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Mali wartet weiter auf Militärmission

Peter Hille16. Oktober 2012

UN, ECOWAS und die Organisation der frankophonen Staaten vermitteln in Malis Krise. Eigentlich herrscht Einigkeit, dass nur ein Militäreinsatz Nord-Mali befreien kann. Doch darauf wartet Bamako weiter.

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Islamistische Kämpfer der MUJWA in Nord-Mali, aufgenommen im August 2012 (Foto: REUTERS)
Bild: Reuters

Die wichtigsten Gipfel-Gäste kommen nicht von weit her, sondern direkt aus der Nachbarschaft Malis. Neben Delegationen aus New York, Brüssel und Addis Abeba werden am Freitag (19.10.2012) auch Vertreter der nördlichen Nachbarländer Mauretanien und Algerien zum Krisengipfel in Malis Hauptstadt Bamako erwartet. Sie haben sich bisher sehr zurückhaltend gezeigt, was einen internationalen Militäreinsatz zur Befreiung des Nordens von Mali angeht. Dort haben islamistische Gruppen seit April rund zwei Drittel des Landes unter ihre Kontrolle gebracht, terrorisieren die Bevölkerung mit dem Verbot von Musik und Tanz, amputieren mutmaßlichen Dieben die Hände und steinigen, wen sie des Ehebruchs bezichtigen.

Besonders Algerien fürchtet, dass eine Militär-Mission gegen die Islamisten im Norden Malis unkontrollierbare Folgen haben könnte. Das Öl-Exportland hat heute schon mit dem islamistischen Terror im eigenen Land zu kämpfen. Werden die Terrorgruppen der Bewegung für die Einheit und den Dschihad in Westafrika (MUJAO) sowie die so genannten Verteidiger des Islam (Ansar Dine) aus Mali vertrieben, dann könnten sie nach Norden ziehen und Algerien weiter destabilisieren, so die Befürchtung. Die Islamisten in den Ländern der Sahel-Zone und im Norden Afrikas stehen über AQMI, den Al-Kaida-Ableger im Maghreb, in Kontakt.

Eine Infografik zeigt Afrikas Sahel-Region und vermittelt Informationen über den dortigen Kampf gegen den Terror

Oumar Daou, der UN-Botschafter Malis, glaubt dennoch, dass die Nachbarländer sich für einen Militäreinsatz stark machen. Er hoffe, dass das Treffen in Bamako den bisherigen Initiativen neuen Schwung verleihe, erklärte Daou in New York. "Damit der UN-Sicherheitsrat dann möglichst bald eine Resolution verabschieden kann, die den Einsatz einer internationalen Eingreiftruppe in Mali autorisiert", so Daou weiter.

Eingreiftruppen im Wartestand

Erst Ende vergangener Woche hatte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die einen internationalen Militäreinsatz für Mali in Aussicht stellt. Allerdings fordert das mächtigste Organ der UN von der westafrikanischen Staatengemeinschaft ECOWAS und der Afrikanischen Union zunächst weitere Angaben zu Personal, Kosten und geplanten Truppenbewegungen. Gert Rosenthal, UN-Botschafter Guatemalas und derzeit Präsident des UN-Sicherheitsrats, bezeichnet die Situation im Norden Malis als schrecklich. "Wir müssen sofort etwas dagegen tun", erklärte Rosenthal in New York. Es handele sich allerdings um eine sehr komplexe Mission. Man habe jetzt den ersten Schritt getan. “Ich hoffe, dass es bald konkrete Schritte geben wird", so Rosenthal weiter.

