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Massenpanik: Polizei gibt Fehler zu

2. Januar 2015

Für chinesische Verhältnisse alles anderes als gewohnt: Die Polizei räumt offen ein, sie sei bei der Massenpanik in Shanghai überfordert gewesen. Auch die staatliche Nachrichtenagentur kommentiert ungewohnt kritisch.

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Massenpanik während der Silvesterfeier in Shanghai (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Nach der Massenpanik mit 36 Toten in Shanghai hat die Polizei eingeräumt, von der Größe der Menge am Silvesterabend völlig überrascht worden zu sein. "Wir haben uns verschätzt, wie viele Menschen zu diesem Ereignis kommen", sagte der Vizekommandeur der zuständigen Polizeikräfte, Cai Lixin, laut der Nachrichtenagentur China News.

Die amtliche Agentur Xinhua geht sogar noch weiter. In einem ungewöhnlich kritischen Kommentar wirft sie Verwaltung und Polizei Fehler vor und spricht von Schlamperei. Die Behörden könnten die Verantwortung für das Unglück nicht abwälzen. Der Vorfall sei "ein Weckruf, dass die zweitgrößte Wirtschaftsnation der Welt immer noch ein Entwicklungsland mit einem zerbrechlichen Gesellschafts-Management ist".

"Polizei hat versagt"

Xinhua zitiert Vizekommandeur Cai mit den Worten: "Die Polizei bedauert ihr Versagen, wirksam einzugreifen, als der Strom der Menschen um 23.30 Uhr ungewöhnlich anschwoll." Erst zu diesem Zeitpunkt seien weitere 500 Polizisten geschickt worden, um die Menge zu kontrollieren oder aufzulösen. An Silvester seien an den Uferterrassen am Huangpu-Fluss weniger Sicherheitskräfte mobilisiert worden als etwa am Nationalfeiertag, heißt es in Medienberichten.

Die geringere Polizeipräsenz wurde damit erklärt, dass eine ursprünglich geplante Lasershow mit Feuerwerk um Mitternacht eine Woche zuvor abgesagt worden war. Dies wurde mit einem befürchteten Verkehrschaos begründet. 2013 waren 300.000 Menschen zum Feiern gekommen.

Trauernde Frauen nach der Massenpanik in Shanghai (Foto: Reuters)
Trauer über Tote und VerletzteBild: Reuters/Aly Song

"Dollarblüten waren nicht der Auslöser"

Berichte von Augenzeugen, wonach falsche Dollarscheine das tödliche Gedränge ausgelöst hätten, wies die Polizei indes zurück. Die nachgemachten Noten seien erst im Anschluss aus dem Fenster eines Luxusclubs geworfen worden. "Das passierte nach der Massenpanik", hieß es.

Überwachungsvideos zeigten nach diesen Angaben, dass Dutzende Scheine um 23.47 Uhr an der Adresse eines Nachtclubs am Bund 18 zu Boden segelten. Das tödliche Gedränge auf den völlig überfüllten Treppen der Uferterrasse habe aber schon um 23.35 Uhr begonnen. Die Menschen seien gestürzt, als die Menge hoch drängte, während andere hinunter wollten, berichteten Polizei und Augenzeugen übereinstimmend. Viele wurden niedergetrampelt, eingequetscht und erstickten.

Blumen in Weiß

Shanghais Parteichef Han Zheng schien indirekt Fehler in der Organisation einzuräumen. Die Stadtregierung werde die Planung für Veranstaltungen an besonders überfüllten Orten überarbeiten, teilte der Spitzenfunktionär mit. Viele Shanghaier legten Blumen in der chinesischen Trauerfarbe Weiß am Unglücksort nahe dem historischen Peace Hotel nieder, um der Opfer der Massenpanik zu gedenken, bei der 36 Menschen starben. Mindestens 49 wurden verletzt, 13 von ihnen schwer.

jj/sti (dpa, afp)