiner Forschungsarbeit steht er regelmäßig im Operationssaal. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Assistenzart für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg. Der Karriere-Förderpreis ermöglicht es ihm, neben seiner Tätigkeit als Arzt auch zu forschen. "Das ist eine Schnittstelle, die uns besondere und zusätzliche Möglichkeiten schafft. Die kann man als reiner Grundlagenforscher vielleicht gar nicht so sehen, weil man den Patienten nicht vor Augen hat und auch den Tumor nicht."

Gegen den Brain Drain

Seit 2006 vergibt die Jung-Stiftung den Karriere-Förderpreis. Mit 210.000 Euro ist die Auszeichnung dotiert, verteilt über drei Jahre. Die Bewerber müssen vorher mindestens zwei Jahre im Ausland gearbeitet und ein wichtiges Forschungsprojekt begleitet oder vielleicht sogar initiiert haben.

"Wir wollen dem Brain Drain entgegenwirken. Wir wollen jungen Forschern die Möglichkeit geben, aus dem Ausland zurückzukommen", erklärt Rolf Kirchfeld, Vorsitzender des Stiftungsvorstandes. "Wir wissen alle, dass insbesondere in den USA aber auch in anderen Ländern, sehr viel gezielter und teilweise auch sehr viel effizienter geforscht wird. Das gilt gerade im medizinischen Bereich. Nicht umsonst wandern die meisten Nobelpreise für Medizin in den letzten Jahren immer in die USA", sagt Kirchfeld.

Dr. Dr. Thomas Schmidt

16 Bewerber hatten sich für den diesjährigen Medizinpreis beworben. Ein sechsköpfiges Kuratorium führt das Auswahlverfahren durch. Jedes Projekt nehmen die Experten genauestens unter die Lupe. Drei der Kandidaten werden zur Kuratoriumssitzung eingeladen, einer von ihnen erhält den begehrten Förderpreis. "Es soll ein junger Mediziner sein, der seine Forschung gerne in Deutschland betreiben und nicht vom Klinikbetrieb aufgesogen werden möchte. Er verdient sich quasi mit der Förderung für drei Jahre sein Gehalt und kann mit einem Team weiterforschen, das er sich selbst zusammenstellt", erläutert Kirchfeld.

Preis und Medaille

Während sich die jungen Wissenschaftler für den Förderpreis bewerben können, wählt das Konsortium die beiden anderen Preisträger aus einer Vielzahl vorgeschlagener Kandidaten aus. "Ich habe immer das Gefühl, dass da wirklich eine Elite am Werk ist, die weitere Eliten aussucht. Wir haben es sogar zweimal geschafft, dass ein Preisträger erst unseren Preis bekommen hat und zehn Jahre später den Nobelpreis", sagt Kirchfeld. Einer war Professor Harald zu Hausen. Er erhielt 2008 den Nobelpreis für Medizin. Er hatte erkannt, dass Gebärmutterhalskrebs durch Virusinfektionen ausgelöst wird.

Prof. Dr. Thomas Boehm

In diesem Jahr erhält Professor Thomas Boehm vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg den begehrten Ernst-Jung-Preis für Medizin. Dotiert ist er mit 300.000 Euro. Boehm hat wichtige Entdeckungen auf dem Gebiet der Immunologie gemacht.

Die dritte Auszeichnung die einmal im Jahr von der Stiftung vergeben wird, ist die Ernst-Jung-Medaille für Medizin in Gold. Sie geht an den Molekularbiologen Professor Charles Weissmann aus den USA. Es ist sozusagen der Oscar für sein Lebenswerk.

Der Patient im Mittelpunkt

Thomas Schmidt ist der jüngste im Bunde der Preisträger. Bei ihm stehen immer die Patienten im Mittelpunkt. Er geht in seiner Arbeit auf, in der als Forscher und in der als Arzt. An eines seiner prägendsten Erlebnisse erinnert er sich noch gut: "Ich war damals Stationsarzt und musste nachmittags mit einem Patienten sprechen, der kaum älter war als ich. Er hatte ein Pankreas-Karzinom und während der Operation haben die Ärzte festgestellt, dass er schon Lebermetastasen hatte. Chirurgisch konnten wir nicht mehr helfen. Ich war der erste, der mit ihm darüber sprechen musste. Ich habe mich wahnsinnig hilflos gefühlt. Er hat mich dann gefragt: 'Was sage ich denn jetzt meinen beiden Kindern?' Das hat mich darin bestärkt, dass weitere Forschung und eine gute chirurgische Ausbildung für mich ganz wichtig sind."

Heidelberg ist da für ihn der ideale Platz. Die Uniklinik, das Deutsche Krebsforschungszentrum - alles liegt nah beieinander. Es gibt gute Voraussetzungen für intensive Kooperation und auch gegenseitigen Ansporn: "Man hat einfach einen inneren Drang, vielleicht an einer kleinen Stellschraube etwas verbessern zu können."