Die genauen Einsatzpläne sollen der UN innerhalb von 45 Tagen vorliegen. Dann erst könnte der Sicherheitsrat mit einer weiteren Resolution grünes Licht für einen Einmarsch geben. ECOWAS hat sich bereit erklärt, dafür Soldaten abzustellen. Der UN-Sicherheitsrat fordert von der Regierung in Bamako, bis dahin auch am Verhandlungstisch weiter nach einer Lösung des Konflikts zu suchen. Doch das scheint wenig aussichtsreich. Die islamistischen Gruppen wollen nämlich einen streng religiösen Staat errichten, möglichst in ganz Mali. Und die ehemals mit ihnen verbündeten Tuareg-Rebellen, die seit April von den Islamisten verdrängt wurden, haben einen eigenen Tuareg-Staat zum Ziel. Verhandlungen mit Gruppen, die die territoriale Integrität Malis in Frage stellen, kommen für die Übergangsregierung in Bamako jedoch nicht in Betracht.

Skulptur "Non-Violence" von Karl Fredrik Reutersward vor dem UN-Hauptquartier in New York
Skulptur vor dem UN-Hauptquartier. Die Vereinten Nationen fordern mehr Details über einen möglichen ECOWAS-EinsatzBild: UN

Die EU will mit Beratern helfen

Bamako hatte erst Mitte September formal um militärische Hilfe aus dem Ausland unter UN-Mandat gebeten. Dem vorausgegangen waren ein langes Ringen innerhalb der Regierung und ein Machtkampf mit dem Militär, das fremde Truppen in Mali zunächst ablehnte. Nicht nur bei den Vereinten Nationen und bei ECOWAS hat Bamako nun militärische Hilfe angefragt, sondern auch bei der Europäischen Union. Sie entschied am Montag, die malischen Streitkräfte mit Militärausbildern zu unterstützen.

Bei einem Treffen in Luxemburg schlossen die EU-Außenminister eine direkte Beteiligung europäischer Soldaten an Militäreinsätzen in Mali jedoch aus. Auch zu Beginn, Dauer und genauem Umfang des EU-Einsatzes gibt es noch keine Informationen. Dazu soll die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bis Mitte November ein Konzept erstellen. Ashtons Sprecher Michael Mann erklärte im DW-Interview, dass man eine militärische Mission plane. "Aber das soll nicht heißen, dass europäische Soldaten in der Region an Kampfeinsätzen beteiligt sein werden", so Mann. Es gehe viel mehr darum, die malischen Streitkräfte auszubilden und zu trainieren, damit sie selbst das Land wieder unter ihre Kontrolle bringen.

Guido Westerwelle und der schwedische Außenminister Carl Bildt (Foto:Virginia Mayo/AP/dapd)
Guido Westerwelle (r.) und der schwedische Außenminister Carl BildtBild: dapd

Seit Sommer 2012 sind bereits 50 Berater der EU in der Region aktiv, wo sie nationale Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Terrorismus beraten. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle nannte den Norden Malis einen völlig rechts- und staatsfreien Raum. Es sei inakzeptabel, dass der Terrorismus dort einen sicheren Hafen finde. Dadurch sei auch die Sicherheit Europas bedroht.

In Timbuktu haben Islamisten jahrhundertealte Kulturdenkmäler zerstört (Foto: STR/AFP/GettyImages)
In Timbuktu haben Islamisten jahrhundertealte Kulturdenkmäler zerstörtBild: Getty Images

In Timbuktu herrscht Terror

Bei der Bevölkerung im Norden des Landes wächst unterdessen die Ungeduld. Sie leidet unter der Herrschaft der Islamisten, zudem bedrohen Dürre, Hunger und fehlende Gesundheitsversorgung die Menschen. Im Telefongespräch mit der DW äußert ein Einwohner der von Islamisten besetzten Stadt Timbuktu die Hoffnung, dass die Rebellen schleunigst die Stadt verlassen würden, sobald ECOWAS in Nordmali einmarschiere. Wenn das passiert, dann könnten auch die internationalen Hilfsorganisationen ihre Arbeit im Norden Malis wieder aufnehmen. Bis dahin dürfte jedoch noch viel Zeit vergehen. Mit einer entsprechenden UN-Resolution wird erst gegen Ende des Jahres gerechnet.